Sonntag16. November 2025

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TiereUnnahbar und doch beeindruckend – Das eigenwillige Rotwild im „Escher Déierepark“

Tiere / Unnahbar und doch beeindruckend – Das eigenwillige Rotwild im „Escher Déierepark“
Diese stillen Majestäten sind Überbleibsel einer früheren, größeren Herde Fotos: Carole Theisen

Im „Escher Déierepark“ lebt eine kleine Rotwildgruppe zwischen Zurückhaltung und Selbstbehauptung – ein stilles Kapitel über die Kraft des Abstands und das Recht auf Wildheit.

Mit ihrem rotbraunen Fell, dem wachsamen Blick und einer beachtlichen Körpergröße zwischen 165 und 205 Zentimetern gehören die Rotwildkühe im „Escher Déierepark“ zu den stillen Majestäten unter den Tierbewohnern. Sie wirken distanziert, stolz. Und vielleicht sind sie das auch. Rotwild, lateinisch Cervus elaphus, zählt zu den größten heimischen Wildtieren Europas. Im Park leben aktuell fünf weibliche Tiere – Überbleibsel einer früheren, größeren Herde.

„Als ich den Park übernommen habe, war das Rotwild schon da“, erzählt Parkleiterin Anne Meyers. „Aber wir haben uns entschieden, keine neuen Tiere mehr aufzunehmen.“ Der Grund ist simpel: Der Platz reicht nicht aus. Eine Herde dieser Größe benötigt weitläufige Flächen, Wald, Verstecke, Bewegungsfreiheit. Für die fünf verbliebenen Tiere ist es ausreichend – aber Nachwuchs wird es keinen mehr geben. Der Hirsch ist vor einigen Jahren gestorben, und ein neuer kam nicht mehr dazu.

Die ursprüngliche Heimat des Rotwilds liegt in Regionen wie Kirgistan und Nordindien, heute ist es in ganz Europa, Nordamerika und Teilen Nordafrikas verbreitet. Sie sind Pflanzenfresser, ernähren sich von Gräsern, Blättern und jungen Zweigen, leben in Wäldern, und zeigen sich sowohl tag- als auch nachtaktiv. Charakterlich gelten sie als scheu, standorttreu und eher ungesellig, wenn es um andere Tierarten geht.

Eigensinn mit Geweih

„Sie bleiben gern an den Orten, die sie kennen“, sagt Meyers. Neugier oder Spieltrieb wie bei Ziegen oder Waschbären? Fehlanzeige. Rotwild meidet Veränderungen, duldet keine Störungen – und zeigt auch deutlich, wenn es genug hat. „Sie tolerieren unsere Ziegen, aber kleinere Tiere werden oft als Eindringlinge empfunden.“ Selbst Hunde, die in der Nähe vorbeigeführt werden, lösen mitunter Aggressionen aus: „Eines der Tiere geht regelmäßig auf Hunde los – es wirkt so, als wolle es spielen, aber das ist es nicht.“

Trotz ihrer zurückhaltenden Art: Wenn Rotwild sich verteidigen muss, ist es nicht zu unterschätzen. Ein kräftiger Tritt, ein plötzlicher Stoß – wer unerwartet zu nah kommt, bekommt die körperliche Präsenz dieser Tiere unmittelbar zu spüren. „Es ist kein gefährliches Tier in dem Sinne“, erklärt Meyers. „Aber man sollte es auch nicht unterschätzen. Sie mögen keine Fremden auf ihrem Terrain.“

Robust, aber schwer zugänglich

Auch in der Pflege sind Rotwildkühe eine Herausforderung. Medikamente, Wundversorgung oder Kontrolluntersuchungen sind nur unter Narkose möglich. „Sie sind nicht zahm und werden es auch nicht – selbst mit Training erreicht man nur, dass sie an eine bestimmte Futterstelle kommen, wo man sie beobachten kann“, so Meyers. Das macht eine medizinische Behandlung zu einem riskanten Eingriff. „Wenn sie etwas zeigen, ist es meist schon zu spät.“ Anders gesagt: Diese Tiere sind zäh. Sie sind selten krank – aber wenn doch, ist Hilfe oft nicht mehr möglich.

„Am besten lässt man sie einfach in Ruhe“, sagt Anne Meyers. Das gilt auch für vermeintlich verlassene Jungtiere im Wald: „Die Mutter ist in der Nähe. Nicht anfassen.“ Der menschliche Geruch kann dazu führen, dass die Mutter das Jungtier nicht mehr annimmt – mit fatalen Folgen.

Verhalten im Notfall

Wenn man in der Natur auf ein verletztes oder orientierungsloses Tier trifft – ob Reh, Hirsch oder anderes Wild –, ist es wichtig, besonnen zu handeln. Anne Meyers betont: „Nicht selbst eingreifen. Erst beobachten, dann mit einer Wildtierpflegestation sprechen.“

Die Wildtierstation in Düdelingen empfiehlt, zuerst die Situation ruhig einzuschätzen: Ist das Tier tatsächlich verletzt oder nur vorübergehend ohne seine Mutter? Viele vermeintlich verwaiste Jungtiere sind gar nicht in Gefahr – ihre Mutter ist oft in der Nähe und kehrt zurück, sobald es ruhig ist.

Nur wenn eindeutige Anzeichen vorliegen – etwa offene Wunden, Knochenbrüche, Orientierungslosigkeit oder wenn das Tier sichtbar seit mehr als 24 Stunden allein ist –, sollte gehandelt werden. Und auch dann niemals im Alleingang: „Die Versorgung und Rehabilitation von Wildtieren erfordert Fachwissen, Zeit und Ausrüstung“, so die Station. Im Zweifel sollte man das Tier nicht anfassen, sondern Kontakt mit einer anerkannten Pflegestelle aufnehmen. Denn so lässt sich vermeiden, dass aus gut gemeinter Hilfe unbeabsichtigt Schaden entsteht.