Das war wohl die wichtigste Entscheidung am 30. Verhandlungstag im Trierer Amokprozess: Die Mutter des bei dem Gewaltverbrechen in der Trierer Fußgängerzone ums Leben gekommenen Säuglings muss im Prozess gegen den 52-jährigen Tatverdächtigen nicht aussagen. Darauf haben sich alle Prozessbeteiligten am Dienstag verständigt. Die Frau verlor bei der Amokfahrt am 1. Dezember 2020 nicht nur ihr erst neuneinhalb Wochen altes Töchterchen, sondern auch ihren 45 Jahre alten Ehemann.
Die Familie war während der Mittagspause des Mannes, eines Zahnarztes, gerade auf dem Hauptmarkt unterwegs, als der Geländewagen aus Richtung Grabenstraße herangerast kam und nach Zeugenaussagen gezielt auf sie zugesteuert sei. Während der Säugling und sein Vater vor Ort starben, überlebten die Frau und der eineinhalbjährige Sohn das Gewaltverbrechen.
Im Mordprozess gegen den 52 Jahre alten Angeklagten ist die Frau als Nebenklägerin vertreten, war aber bislang an keinem der 30 Verhandlungstage selbst anwesend, sondern lässt sich durch einen Rechtsanwalt, Justizrat Roderich Schmitz, vertreten.
Mitte Februar, als die seit der Amokfahrt schwer traumatisierte Frau als Zeugin im Prozess gehört werden sollte, legte der Anwalt ein ärztliches Attest vor. Aus dem ging hervor, dass die Frau nicht in der Lage sei, an der Hauptverhandlung teilzunehmen. Auf die Vernehmung war seinerzeit vorläufig verzichtet worden. Mit der Entscheidung von Dienstag ist auf die Vorladung der Zeugin endgültig verzichtet worden.
„Zur falschen Zeit am falschen Ort“
Andere Augenzeugen der schrecklichen Tat mit fünf Toten und zahllosen Verletzten sagten dagegen aus. Es dürften mit die letzten Augenzeugen des Gewaltverbrechens gewesen sein, die die fünfköpfige Kammer geladen hat.
Dabei stand am Dienstag erneut das schreckliche Geschehen in der Simeonstraße unweit der Porta Nigra im Mittelpunkt. In Höhe der beiden Kaufhäuser hatte der durch die Fußgängerzone rasende Amokfahrer eine 25-jährige Studentin offensichtlich gezielt angefahren und durch die Luft geschleudert. Die Trierer Jura-Studentin erlag noch vor Ort ihren schweren Verletzungen. Sie hatte den Geländewagen nach Aussage mehrerer Augenzeugen nicht kommen gesehen.
Die junge Frau war das fünfte Opfer, das bei dem Gewaltverbrechen ums Leben kam. „Sie war gerade mit den schriftlichen Prüfungen fertig, hatte so viel vor“, erzählt ihre Mutter ein halbes Jahr nach der Amokfahrt in einem Interview. Ihre Tochter sei sehr lebenslustig gewesen, habe viel gelacht. „Aber dann war sie einfach zur falschen Zeit am falschen Ort.“
Auch die Mutter und die Schwester der getöteten Studentin nehmen als Nebenklägerinnen an dem Mordprozess teil.
An den folgenden Prozesstagen sind noch Aussagen von Polizisten geplant, auch die Gutachten mehrerer Sachverständiger stehen noch aus. Ob der Angeklagte noch aussagen wird, ist unklar. Der Mann aus dem Trierer Stadtteil Zewen schweigt im Prozess bislang zu den Vorwürfen. In den Vernehmungen vor Prozessbeginn hat sich der zuletzt wohnsitz- und arbeitslose Mann zwar zu den Vorwürfen geäußert. Allerdings seien die Aussagen teils sehr wirr gewesen, sagen die Ermittler.
Der im August begonnene Prozess wird an diesem Mittwoch fortgesetzt und ist noch bis Ende des Monats terminiert. Ob weitere Verhandlungstage angesetzt werden müssen, ist noch unklar.
De Maart
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