Montag20. Oktober 2025

Demaart De Maart

VersorgungslageUN-Hungerhilfe: Gazastreifen steht „kurz vor dem Zusammenbruch“

Versorgungslage / UN-Hungerhilfe: Gazastreifen steht „kurz vor dem Zusammenbruch“
Die UNO erklärte letzte Woche eine Hungersnot im Gazastreifen und machte dafür die „systematische Behinderung“ humanitärer Lieferungen durch Israel verantwortlich Foto: AFP/Bashar Taleb

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Die UN-Hungerhilfe hat eindringlich vor den Folgen der katastrophalen Versorgungslage im Gazastreifen gewarnt. Das Küstengebiet stehe „kurz vor dem Zusammenbruch“, erklärte die Chefin des UN-Welternährungsprogramms (WFP), Cindy McCain, am Donnerstag nach einem Besuch vor Ort.

„Die Verzweiflung steigt, und ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Ich habe Kinder getroffen, die vor Hunger sterben und wegen schwerer Mangelernährung behandelt werden, und ich habe Fotos von ihnen gesehen, als sie gesund waren“, erklärte WFP-Chefin McCain. „Sie sind nicht wiederzuerkennen.“ Sie hatte die Orte Chan Yunis im Süden und Deir al-Balah im Zentrum des Gazastreifens besucht.

McCain forderte, das frühere „große und vertrauenswürdige Netz von 200 Lebensmittelverteilstellen im gesamten Streifen, Gemeinschaftsküchen und Bäckereien wieder aufzubauen“. Die WFP-Chefin traf nach eigenen Angaben auch den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu, um auf eine bessere Versorgung des Gazastreifens zu drängen.

Die UNO hatte für Teile des Gazastreifens am vergangenen Freitag offiziell eine Hungersnot ausgerufen. Im Gebiet der Stadt Gaza sei die schlimmste Stufe der IPC-Skala zum Hungermonitoring erreicht, erklärte die zuständige UN-Initiative. Der betroffene Bereich des Regierungsbezirks um die Stadt Gaza entspricht rund 20 Prozent des Palästinensergebiets. 500.000 Menschen im Gazastreifen seien betroffen.

Schlimmste Stufe beim Hungermonitoring erreicht

Eine Hungersnot gilt laut IPC-Kriterien, wenn von 10.000 Menschen täglich mindestens zwei aufgrund von Hunger oder durch Unterernährung verursachte Krankheiten sterben, wenn mindestens 30 Prozent aller Kinder unter fünf Jahren akut unterernährt sind und ein Fünftel aller Haushalte an extremen Lebensmittelmangel leiden.

Die israelische Regierung hatte am Mittwoch eine sofortige Rücknahme des Berichts gefordert und der zuständigen UN-Behörde vorgeworfen, für die Hamas zu arbeiten. Israel werde „Beweise“ für Fehlverhalten beim Erstellen des „erfundenen“ Berichts veröffentlichen, sagte der Generaldirektor des israelischen Außenministeriums, Eden Bar Tal.

Ein von der UNO beauftragtes Expertengremium warf Israel am Donnerstag zudem vor, für das „gewaltsame Verschwinden“ hungernder Palästinenser an Verteilzentren für Hilfslieferungen verantwortlich zu sein. Berichten aus dem Gazastreifen zufolge seien mehrere Menschen, darunter ein Kind, in der Nähe von Einrichtungen der von Israel finanzierten GHF-Stiftung im Süden des Gebiets verschleppt worden. Die Experten warfen der israelischen Armee vor, an den Vorfällen „direkt beteiligt“ zu sein.

UN-Zahlen zufolge wurden seit Ende Mai mindestens 1857 Menschen getötet, während sie im Gazastreifen auf der Suche nach Hilfe und Essenspaketen waren, 1021 von ihnen in der Nähe von GHF-Einrichtungen. Die UNO wirft der israelischen Armee vor, für die meisten dieser Angriffe verantwortlich zu sein.

Die radikalislamische Hamas und mit ihr verbündete militante Palästinensergruppen hatten den aktuellen Krieg im Gazastreifen mit ihrem brutalen Großangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst. Dabei wurden nach israelischen Angaben mehr als 1.200 Menschen getötet, 251 Menschen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Noch immer werden 49 Menschen von der Hamas festgehalten, mindestens 27 von ihnen sind nach israelischen Angaben tot.