Das politische Berlin ist in Bereitschaft. An diesem Wochenende soll zumindest auf Unionsseite klar sein, wer in einer künftigen Koalition mit der SPD Ministerin oder Minister werden wird. Der voraussichtliche Kanzler Friedrich Merz (CDU) führt letzte Gespräche – während der noch amtierende Regierungschef Olaf Scholz (SPD) in Rom bei der Beerdigung des Papstes weilt. Es sind Tage der Entscheidungen, die jetzt für Schwarz-Rot anstehen.
Um welche Posten wird besonders gerungen? Auf Unionsseite offenbar vor allem um den Posten des Wirtschaftsministers. In der Partei wird trotz gekappter Zuständigkeiten ein personeller Aufschlag erwartet, der überrascht und überzeugt. Kein einfaches Unterfangen für Merz. Sein Generalsekretär Carsten Linnemann hat abgewunken, Wirtschaftsexperte Jens Spahn wird wohl Fraktionschef der Union werden. Grundsätzlich gilt, dass Merz mit seinem Personal auch ein Aufbruchsignal senden muss, schließlich will er zügig Erfolge vorweisen und die Stimmung im Land drehen. Bei der CSU wird mit Spannung erwartet, wen die Bayern als Innenminister nominieren – und wer die Landesgruppe im Bundestag führen wird. Und bei der SPD steht vor allem die Besetzung des Finanzministeriums im Fokus: Wird SPD-Chef Lars Klingbeil Kassenwart?
Wie geht es weiter bei der Union? Die CSU hat bereits per Vorstandsbeschluss grünes Licht für den Koalitionsvertrag gegeben. Die CDU kommt am Montag zum kleinen Parteitag in Berlin zusammen, zum sogenannten Bundesausschuss. Fünf Stunden wird beraten und dann abgestimmt werden, Merz wird in seiner Rede für ein deutliches Ja werben. 160 Delegierte werden erwartet. Der Bundesausschuss ist laut Parteistatut das zweithöchste Beschlussorgan der CDU. Er rangiert damit hinter dem Bundesparteitag, der mit 1.001 Delegierten deutlich größer ist.
Was macht die SPD? Sie wartet ab. Denn noch bis Mitternacht am Dienstag können die rund 360.000 Mitglieder über den Koalitionsvertrag abstimmen. Zwischenstände, etwa mit Blick auf die Beteiligung, wollte die Partei nicht nennen. Verkündet werden soll das Ergebnis am Mittwoch. Es wird auf eine deutliche Zustimmung der Mitglieder gehofft. Der Vorsitzende des konservativen Seeheimer Kreis in der SPD, Fraktionsvize Dirk Wiese, warb noch mal für ein Ja. „Die Bürgerinnen und Bürger haben die klare Erwartung, dass die Koalition aus CDU, CSU und SPD jetzt an die Arbeit geht und sich den Herausforderungen stellt“, sagte Wiese dem Tageblatt. Dem Koalitionsvertrag könne man „guten Gewissens zustimmen“. Wiese widersprach damit dem Juso-Vorsitzenden Philipp Türmer, der das Nein seiner Organisation am Freitag bekräftigte. Eine Ablehnung des Vertrages sei „keine Staatskrise“, man könne sich neu verständigen, so Türmer. Nachverhandlungen mit der Union wird es aber nicht geben. Ihre Ressortchefs will die SPD erst nach der Befragung bekannt geben.
Was folgt nach einem Ja zum Koalitionsvertrag? Die Unterschrift unter den Koalitionsvertrag soll dem Vernehmen nach am 5. Mai erfolgen, offenbar im Berliner Gasometer in Schöneberg. Das wäre dann einen Tag vor der Kanzlerwahl, die am 6. Mai im Bundestag stattfinden wird. Anschließend folgt die Übergabe des Kanzleramtes durch Scholz an Merz. Ein Kanzler Merz will direkt nach seiner Wahl auch zu seiner ersten Auslandsreise aufbrechen, voraussichtlich nach Paris, wie es heißt. Noch vor der Sommerpause will sich der CDU-Chef mit US-Präsident Donald Trump treffen. Auch die Vereidigung der neuen Minister wird dann zügig stattfinden. Und im Parlament sollen in den beiden darauffolgenden Sitzungswochen die Ausschussvorsitze bestimmt werden – was wegen des Streits um die Beteiligung der AfD spannend werden dürfte.
Welche Planungen gibt es noch? Bis zum Sommer will die Koalition bereits die ersten wichtigen Weichen stellen. Überlegt wird daher auch von Unionsseite, die parlamentarische Sommerpause zu verkürzen und bis weit in den Juli hinein zu tagen. Ganz oben auf der Agenda stehen dem Vernehmen nach Maßnahmen für die Wirtschaft und Pläne, „die sofort bei den Menschen ankommen“. Konkret zählen dazu etwa die verbesserten Abschreibungen, der Bürokratie-Rückbau und die Einführung der Aktivrente. Auch soll bis Mitte Juli die sogenannte „Migrationswende“ angegangen werden – durch verschärfte Grenzkontrollen und Zurückweisungen. Und: Schwarz-Rot plant angesichts der Haushaltslage einen Kassensturz.
De Maart
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