Dienstag21. Oktober 2025

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Corona-ImpfungTrotz lauter Kritik sieht die EU keinen Grund, ihre Strategie zu ändern – im Gegenteil

Corona-Impfung / Trotz lauter Kritik sieht die EU keinen Grund, ihre Strategie zu ändern – im Gegenteil
Die EU wehrt sich gegen die Kritik, so soll in den kommenden Tagen als zweiter Impfstoff jener vom US-Hersteller Moderna zugelassen werden Foto: AFP/Joseph Prezioso

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Die Impfkampagne der EU stockt, die Kritik wird lauter. Die USA, Großbritannien und Kanada sind schneller bei den Zulassungen, Israel impft zügiger. Die EU sieht jedoch keinen Grund, ihre Strategie zu ändern – im Gegenteil.

Sie war ein Hoffnungswert für das neue Jahr. Doch nun wird die Impfkampagne gegen Corona immer mehr zum Zankapfel. Die EU-Kommission wies am Montag in Brüssel den Vorwurf aus Deutschland zurück, dass sie zu zögerlich agiert und zu wenig Impfdosen bestellt habe. Gleichzeitig geriet die Behörde unter Druck aus Großbritannien: Dort wird nun schon der zweite Impfstoff eingesetzt.

Bei dem neuen Vakzin handelt es sich um ein Präparat des Pharmakonzerns AstraZeneca. Der Impfstoff wurde dem 82-jährigen Dialysepatienten Brian Pinker im Universitätsklinikum von Oxford gespritzt. In der EU ist er bisher noch nicht zugelassen. Mit einer Genehmigung sei im Januar auch nicht mehr zu rechnen, hieß es in Brüssel. Bisher liege nicht einmal ein offizieller Antrag vor.

Es ist bereits das zweite Mal, dass die EU ins Hintertreffen gerät. Großbritannien, aber auch die USA und Kanada waren bereits bei der Zulassung des ersten Corona-Impfstoffes von Biontech und Pfizer schneller als die Europäer. In Ländern wie Israel geht die Impfung zudem mit mehr Tempo voran. Die EU sieht jedoch keinen Grund, ihre Strategie zu ändern – im Gegenteil.

Mit fast zwei Milliarden Dosen habe man sich das weltweit größte und vielfältigste Portfolio an Impfstoffen gesichert, sagte der Sprecher von Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. Damit würden nicht nur alle 27 EU-Länder gleichberechtigt versorgt. Die Kommission habe sich auch für eine faire Versorgung der ärmeren Länder eingesetzt. Diese Strategie trage nun Früchte.

So soll noch in dieser Woche ein zweiter Impfstoff – vom US-Hersteller Moderna – zugelassen werden. Zudem will die EU-Kommission ihre Option auf 100 Millionen zusätzliche Impfdosen bei Biontech/Pfizer einlösen. Außerdem werde über ein neues Kontingent verhandelt – über die bisher vereinbarten 300 Millionen Dosen hinaus.

Viele Fragen bleiben offen

Auf die Kritik des Biontech-Chefs Ugur Sahin, der Prozess in Europa sei nicht so schnell und geradlinig abgelaufen wie in anderen Ländern, ging die EU-Kommission auf Nachfrage des Tageblatt nicht ein. Auch die Frage, warum die EU nicht von vornherein mehr bei Biontech bestellt habe, blieb offen. Zu Beginn der Verhandlungen sei völlig unklar gewesen, welche Firma wann liefern werde, betonte der Sprecher.

Die 27 Mitgliedstaaten seien an den Gesprächen beteiligt gewesen, hätten jedoch keinen Druck ausgeübt, hieß es weiter. Man habe daher keinen Hersteller bevorzugt oder benachteiligt. Bei der Bestellstrategie sei es auch nicht darum gegangen, so günstig wie möglich einzukaufen. Vielmehr habe man auch Produktionskapazitäten, Logistik und Innovation berücksichtigt.

Allerdings verlief die Bestellung nicht so reibungslos, wie Brüssel es darstellt. Zunächst formulierte sich eine Einkauf-Allianz von vier Staaten, darunter Deutschland. Sie wurde jedoch offenbar von Kanzlerin Angela Merkel und Kommissionschefin Ursula von der Leyen ausgebremst. Die beiden deutschen CDU-Politikerinnen setzten durch, dass die EU bei den Verhandlungen geschlossen auftritt.

Deutschlands Regierungssprecher Steffen Seibert verteidigte das Vorgehen. Die Bundesregierung stehe hinter dieser „Grundsatzentscheidung“, sagte Seibert am Montag in Berlin. „Wir sind überzeugt, dass das der richtige Weg war und ist.“ Allerdings brauchte die EU-Kommission länger als andere, um ihre Bestellung bei Biontech und Pfizer aufzugeben – Berlin musste am Ende nachhelfen.

Zudem wurden die Details der Verhandlungen geheim gehalten, selbst das Europaparlament war außen vor. Dies räche sich nun, sagen die Abgeordneten. „Intransparenz führt automatisch zu Ärger“, twitterte der grüne Europaparlamentarier Daniel Freund. Ähnlich äußerte sich Katarina Barley. „Pauschalkritik an der EU ist unangebracht“, schrieb die SPD-Abgeordnete. Doch auch beim Impfstoff sei parlamentarische Kontrolle nötig.

Ärger in Frankreich und der Schweiz

In Frankreich wächst der Ärger über den extrem langsamen Impfstart im Kampf gegen das Coronavirus. Es handle sich um einen „Staatsskandal“, sagte der Präsident der an Deutschland grenzenden Region Grand Est, Jean Rottner, dem Sender France 2 am Montag. „Alles wird von Paris aus entschieden“, monierte er. Die Regionen würden nicht richtig eingebunden. Sich impfen zu lassen, sei komplizierter als der Kauf eines Autos. Die Region Grand Est ist schwer von der Covid-19-Pandemie getroffen.
Auch in der Schweiz nimmt der Groll zu. Nach den ersten Corona-Schutzimpfungen am 23. Dezember wollten die meisten Schweizer Kantone am Montag mit großen Impfkampagnen beginnen. Allerdings fehlten vielerorts Impfdosen. Die Kritik an der Regierung wächst. Die wenigen angebotenen Impftermine waren innerhalb von Minuten ausgebucht. Die Regierung hatte sich zwar 15,8 Millionen Impfdosen für die 8,5 Millionen Einwohner gesichert, die Hälfte davon aber bei dem US-Hersteller Moderna, dessen Impfstoff noch nicht zugelassen ist. (mit Agenturen)

Briten impfen jetzt mit zweitem Mittel

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie hat Großbritannien seine Impfkampagne ausgeweitet: Am Montag begannen dort die weltweit ersten Impfungen mit dem gemeinsam vom britisch-schwedischen Konzern AstraZeneca und der Universität Oxford entwickelten Vakzin. Die erste Spritze erhielt der 82-jährige Dialysepatient Brian Pinker an der Uniklinik in Oxford. „Ich freue mich sehr, heute die Impfung gegen Covid-19 zu bekommen, und ich bin sehr stolz, dass sie in Oxford erfunden wurde“, sagte der an einer Nierenkrankheit leidende Einwohner der berühmten Universitätsstadt. „Der Impfstoff bedeutet alles für mich. Ich sehe darin die einzige Möglichkeit, wieder zu ein bisschen normalem Leben zurückzukehren.“
Mit über 2,6 Millionen bestätigten Infektionen und 75.000 Toten ist Großbritannien eines der am schwersten von der Corona-Pandemie betroffenen Länder in Europa. Für zusätzlichen Druck sorgt eine besonders ansteckende Variante des Virus, die zuletzt die Infektionszahlen rasant hochschnellen ließ. Allein am Sonntag wurden knapp 55.000 neue Infektionsfälle binnen 24 Stunden gemeldet. (AFP)

Klitz
5. Januar 2021 - 23.23

@JJ
Wie sie aus den traurigen Erfahrungen der letzten Monate sehen sind die Senioren trotz „Dauerquarantäne“ (wie Sie sagen) sehr gefährdet. Und genau darum gehts jetzt. Es muss prioritär ein Schutzschild um die am meisten gefährdeten gebildet werden. Ich kann mich des Eindrucks sehr schwer erwehren dass Ihr Kommentar einen leicht verachtenden Unterton in sich birgt.

Georges Schmit
5. Januar 2021 - 15.34

Ich finde es unverständlich, dass Sie den vorigen Kommentar von JJ bringen. Der von Beginn an vorgegebene Ranking soll eingehalten werden !!!!
Warum jetzt wiederum eine Gruppe gegen eine andere Gruppe ausspielen???
Vereinfacht könnte dieser Kommentar auch so aussehen: Die Alten zum Müll !!

JJ
5. Januar 2021 - 9.45

Auch die Impfstrategie ist unverständlich. Während man mit Senioren beginnt,die sowieso praktisch in Dauerquarantäne leben und sich meist kaum vor die Tür bewegen,werden die eigentlichen Spreader(Schüler,Berufstätige,usw.) erst viel später geimpft. Man muss den Fluss des Virus' unterbrechen und das passiert nun einmal nicht in Altersheimen.