Montag20. Oktober 2025

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US-WahlTrump gegen Harris: Amerika vor Schicksalswahl

US-Wahl / Trump gegen Harris: Amerika vor Schicksalswahl
Zuschauer verfolgten in den No Studios in Milwaukee die Präsidentschaftsdebatte im September zwischen Donald Trump und Kamala Harris Foto: Morry Gash/AP/dpa

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Wenn die USA wählen, steht viel auf dem Spiel. Entschieden wird die Frage Trump oder Harris wahrscheinlich in wenigen Bundesstaaten.

Die USA begehen eine der potenziell folgenreichsten Wahlen der vergangenen Jahrzehnte. Auf dem Spiel stehen nicht nur die innenpolitische Stabilität des Landes, sondern auch die Zukunft der Ukraine und der transatlantischen Zusammenarbeit. Die Wahlnacht vom 5. auf den 6. November könnte die Weltpolitik noch mehr als bisher aus dem Gleichgewicht bringen. Und das Duell ist Umfragen zufolge denkbar eng: Die Demokratin und US-Vizepräsidentin Kamala Harris und der republikanische Ex-Präsident Donald Trump liegen in den wahlentscheidenden „Swing States“ noch immer Kopf an Kopf. 

In diese Bundesstaaten, in denen bei den Wahlen in der Vergangenheit mal die eine und mal die andere Partei gewann, reisten Harris und Trump deshalb auch für ihre großen Wahlkampf-Finale: die Demokratin nach Pennsylvania, der Republikaner nach Michigan. Ihre Strategien konnten dabei unterschiedlicher kaum sein: Trump zeichnet seit Tagen mit düsterer Rhetorik in langen Reden das Bild von einer Nation im Niedergang. Harris dagegen fasst sich kurz, spricht gezielt Wählergruppen wie die GenZ, also die Unter-30-Jährigen, Latinos oder Menschen mit arabischem Hintergrund an. In einer Rede erwähnte sie Trump zuletzt überhaupt nicht mehr namentlich.

Millionen Wählerinnen und Wähler haben schon abgestimmt

Es gibt in den USA mehrere Möglichkeiten, zu wählen: frühzeitig an bestimmten Orten, per Briefwahl oder am 5. November direkt im Wahllokal. Jeder Bundesstaat hat dabei eigene Regeln für Fristen und Identitätsnachweise. Auch die Technik variiert – von klassischen handschriftlichen Stimmzetteln bis zu Wahlcomputern. 

Nach Daten des „Election Lab“ der Universität Florida hatten zu Wochenbeginn rund 78 Millionen Wähler vorzeitig gewählt – also per Brief und im Wahllokal. Die Zahl entspricht fast der Hälfte der Stimmen, die im Jahr 2020 bei der Präsidentschaftswahl insgesamt abgegeben wurden. Den Daten zufolge stimmten diesmal auch viele Wähler vorzeitig ab, die als Republikaner registriert sind. 

Ergebnis möglicherweise erst nach Tagen

Die ersten Wahllokale an der Ostküste der USA schließen um Mitternacht deutscher Zeit. Anders als in Deutschland gibt es dann keine Prognose zum Wahlsieger. Und die Auszählung kann dauern, nicht nur wegen der vielen Zeitzonen des Landes, sondern auch wegen vieler Briefwahlstimmen. Die meisten Beobachter gehen davon aus, dass es in der Wahlnacht noch keinen Sieger gibt – ausgeschlossen ist das aber nicht. 2020 wurde Joe Biden erst am Samstag, also an Tag vier nach dem Wahltag, zum Sieger erklärt. Von Trumps Sieg 2016 erfuhren viele US-Amerikaner dagegen schon beim Aufstehen am Tag nach der Wahl. 

Wenn der Sieger feststeht, liegt hinter den Amerikanern ein denkwürdig turbulenter Wahlkampf: Ursprünglich wollte US-Präsident Joe Biden erneut antreten. Doch spätestens nach dem großen TV-Duell mit Trump wurden Zweifel immer lauter, ob der 81-Jährige für eine weitere Amtszeit geeignet sei. Er zog sich im Juli zurück, überließ Harris das Feld. Nur Tage zuvor wurde ein Attentat auf Trump verübt: Eine Kugel verletzte den 78-Jährigen am Ohr. Das Bild, wie Trump blutend die Faust in der Luft ballt, ging um die Welt. 

Trump schürt Ängste vor Wahlbetrug

Trump säte vor dem Wahltag vorsorglich Zweifel an einer möglichen Wahlniederlage und erhob unbelegte Betrugsvorwürfe. Bei einem Wahlkampfauftritt nannte er die Demokraten eine „dämonische Partei“ und unterstellte ihnen, bei der Präsidentschaftswahl zu betrügen. Dem Sender ABC News sagte er, dass er davon ausgehe, dass der Sieger des Rennens ums Weiße Haus noch in der Wahlnacht feststehen werde.

Dass der Ex-Präsident so kurz vor dem Wahltag in dieser Ausführlichkeit Wahlbetrugs-Ängste schürt, dürfte kein Zufall sein – und erinnert an sein Vorgehen vor vier Jahren. Noch in der Wahlnacht erklärte sich Trump 2020 zum Sieger – und forderte einen Stopp der Stimmauszählung, als er vorübergehend vor seinem Herausforderer Biden lag. Seine Wahlniederlage erkennt er bis heute nicht an. 

In den USA wird befürchtet, dass Trump diese Strategie wiederholen könnte. Am Wochenende bedauerte er öffentlich, das Weiße Haus verlassen zu haben. „Wir hatten die sicherste Grenze in der Geschichte unseres Landes, an dem Tag, an dem ich ging. Ich hätte nicht gehen sollen“, sagte Trump. 

Offiziell unabhängiger Kandidat: Wählt nicht mich

Im Endspurt machte sich auch Ex-Präsident Barack Obama noch mal für Harris stark. „Sie sind vielleicht nicht mit jeder Entscheidung einverstanden, die sie trifft“, sagte er über die US-Vize. Aber sie werde sich für die Menschen im Land einsetzen. Über Trump spottete der 63-Jährige: Dieser wisse nicht einmal, wie man einen platten Reifen wechsele. „Donald Trump hat 400 Millionen Dollar von seinem Daddy bekommen. So ist er reich geworden.“ Dennoch habe er mehrfach Konkurs anmelden müssen, so Obama über seinen Nachfolger.

Trump dagegen wird auch von Robert F. Kennedy Jr. aus der prominenten Kennedy-Familie unterstützt. Dieser wollte ursprünglich als unabhängiger Kandidat antreten, stampfte dann aber seine Kampagne ein und wirbt seitdem für Trump. Auf Wahlzetteln im Bundesstaat Michigan wird er aber trotzdem stehen. Auf X rief er seine Anhänger kurz vor der Wahl auf: „Egal, in welchem Staat ihr lebt, stimmt nicht für mich.“

Die magische Zahl 270

Der US-Präsident wird indirekt vom Volk gewählt. Die Stimmen der Wähler entscheiden über die Zusammensetzung des Wahlkollegiums, das den Präsidenten im Dezember stellvertretend für das Volk wählt. Jeder Bundesstaat hat eine bestimmte Stimmenanzahl, die sich in etwa nach der Einwohnerzahl richtet. Pennsylvania zum Beispiel hat 19 Stimmen zu vergeben. 

Bei der Wahl gilt meist das Prinzip „the winner takes it all“: Der Kandidat, der einen Staat gewinnt, erhält dort alle Wahlleute. Für einen Sieg braucht ein Kandidat nicht die höchste absolute Stimmenzahl, sondern die Mehrheit der 538 Wahlleute – also mindestens 270.