Samstag18. Oktober 2025

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Ministerium übernimmtTICE bald nicht mehr in Gemeindehand: Grundsätzliche Einigung zur Finanzierung steht

Ministerium übernimmt / TICE bald nicht mehr in Gemeindehand: Grundsätzliche Einigung zur Finanzierung steht
TICE und RGTR: In Zukunft wird es zu einer Annäherung der Transportnetze kommen Foto: Editpress/Alain Rischard

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Das Transportsyndikat TICE wird in seiner jetzigen Form bald nicht mehr existieren. Mitte letzter Woche akzeptierten die TICE-Exekutive und die Bürgermeister der Südgemeinden die neue Konvention. Finanzielle Gründe waren entscheidend, dass die Geschicke in Zukunft verstärkt vom Mobilitätsministerium geleitet werden. Was Folgen für den Busbetrieb und das Personal haben wird.  

Die Gewerkschaft des Gemeindepersonals FGFC hatte vor der Einführung eines „Syndicat mixte“ aus Staat und Gemeinden als Grundlage für eine neue Konvention für den TICE gewarnt. Seit vergangener Woche ist jedoch genau das in trockenen Tüchern, wie aus einem dem Tageblatt vorliegenden Schriftverkehr zwischen dem Ministerium von Yuriko Backes (DP) und dem interkommunalen Transportsyndikat des Südens hervorgeht. Demnach wird der TICE in Zukunft vom Mobilitätsministerium (mit)gesteuert. Die Gemeinden Esch, Differdingen, Düdelingen, Kayl, Käerjeng, Petingen, Rümelingen, Sanem und Schifflingen mussten die Kröte schlucken, ging es doch um viel Geld. Schlussendlich blieb ihnen wohl keine andere Wahl, als die neue, über zehn Jahre laufende Konvention zu akzeptieren. Jedenfalls gaben die TICE-Exekutive und die Bürgermeister der neun Kommunen ihren „accord de principe“ zum neuen Abkommen.

Das, weil die finanzielle Belastung für die Gemeinden nach dem alten Finanzierungsmodell immer bedeutender geworden wäre. Und vor allem nicht mehr stemmbar, wie der Differdinger Bürgermeister Guy Altmeisch (LSAP) in der Gemeinderatssitzung vom 8. November 2024 betonte. In vier Jahren hätte sich der Beitrag Differdingens mehr als verdoppelt und im Jahr 2029 rund 8,7 Millionen Euro erreicht. Ähnliche Berechnungsmodelle gibt es für die weiteren acht TICE-Gemeinden. Grund sind in erster Linie die Personalkosten. Und so steht in der neuen Konvention auch, dass der TICE in Zukunft seinen Bestand auf maximal 330 Busfahrer und 90 Busse beschränkt. Momentan gehören rund 150 Fahrzeuge zur TICE-Flotte.

Insgesamt 15 Millionen Euro pro Jahr

Zudem bräuchte es laut TICE-Präsident Marco Lux (LSAP) eine Investition von mindestens 180 Millionen Euro zur Elektrifizierung der Flotte, wie der Erste Schöffe der Gemeinde Kayl dem Tageblatt im vergangenen Mai gesagt hatte. Kosten für die Ladeinfrastruktur seien da noch nicht inbegriffen. Der TICE hat in dieser Hinsicht erheblichen Nachholbedarf, fährt bisher noch kein Bus des Syndikats elektrisch. In der neuen Konvention garantiert der Staat, diese Kosten integral zu übernehmen. Genauso wie das Gesamtbudget des TICE, an dem sich die neun Gemeinden pro Jahr mit insgesamt 15 Millionen Euro beteiligen. 

Finanzierungsmodelle im Bustransport

Es existieren zwei Finanzierungsmodelle für den öffentlichen Bustransport in Luxemburg: RGTR und CFL. Grob vereinfacht lässt sich sagen: Bei den RGTR-Linien bewerben sich konkurrierende Privatunternehmen auf Buslinien und bieten einen Betrag pro gefahrenem Kilometer. Um konkurrenzfähige Preise anzubieten, sparen die privaten Anbieter u.a. bei den Personalkosten. Das andere Modell, die CFL, ist vollständig staatlich finanziert. Der TICE lag als interkommunales Syndikat bisher irgendwo dazwischen: Die Fahrer sind Kommunalbeamte und erhalten ein entsprechendes Gehalt. (th)

Die bisherige Konvention zwischen den Südgemeinden und dem Mobilitätsministerium war Ende 2024 ausgelaufen. Mitte Dezember einigten sich beide Parteien auf eine Übergangsvereinbarung, die die Finanzierung des TICE für 2025 sicherstellte. Die Gewerkschaft des Gemeindepersonals FGFC hatte das mit einer gehörigen Portion Skepsis aufgenommen. Denn der Staat verknüpfe mit einer neuen Konvention größere Mitentscheidungsbefugnisse und das sei kritisch zu betrachten. „Wenn man bedenkt, dass die Finanzierung das Hauptproblem darstellt, muss man davon ausgehen, dass der Staat sparen will“, hieß es vonseiten der Gewerkschaft. Deshalb warnte die FGFC vor der Einführung eines „Syndicat mixte“ als Grundlage für eine neue Konvention. Die Gewerkschaft befürchtet insbesondere die „Zerschlagung der aktuellen Struktur“, den „Verlust kommunaler Kontrolle“ und die „schleichende Privatisierung“. Ein stärkerer staatlicher Einfluss könne dafür sorgen, dass die Gemeinden an Mitspracherecht verlieren und der öffentliche Status des TICE „langfristig untergraben“ werde – was negative Auswirkungen auf die Mitarbeiter, die Fahrgäste und die Gemeinden hätte.

Kein Schultransport mehr

Fest steht, dass der TICE durch die neue Konvention in Zukunft weniger leisten wird. Ab Januar 2026 wird der RGTR („Régime général des transports routiers“) den Schultransport übernehmen. Was wohl bedeutet, dass die Schulbusfahrer des TICE in den Linienbetrieb wechseln müssen. Des Weiteren wird der RGTR zwei TICE-Linien übernehmen: die 17 (Esch – Ehleringen – Monnnerich – Steinbrücken) ab Januar 2026 und die 15 (Esch – Belval – Beles – Bascharage – Fingig – Küntzig) ab 2028/2029. Auf Initiative des TICE wird wegen geringer Nutzung auch der Nachtdienst ab Mitte dieses Jahres eingestellt. Zwei weitere Änderungen betreffen City-Busse. Esch möchte seinen City-Bus reorganisieren und auf kleinere, flexiblere Busse umsteigen. Die gibt es allerdings nicht in der TICE-Flotte. Auch wird laut der neuen Konvention die staatliche Förderung des City-Busses in Düdelingen eingestellt, was vom TICE ausdrücklich bedauert wird. 

Das TICE-Hauptquartier am Escher Boulevard Charles de Gaulle 
Das TICE-Hauptquartier am Escher Boulevard Charles de Gaulle  Foto: Editpress/Alain Rischard

Mit 179.000 Einwohnern und rund 95.000 Arbeitsplätzen auf luxemburgischer Seite bildet der urbane Süden zwischen Petingen und Bettemburg neben der Hauptstadt das zweite große Ballungsgebiet des Landes. Verkehrstechnisch zusammengehalten wird es – mit Ausnahme von Bettemburg und Monnerich – vom TICE,   „Tiss“ oder auch manchmal mit einer italienischen Konnotation „Tiitschee“ genannt. Das Transportsyndikat besteht seit 111 Jahren. Gegründet wurde es 1914 unter dem Namen „Syndikat der interkommunalen Straßenbahnen des Kantons Esch-sur-Alzette“. Ziel war damals, ein Straßenbahnnetz mit dem Namen „Minettstram“ zu betreiben. Wegen des Ersten Weltkriegs konnte das Netz erst 1927 ins Leben gerufen werden. Seit 1948 betreibt der TICE ein Busnetz, das den Straßenbahnbetrieb 1956 endgültig ablöste. So wurde am 13. September 1949 der Tram-Betrieb zwischen Differdingen-Bahnhof und Bascharage eingestellt und am 4. Juli 1953 kam das Aus für die Strecke Esch-Differdingen.

In einigen Jahren soll die Straßenbahn aber ihr Comeback im Süden geben. Die Schnelltram aus der Hauptstadt soll 2028 Leudelingen erreichen, 2030 Foetz und 2035 via Metzeschmelz, Esch und Belval an der Endhaltestelle in Beles ankommen.


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https://www.tageblatt.lu/headlines/tice-staat-und-gemeinden-einigen-sich-auf-uebergangsfinanzierung/

https://www.tageblatt.lu/headlines/zukunft-des-tice-keine-einbussen-fuer-mitarbeiter-flotte-soll-elektrisiert-werden/

https://www.tageblatt.lu/headlines/das-kriegen-wir-bis-2035-nicht-hin-tice-braucht-eine-konvention-fuer-die-elektrische-aera/

Guy Mathey
18. Februar 2025 - 20.01

Die Zusammenführung der öffentlichen Busbetriebe von TICE, VdL und CFL unter dem Dach einer neuen öffentlichen Transportgesellschaft, selbstredend mit öffentlichem Personalstatut, wäre wohl die optimalste Lösung.
Neben den derzeit von diesen Betrieben erbrachen Transportleistungen sollten künftig auch neue, zusätzliche Angebote von dieser Transportgesellschaft erbracht werden damit in diesem Bereich zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden können.

Claude
10. Februar 2025 - 13.49

Es ist wohl auch eine Frage, was ist uns der öffentliche Transport wert, und was sind uns die Transportarbeiter wert ?