Mittwoch5. November 2025

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EditorialUkraines Werk und Europas Beitrag: Über militärische und politische Offensiven

Editorial / Ukraines Werk und Europas Beitrag: Über militärische und politische Offensiven
Die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Kaja Kallas, bei einer Debatte im Europaparlament Foto: AFP/Frederick Florin

Es ist eine überraschende Nachricht zu Beginn des noch jungen Jahres: Die ukrainische Armee hat in der Region Kursk eine Gegenoffensive gestartet – auf russischem Boden. Und das, obwohl die Streitkräfte des Landes zuletzt stark unter Druck geraten waren. Wie sich dieser überraschende Angriff auf den Verlauf des Krieges auswirken wird, ist zu diesem Zeitpunkt noch Spekulation. Seine symbolische Strahlkraft aber ist nicht zu unterschätzen. Die Ukraine ist noch nicht am Boden. Im Gegenteil: Sie leistet ihren Beitrag zur Verteidigung der Freiheit. Aber was ist eigentlich mit dem Rest Europas? 14 Tage vor der Amtseinführung des neuen US-Präsidenten Donald Trump, dem Amerika sehr viel stärker am Herzen liegen wird als die Sicherheit des alten Kontinents?

Vorsichtiges Zwischenfazit: Da geht noch mehr. Man nehme zum Beispiel Deutschland. Unter dem scheidenden Bundeskanzler Scholz hat sich die Bundesrepublik zunehmend aus ihrer europäischen Führungs- und Gestaltungsrolle zurückgezogen. Eine Lücke, die auch der französische Präsident Emmanuel Macron nicht füllen konnte, zumal er im eigenen Land nunmehr auf tönernen Füßen steht. In diesem Kontext muss man die Aussagen lesen, die Noch-Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Wochenende im Spiegel-Interview getroffen hat. Der grüne Spitzenkandidat diagnostiziert der Welt eine „fundamentale Machtverschiebung“. Was daraus in seinen Augen folgt: Deutschland müsse in dieser Welt „Machtpolitik für die Demokratie“ machen. 

Abgesehen davon, dass dieser Halbsatz für einen Grünen-Politiker ein ganz schöner Hammer ist, geht er auch sonst potenziell sehr weit. Sollte Europa die verwaiste Weltpolizistenrolle der USA übernehmen? Sicherlich nicht. Aber Habecks Forderung deckt sich mit der Analyse des renommierten deutschen Politikwissenschaftlers Herfried Münkler. Im sich entwickelnden 21. Jahrhundert wird die bislang westlich dominierte Weltordnung von einem Konzert der fünf Großmächte abgelöst, glaubt Münkler. Das demokratische Lager, angeführt von USA und EU, auf der einen Seite, der autokratische Block mit China und Russland auf der anderen. Dazwischen, zwischen den Welten und als Zünglein an der Waage: Indien. Allein: Europas Rolle als einer von fünf Polen in diesem multipolaren System ist nicht gesetzt, so Münkler. Aus fünf können ganz schnell vier werden. Das bedeutet: Will Europa eine Rolle in der Gestaltung der Welt spielen, muss es sehr bald in diese Rolle hineinwachsen.

Die ersten Anzeichen für dieses wachsende Bewusstsein sind da. In der neuen EU-Kommission gibt es mit dem Litauer Andrius Kubilius zum ersten Mal einen Kommissar für Verteidigung. Und überhaupt sind es die Balten, die voranpreschen. Seit dem 1. Dezember bekleidet die frühere estnische Premierministerin Kaja Kallas das Amt der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik. Schon nach wenigen Wochen ist deutlich: Kallas will gestalten, nicht nur verkünden, was die Außenminister der Mitgliedstaaten beschließen. Das zeigt unter anderem ihr Vorstoß bei den Sanktionen gegen Georgien. Als Regierungschefin hatte sie den EU-Außenkurs maßgeblich geprägt; so geht zum Beispiel die Idee, eingefrorene russische Staatsvermögen zur Finanzierung der Ukraine-Hilfe zu nutzen, auf Kallas zurück.

Wenn Europa eine wichtige Rolle in der neuen Weltordnung spielen möchte, dann muss es auch mit Gewicht auftreten. Die Ukraine zeigt, wie das geht. Dazu gehört auch: Zeichen zu setzen gegen die vielen russischen Sabotageakte der vergangenen Wochen und Monate in ganz Europa. Ob zerschnittene Unterseekabel, Spähdrohnen, Zugsabotage oder Sprengstoffpakete: Russland führt einen hybriden Krieg – fast ohne Konsequenzen. Damit muss Schluss sein. Oder wie es der Zeit-Leitartikler Jörg Lau ausdrückte: Wir sind liberal, aber nicht blöd.

Luxmann
10. Januar 2025 - 6.10

Porcedda
Glatter unfug den sie da erzaehlen.
Die ukraine war ueber jahrhunderte teil des zarenreiches und danach der sowjetunion und es gab frieden in der region...und fuer europa war es normal.
Erst die unselige unabhaengigkeit der ukraine 1991 hat probleme gebracht und der maidan putsch von 2014 den krieg.

Phil
9. Januar 2025 - 4.12

@Luxmann
Sie wissen bestimmt, welche Interessen die Finnen im 2. Weltkrieg vertreten haben. Warum glauben sie denn, dass Finnland so erpicht war möglichst schnell in die Nato einzutreten?

porcedda daniel m
6. Januar 2025 - 12.11

Wenn nicht die Balten, wer dann … möchte man fragen.

„Unsere“ Westdiplomaten sind über viele Jahre hinweg baltischen, aber auch polnischen, Stimmen mit einer unverschämten Arroganz begegnet. Warnungen aus diesen Ländern vor Russlands potentiellem Hegemoniestreben wurden naserümpfend ignoriert. Diese Stimmen machten sich bereits lange vor 2014, der Krim-Annexion, hörbar. Und ebenfalls die immer wieder, fast mantraartig vorgetragene, Alarmrufe aus der Ukraine, spätestens seit 2004, ergo vom Beginn der sogenannten Orangen Revolution auf dem Maidan in der Ukraine.

Es sind die genannten Länder und Regionen, die nicht bloß einschlägige Erfahrungen mit Russlands Machtstreben und hybrider Kriegsführung haben, sondern auch jede politische Schwingung in Russland auf dem Radar haben und analysieren.

Diese zelebrierte Diplomaten-Arroganz führte zu den Folgen, die „wir“ heute beobachten können … und Ukrainer seit fast drei Jahren erleiden müssen. Die Verantwortlichen in der EU hätten diesen Krieg verhindern können, hätten sie denn diese östlichen/nordöstlichen Stimmen ernst genommen und entsprechend reagiert.

Um es auf das Wesentliche herunterzubrechen: Billige fossile Energie und die damit verbundene Wirtschaftskraft hatte für westlichen Politiker Vorrang, vor jedweden Bedenken „kleiner“ Staaten im Osten (nun gut, Polen ist nicht klein, man hatte aber innerhalb der EU andere „Probleme“ mit diesem Staat), auf die man gerne herabblickte. Die Außenpolitik wurde allzu häufig von Wirtschaftslobbyisten gestaltet. Vor allem bei unseren direkten Nachbarn Deutschland und Frankreich.

Es ist jetzt eventuell die letzte Chance, mit tatkräftigem und entschiedenem Vorgehen der baltischen Länder in der EU, dem mörderischen Treiben Russlands Einhalt zu gebieten. Nach dem Ausscheiden des Zögerlings Scholz aus der Außenpolitik könnte dies sogar gelingen. Je rascher Russland vollständig aus der Ukraine vertrieben sein wird, umso günstiger wird es für die EU sein … finanziell und politisch. Geht die Ukraine unter, wird in der EU über Generationen hinweg echter Frieden unmöglich sein.

Russland muss militärisch und politisch so geschwächt werden, dass es über viele Jahre hinweg nicht mehr in der Lage sein wird, andere Länder zu überfallen. „Verhandlungen“ mit Russland sind erst danach sinnvoll.

Luxmann
6. Januar 2025 - 8.28

Dass ausgerechnet die fanatisierten balten deren sympathie fuer die deutsche NS besatzung im 2.weltkrieg leidlich bekannt ist,eine fuehrungsrolle in der EU uebernehmen wollen ist allerdings eine katastrophale entwicklung.

Jenseits von Gut und Böse
6. Januar 2025 - 8.10

Die Europäischen Demokratien funktionieren doch schon lange nicht mehr! Europa wird untergehen mit oder ohne Ukraine! Am Ende wird China mit Russland die Weltherrschaft übernehmen, ob dem Westen das gefällt oder nicht!....Und da gibt es auch noch die BRICS!😱🙈

fraulein smilla
6. Januar 2025 - 7.42

Zeit lesen ist eigentlich Zeitverschwendung !