Sonntag26. Oktober 2025

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Druck, Drohungen, Gewalt„Wir sind nicht allwissend, wir sind Menschen“ – Luxemburgs Tierärzte fordern mehr Respekt

Druck, Drohungen, Gewalt / „Wir sind nicht allwissend, wir sind Menschen“ – Luxemburgs Tierärzte fordern mehr Respekt
Das Tierfachpersonal in Luxemburg wehrt sich in einem Pressestatement gegen Verunglimpfungen innerhalb und außerhalb von sozialen Netzwerken Symbolfoto: dpa

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Luxemburgs Tierfachpersonal sieht sich immer häufiger mit Angriffen in sozialen Netzwerken und auch auf verbaler oder sogar körperlicher Ebene konfrontiert. Die Mediziner haben sich nun gemeinsam dagegen positioniert und zum Kampf gegen das Bashing inner- und außerhalb der Online-Welt aufgerufen.

„Wir sind nicht allwissend, wir sind Menschen“: Das schreibt der Luxemburger Verband der Tierärzte (AMVL) am Donnerstag in einem Statement, das er an die Presse verschickt hat. Die Tiermediziner wollen ihrem Ärger Luft machen, denn sie sehen sich immer wieder Verunglimpfungen ausgesetzt – unter anderem online, aber teils auch verbal, abseits der sozialen Medien. „Die Situation wird noch schlimmer, wenn einige Kollegen sogar mit körperlicher Gewalt konfrontiert werden“, heißt es in dem Schreiben. „Vor allem in Kliniken arbeiten wir Tag und Nacht für das Wohl der Tiere und sind immer häufiger mit Angriffen vor allem in sozialen Netzwerken konfrontiert.“

Das „Bashing“ von Tierärzten oder anderen medizinischen Fachkräften in den sozialen Medien könne schwerwiegende Folgen haben – „nicht nur für die Moral und die geistige Gesundheit der Fachkräfte, sondern letztlich auch für die Qualität der Tierpflege“, so der Verband. Die Mediziner in den Praxen und Kliniken seien darin geschult, fundierte Entscheidungen zu treffen, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und einer strengen Berufsethik beruhen. „Vorschnelle Urteile, Drohungen, Druck durch die Forderungen des Besitzers und die Angst vor negativen Kommentaren im Internet können unsere Fähigkeit, unseren Beruf nach bestem Wissen und Gewissen auszuüben, beeinträchtigen.“

Das Fachpersonal fühle sich angesichts der Situation ohnmächtig und ungerecht behandelt. „Dieses Bashing hält auch neue Tierärzte davon ab, in den Beruf einzusteigen oder gar darin zu bleiben, in dem bereits ein Mangel an qualifizierten Fachkräften herrscht und die Selbstmordrate weit über der der Allgemeinbevölkerung liegt“, ergänzt der Tierärzteverband.

Fragen stellen, Bedenken äußern, um Aufklärung bitten

Erst vor kurzem berichtete das deutsche Medium ZDF darüber, dass Tiermediziner besonders stark unter psychischen Belastungen leiden. Eine Studie untersuchte demnach kürzlich die Häufigkeit von Depressionen, Suizidgedanken sowie das Suizidrisiko bei Tiermedizinern in Deutschland. „Die Ergebnisse zeigten: Von den 3.118 Teilnehmenden haben rund 20 Prozent aktuelle Suizidgedanken und mehr als ein Viertel klinisch auffällige Werte im Bereich Depressivität“, heißt es in dem Bericht. Die Werte seien damit vier- bis sechsmal höher als in der deutschen Gesamtbevölkerung. Und auch in dem ZDF-Artikel erklärt Dr. Susanne Elsner, Tierärztin und Präsidentin der Tierärztekammer Hamburg, die Leute hätten seit Corona eine kurze Zündschnur, was sich auch in den Praxen widerspiegele.

Die Luxemburger Tiermediziner rufen in ihrem Schreiben zu einer kollektiven Bewusstseinsbildung und einem konstruktiven und respektvollen Dialog auf. Sie wollen die Tierbesitzer außerdem ermutigen, Fragen zu stellen, Bedenken zu äußern oder um Aufklärung zu bitten, „statt vor jeder Diskussion selbst mit Fachleuten die vierte Gewalt in unserer Demokratie, nämlich die Medien, zu nutzen“.

Und: „Wir sollten uns auch daran erinnern, dass die nächtlichen tierärztlichen Notdienste und Krankenhausaufenthalte in Luxemburg immer dünner werden.“ Sollten die genannten Einrichtungen und ihre Tierärzte unter dem psychologischen Druck zusammenbrechen, werde der gesamte nächtliche Notdienst in Luxemburg zusammenbrechen, warnt der Verband. Er schließt sein Statement mit den Worten: „Zeigen wir gemeinsam Solidarität und Respekt gegenüber denjenigen, die ihr Leben der Gesundheit und dem Wohlbefinden unserer vierbeinigen Freunde widmen, und fördern wir den konstruktiven Dialog, anstatt die Medien zu missbrauchen, um Polemik zu erzeugen, wo es keine gibt.“