Schnell und unbürokratisch finden ukrainische Kriegsflüchtlinge Aufnahme in Österreich. Staat und Zivilgesellschaft arbeiten Hand in Hand, stellen sich nach der Ankunft der ersten Hundertschaften auf ein starkes Anwachsen dieser humanitären Herausforderung ein. In allen Bundesländern werden Notquartiere für Neuankömmlinge vorbereitet, bieten Private leerstehende Wohnungen an. Zahlreiche Vereine sammeln Lebensmittel, Kleidung und Hygieneartikel für die leidgeprüften Menschen aus der Ukraine. Der ORF hat wieder seine schon in vielen Krisenfällen bewährte Spendenaktion „Nachbar in Not“ gestartet. Die Ukrainer stoßen auf viel Sympathie, die auf echtem Mitgefühl und nicht bloß der Tatsache beruht, dass die Alpenrepublik derzeit für mehr als 80 Prozent der Ankömmlinge nur Transitland ist.
Welle der Menschlichkeit
Österreich ist erfasst von einer Welle der Menschlichkeit. Sogar die FPÖ surft inzwischen auf ihr, nachdem Parteichef Herbert Kickl unmittelbar nach Kriegsbeginn noch den Verbleib der Flüchtlinge in den Nachbarländern der Ukraine gefordert, aber Gegenwind aus den eigenen Reihen gespürt hatte. Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner forderte gar eine Luftbrücke, um verletzte Ukrainer in hiesige Spitäler ausfliegen zu können. Der zum Ärger der Parteilinken asylpolitisch oft auf FPÖ-Kurs segelnde burgenländische SPÖ-Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil schickte bereits Busse in die westukrainische Grenzstadt Uschgorod, um 500 Flüchtlinge ins Land zu holen.
Während sich die ÖVP im vergangenen Jahr noch strikt geweigert hatte, auch nur ein paar Frauen und Kinder aus Lagern auf griechischen Inseln zu holen, müssen sich die Grünen jetzt nicht über Kaltherzigkeit des Koalitionspartners ärgern. Nachdem Innenminister Gerald Karner (ÖVP) auf EU-Ebene den Beschluss zur Aktivierung der Richtlinie 2001/55/EG über vorübergehenden Schutz widerspruchlos mitgetragen hatte, werden ukrainische Flüchtlinge für zunächst ein Jahr ohne Einzelfallprüfung aufgenommen. Garantiert sind auch Sozialhilfe, Gesundheitsversorgung und Arbeitserlaubnis.
FPÖ bleibt sich treu
Es gibt aber nicht nur diese „guten“ Flüchtlinge. Schon vor Kriegsausbruch in der Ukraine ist die Zahl der Asylbewerber in Österreich drastisch gestiegen. So wurden im Januar 3.349 Asylanträge gestellt, 114 Prozent mehr als im Vergleichsmonat des Vorjahres. Allerdings hatten nur 21 Ukrainer Asyl beantragt. Bei den restlichen Asylbewerbern handelte es sich um „weniger gute“, oder, wie der steirische FPÖ-Landeschef Mario Kunasek sie zu nennen pflegt, „kulturfremde Wirtschaftsflüchtlinge“.
Für die soll sich nach dem Wunsch der Rechtspopulisten auch nichts ändern. Im Gegenteil: FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer verlangte am Donnerstag „vor dem Hintergrund der massiven Flüchtlingsbewegungen aus der Ukraine einen Stopp der illegalen Migration“. Die Grenzen müssten sofort für illegale Migranten, die bereits über unzählige sichere Drittstaaten gereist seien, geschlossen werden.
Aus der ÖVP sind solche Stimmen gerade nicht zu hören. Allerdings werden nicht alle Flüchtlinge aus der Ukraine gleich behandelt: Die aktivierte EU-Richtlinie gilt nur für ukrainische Staatsbürger. Vor dem Krieg geflüchtete Drittstaatsangehörige werden nur bei der Weiterreise in ihre Heimatländer unterstützt oder können einen individuell zu prüfenden Asylantrag stellen. Für nicht-ukrainische Flüchtlinge gilt also weiter: Refugees not so welcome!
De Maart
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