Tageblatt: Herr Mützenich, in dieser Woche hat es ein Treffen von Xi Jinping, Wladimir Putin und Kim Jong Un gegeben. Was droht dem Westen da?
Rolf Mützenich: Die Bilder aus Peking sollten der Welt und insbesondere den USA und den US-Verbündeten wie uns zeigen, dass es Alternativen zur westlich dominierten Welt gibt. Die Wucht dieser Bilder wurde verstärkt durch die Militärparade. Die Botschaften selbst sind allerdings nicht wirklich neu.
Und doch lösen sie mehr Unbehagen in Europa aus als zuvor. Ist das nicht eine neue Qualität der Kooperation, die China, Russland und Nordkorea da eingehen?
Wir haben in Europa lange nicht wahrhaben wollen, dass die Mehrheit der Menschheit in Ländern lebt, die nicht Teil der westlichen Wertegemeinschaft sind. Die Staaten des sogenannten Globalen Südens haben die westliche Erzählung nie geglaubt oder übernommen, zumal sie oft darunter gelitten haben. Und dass China jetzt noch stärker auf Russland zugeht, hat viel mit der aktuellen US-Politik zu tun.
US-Präsident Donald Trumps konfrontative Zoll-Strategie?
Die aggressiven US-Zölle haben mit Sicherheit dazu beigetragen, dass es China leichter fällt, andere wichtige Staaten wie Russland, Indien oder Brasilien stärker an sich zu binden. Trump begreift einfach nicht, was alles auf dem Spiel steht. Er ist dabei, bedeutende Kooperationspartner in die Hände seiner strategischen Gegner zu treiben. Trump hatte es seinem Vorgänger Joe Biden stets vorgehalten, China und Indien näher zusammenzubringen. Jetzt treibt er beide kurzsichtig auf das gleiche Feld.
Wie gefährlich ist das?
Das halte ich mittelfristig für die größere Herausforderung, auch für uns Europäer. Denn wir sind beispielsweise auf Indien angewiesen, hinsichtlich der Anwerbung qualifizierter Arbeitskräfte oder was den Zugang zur russischen Regierung betrifft. Wenn nun Indien und Russland noch enger kooperieren, kann uns das ebenfalls nicht kaltlassen. Das chinesische Säbelrasseln durch Militärparaden und das verbale Brusttrommeln von Xi ist besorgniserregend. Die eigentliche Herausforderung allerdings ist, wenn diese Länder noch stärker zusammenrücken.
Dennoch sind in Peking neue Waffensysteme präsentiert worden, Xi sprach von einer Entscheidung der Menschheit zwischen Krieg und Frieden. Kein Grund zur Beunruhigung mit Blick auf Taiwan etwa?
Na ja, die Rede des chinesischen Präsidenten hebt sich nicht von dem ab, was er in den vergangenen Jahren auch gesagt hat. Aber natürlich ist das US-Militär zu Recht tief besorgt darüber, welche Fähigkeiten die chinesische Armee mittlerweile hat. Niemand weiß, wann und ob China nach Taiwan greifen wird und wie die USA dann wirklich reagieren. Dennoch werden Chinas Streitkräfte denen der USA in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren nicht in allen Bereichen ebenbürtig sein. Zumal die USA ja auch im Indopazifik neue militärische Kooperationen, etwa mit Australien oder Südkorea, eingegangen sind.
De Maart
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können