Samstag15. November 2025

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ÖsterreichTeurer Pakt mit dem Gasteufel

Österreich / Teurer Pakt mit dem Gasteufel
Österreich hat 2022 mehr als sieben Milliarden Euro an Gazprom überwiesen Foto: Stringer/dpa

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Während Deutschland seit Jänner kein Gas mehr aus Russland importiert, pumpt Österreich weiter täglich Millionen Euro an Gaserlösen in Wladimir Putins Kriegskasse. Die teilstaatliche OMV will oder kann daran gar nichts ändern.

Im vergangenen Jahr hat Österreich mehr als sieben Milliarden Euro an Gazprom überwiesen – trotz gesunkener Liefermengen aufgrund der Preisexplosion dreimal so viel wie in den Jahren vor Beginn des Ukraine-Krieges. Und noch ist im Hinblick auf das von der türkis-grünen Regierung ausgegebene Ziel, bis 2027 ganz ohne Russengas auszukommen, wenig Eifer zu erkennen. Nachdem der Anteil Russlands am österreichischen Gasimport 2022 zeitweise auf 20 Prozent gefallen war, stieg er im Dezember schon wieder auf 71 Prozent, fast so viel wie vor der Krise. Nach heftiger Kritik meldete Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) für Jänner einen Rückgang auf 47 Prozent, was allerdings mit Vorsicht zu genießen ist. Die Daten der Energie-Regulierungsbehörde E-Control basieren auf Schätzungen, welche nur vage sein können, da die Teilnehmer am Gasmarkt nicht zur genauen Nennung ihrer Gasquellen verpflichtet sind.

Gebunden bis 2040

Wie auch immer: Der Verzicht auf den Gaslieferanten Russland ist vorerst nur ein frommer Wunsch der Politik. Denn die OMV hat gar nicht die Absicht, ihn zu erfüllen. Im Gegenteil: Der Energiekonzern verweist auf langfristige Verträge mit Gazprom, die ihn bis zum Jahr 20240 zur Abnahme von russischem Gas verpflichten. Indirekt bestätigt die OMV damit eine Aussage ihres 2015 geschassten Ex-Vorstandschefs Gerhard Roiss. Dieser hatte gemutmaßt, der Gazprom-Vertrag enthalte sogenannte Take-or-Pay-Klauseln, welche die OMV auch zur Zahlung von gar nicht geliefertem Gas verpflichten.

Was in den Verträgen wirklich steht, sollte die Bundesregierung eigentlich wissen. Immerhin hält die staatliche Beteiligungsholding ÖBAG 31,5 Prozent an der OMV. Zudem gibt es einen Syndikatsvertrag mit Abu Dhabi, dessen Staatsholding Mubadala 24,9 Prozent der OMV-Aktien besitzt. Klare Mehrheitsverhältnisse also, mit denen sich alles durchsetzen ließe. Doch das Informationsbedürfnis der Politik hielt sich bisher sehr in Grenzen. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) musste kürzlich einräumen, den Vertrag der OMV mit Gazprom auch ein Jahr nach Kriegsbeginn nicht zu kennen. Klimaministerin Gewessler hat ebenso keine Ahnung und hofft, dass das für die ÖBAG zuständige Finanzministerium Einsicht in die Verträge bekommt. Notfalls könnte dafür aber sogar eine Gesetzesänderung nötig werden. Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) wiederum sieht die Politik gar nicht am Zug, denn: „Die Politik hat diesen Vertrag nicht geschlossen.“

Das stimmt nur formal. Tatsächlich hat die OMV unter Ägide der Politik ihren Pakt mit dem Gasteufel sogar in Anwesenheit desselben geschlossen. Vor fünf Jahren hatten der damalige OMV-CEO Rainer Seele und Gazprom-Chef Alexey Miller in Wien die Verlängerung des Liefervertrages bis 2040 besiegelt. Hinter den Unterzeichnern standen der damalige Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Russlands Präsident Wladimir Putin. Die Krim-Annexion war längst vergessen, das österreichisch-russische Verhältnis freundschaftlich wie eh und je. Es war das Jahr, in dem Putin extra zur Hochzeit der FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl einflog, um mit ihr ein Tänzchen aufs Parkett zu legen.

Tanz nur mit „Gasputin“

Um Tanzen und Hochzeiten ging es auch OMV-Boss Seele. Der vertrat nämlich die Ansicht, man solle „nur auf einer Hochzeit tanzen“. Mit dieser Metapher opponierte der russophile Deutsche gegen das von der Politik eigentlich längst ausgegebene Ziel einer stärkeren Diversifizierung der Energielieferantenstruktur aus. Denn schon im Winter 2005/6 war es im Zuge ukrainisch-russischer Auseinandersetzungen zu plötzlichen Druckabfällen in der Pipeline Richtung Österreich gekommen. Der damalige ÖVP-Kanzler und spätere Lukoil-Aufsichtsrat Wolfgang Schüssel gab zwar mit dem Ruf nach Diversifizierung vor, Lehren gezogen zu haben. Tatsächlich geschah aber das Gegenteil. Dass der Kreml-Autokrat einmal „Gasputin, der Schreckliche“ werden könnte, kam in österreichischen Krisenszenarien nicht vor. Vielmehr wurde Seeles Hochzeitstanz-Credo zum energiepolitischen Leitsatz.

Wie Österreich aus dieser Nummer nun wieder rauskommt, steht in den Sternen. Wenn der Vertrag, so ihn die Politik jemals im Detail zu Gesicht bekommen sollte, keine Ausstiegsklausel enthält, könnte es teuer werden. Bis 2040 viele Milliarden für Gas zahlen, das man sich gar nicht liefern lässt, wird die Regierung der Bevölkerung kaum schmackhaft machen können. Deren Begeisterung für die Wirtschaftssanktionen schwindet ohnehin allmählich. Vorerst bleibt Russland jedenfalls ungeachtet des Gemetzels in der Ukraine einer der wichtigsten Gaslieferanten der Alpenrepublik. Und der Preis – dessen tiefes Niveau einmal das Hauptmotiv für die Selbstauslieferung in die Abhängigkeit von Russland war – stimmt ja mittlerweile auch wieder.

Gut möglich, dass Wien auf Zeit spielt und auf eine Renaissance des freundschaftlichen Verhältnisses zu einem irgendwann einmal von Putin befreiten Russland hofft.

Phil
5. März 2023 - 12.50

Die Österreicher ticken in vielerlei Hinsichten besser als ihre westlichen Nachbarn, allen voran Baerbock-Deutschland.