Freitag7. November 2025

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Kommt er aus Luxemburg?Südeifel: Der junge Wolf und die neuen Sorgen

Kommt er aus Luxemburg? / Südeifel: Der junge Wolf und die neuen Sorgen
Ein Wolf läuft im Wildpark Lüneburger Heide durch sein Gehege Symbolfoto: dpa/Philipp Schulze

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Der Wolf, der seit Sonntag in der Südeifel seine Runden dreht, ist auch am Haus und dem Stall von Frank Richarz in Geichlingen vorbeigelaufen. Und an seiner kleinen Rinderherde. Es ist nichts passiert. Aber es stellen sich Fragen.

Nennen wir ihn den Südeifel-Wolf: den vermutlich noch jungen Vertreter seiner Art, der am Sonntag erstmals in der Verbandsgemeinde (VG) Südfeifel, in Geichlingen und Bauler, gesehen und fotografiert wurde – wie berichtet.

Es ist der Erste, der seit fünf Jahren in diesem Teil der Eifel auffällig wird, und sei es auch nur durch seine jugendliche Unbekümmertheit. Vorerst liegt der Fall ganz anders als damals bei „Billy“, der auf den Weiden eine ziemlich grausige Blutspur hinterlassen hatte.

Wolf Billy riss in der Eifel mehr als 20 Weidetiere

Billy, offiziell GW1554m (GW, Grauwolf – m, männlich), war in Niedersachsen geboren und über die Niederlande und Belgien in die Eifel gewandert. In den Verbandsgemeinden Arzfeld und Südeifel tötete er damals mehr als 20 Weidetiere.

Billy, so stellte sich später heraus, wies eine Verletzung auf. Weshalb eine artgerechte Nahrungsbeschaffung – im Wald also – für ihn nicht mehr möglich war. Vermutlich deswegen hielt er sich auf seiner Reise also an Weidetiere, bis er später in den französischen Vogesen erschossen wurde.

Beim aktuellen Wolf sieht es bislang weniger dramatisch aus. Oder? Wir rufen noch einmal in Bauler an, wo sich das Tier am Sonntag einer Schafherde genähert hatte. „Bisher ist es relativ ruhig“, sagt Ortsbürgermeisterin Marianne Milbert. Also keine neuen Sichtungen, keine weiteren Bilder. Es wäre ihr auch ganz recht, sagt die Gemeindechefin, wenn der Wolf weitergezogen wäre. „Wir haben ja auch Tierhaltung“, ergänzt sie, rund 200 Rinder inklusive Kälbern. „Ich bin niemand, der sagt: Alle Wölfe gehören weg. Aber ich brauch ihn auch nicht unbedingt vor der Haustür.“

Wolf spaziert nah an Rinderherde vorbei

Apropos Haustür: Aus dem Nachbarort Geichlingen meldet sich am Dienstag Frank Richarz. Er habe, sagt er, zwar den Wolf nicht selbst gesehen. Aber: „Der ist direkt an unserem Stall in der Ortslage vorbeigelaufen. Das hat mich ein bisschen erschrocken.“ Sein Nachbar habe den Wolf gesichtet und ihm danach sofort Bescheid gegeben: „Der kam wirklich die Berscheider Straße hoch und ist an der Kirche vorbeigelaufen.“

Nicht nur das: Richarz, der als Bio-Geograf in einem Luxemburger Naturpark arbeitet, hält nebenbei Dexter-Rinder, wegen ihrer geringeren Größe auch Mini-Kühe genannt. Wobei: „So mini“, sagt er, „sind die auch nicht. Und geben ganz tolles Fleisch.“ Sieben erwachsene Tiere seien es, bald kommen zwei Kälber hinzu. Sie weiden meist auf Naturschutzflächen bei Geichlingen und Keppeshausen.

Am Sonntag stand die kleine Herde gerade 50 Meter hinter dem Stall. Und der Wolf tigerte daran vorbei. Mit Betonung auf: vorbei. Nichts passierte. Die Kühe, sagt Richarz, „waren ganz relaxt.“ Aber, ergänzt er: „Er hätte ja auch hinlaufen können.“

Bisher habe er die Sache mit den Wölfen fast so entspannt gesehen wie offenbar auch seine Rinder. Aber jetzt mache er sich doch Sorgen, sagt Frank Richarz. Auch wenn er ganz und gar nicht zur Fraktion „Abknallen“ gehöre „und ich grundsätzlich mehr Biodiversität begrüße“. Was bei seinem Beruf nicht verwundert. Aber: „Im Fall des Wolfs habe ich größte Sorgen, dass das nach hinten losgeht. Da gewinnen wir vielleicht ein Tier hinzu, verlieren aber die Weidetierhaltung.“ Und damit dann auch viele weitere Arten, Insekten etwa, die von dieser Haltung profitieren.

Diese aber werde, so vermutet er, bei einer stärkeren Ausbreitung des Wolfs zurückgehen, weil kaum jemand dann noch Lust darauf habe, sich ständig zu fragen, ob über Nacht auf seinen Flächen etwas geschehen sei. So ähnlich haben sich auch andere Halter bereits gegenüber unserer Zeitung geäußert. Vor allem, nachdem auf ihren Flächen wiederholt Tiere gerissen worden waren. Beileibe kein schöner Anblick. Und jedes Mal ein großes Erschrecken angesichts des Leids und des Verlusts.

Der Wolf: heikles Thema, differenzierte Haltung

Deutlich wird in den Gesprächen mit Marianne Milbert und mit Frank Richarz: Sie haben eine differenzierte Haltung zum heiklen Thema Wolf. Es gibt da kein „total dagegen“ oder „absolut dafür“. Und Frank Richarz prügelt auch nicht auf die Landesregierung ein und auf das Koordinationszentrum Luchs und Wolf, wie es andere gerne tun. Im Gegenteil: „Vom Land Rheinland-Pfalz werden wir ganz toll unterstützt, was den Herdenschutz angeht“, sagt er. Klar, das sei aufwendig mit den Schutzzäunen und keine 100-Prozent-Lösung, weil ja doch vereinzelt Wölfe die Zäune überwinden. Aber es helfe eben auch.

Trotzdem bleibt die Unruhe, seit der Südeifel-Wolf aufgetaucht ist: Richarz ist dafür, dass das Tier auch bejagt werden darf – grundsätzlich. Denn sonst sei zu befürchten, „dass wir den nicht mehr kleinkriegen, wenn er einmal etabliert ist“.

„Ich habe jeden Morgen diese Angst: Ist was passiert oder nicht?“, sagt Frank Richarz. Und das werde bei vielen anderen genau so sein, wenn es weitere und vielleicht dann auch sesshafte Wölfe gebe: „Und wenn die Weidetierhaltung dadurch aufgegeben wird, gilt das Naturschutzargument nicht mehr.“

Lauter Fragen, die sich vielleicht aktuell noch nicht als allzu drängend darstellen. Aber sobald mehr Wölfe kommen und sich auch in der Eifel niederlassen, wird darüber zu sprechen sein.

Unterdessen kommt am Dienstag eine Mitteilung der luxemburgischen Regierung: Sie weist auf einen Wolf hin, der vergangenen Freitag im Raum Kiischpelt-Clerf unterwegs war, im Norden des Großherzogtums.

„Anhand von Fotos, die an zwei verschiedenen Standorten aufgenommen wurden, konnten die Experten der Naturverwaltung das Tier nach sorgfältiger Prüfung aller relevanten Identifikationskriterien eindeutig als Wolf bestätigen“, heißt es darin. „Ob sich der Wolf derzeit noch in Luxemburg aufhält oder lediglich durchgezogen ist, kann zum aktuellen Zeitpunkt nicht bestätigt werden.“

Bauler liegt nah an der Grenze zu Luxemburg. Es könnte also durchaus sein, dass es sich um dasselbe Tier handelt – sofern es der Wolf über die Our nach Deutschland geschafft hat. Bestätigt ist das aber bisher nicht.