Mittwoch29. Oktober 2025

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GroßbritannienStreit um die richtige China-Politik

Großbritannien / Streit um die richtige China-Politik
Die Klage gegen die beiden britischen Staatsbürger Christopher Cash (l.) und Christopher Berry, denen Spionage zugunsten Chinas vorgeworfen wurde, ließ der Leiter der englischen Staatsanwaltschaft fallen Foto: AFP/Henry Nicholls

Wie hältst Du’s mit den kommunistischen Machthabern Chinas? Seit Wochen beschäftigt diese Gretchenfrage britischer Außen- und Handelspolitik die Gemüter in London. Ein Parlamentsausschuss berät über ein plötzlich eingestelltes Gerichtsverfahren wegen Spionage für China. Im Raum steht der Verdacht, die Labour-Regierung unter Premier Keir Starmer mache zugunsten besserer Handelsbeziehungen einen Kotau vor dem Pekinger Regime.

„Contest, compete, cooperate“, am besten wohl als „Kampf, Wettbewerb, Kooperation“ zu übersetzen – so lauten die Grundsätze britischer Politik gegenüber der kommunistischen Diktatur. Der Slogan ähnelt dem deutschen Dreiklang, wonach China „Partner, Konkurrent, systemischer Rivale“ sei. Der Schwerpunkt hat sich in den vergangenen Jahren häufig verändert. Während Tory-Premier David Cameron (2010-16) vom „goldenen Zeitalter“ einer engeren Zusammenarbeit schwärmte, legte Boris Johnson (2019-22) – früher als Frankreich oder Deutschland – Wert auf größere politische Distanz zu Peking.

So wurde Telekom-Riese Huawei schon im Sommer 2020 von der Beteiligung am 5G-Mobilfunknetz ausgeschlossen. Johnson stoppte außerdem den Bau einer riesigen Dependance des Internet-Unternehmens TikTok, erleichterte nach dem drakonischen Sicherheitsgesetz für Hongkong die Einbürgerung von Bewohnern der früheren Kronkolonie und kritisierte die Menschenrechtsverletzungen gegen die muslimische Uiguren-Minderheit in der westlichen Provinz Xinjiang. Der letzte Tory-Premier Rishi Sunak (2022-24) betrieb eine vorsichtige Wiederannäherung an Peking, Labour-Mann Starmer führt diesen Kurs weiter.

Mit der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt müssen wir Handel treiben. Gleichzeitig stellen die Chinesen eine Bedrohung unserer Sicherheit dar, mit der wir umgehen müssen.

Alex Younger, einstiger Chef des Auslandsgeheimdienstes MI6

Die Vorwürfe gegen einen früheren Parlamentsmitarbeiter, dieser habe im Herzen der britischen Demokratie für die nationalkommunistische Diktatur spioniert, waren vor gut zwei Jahren ans Licht gekommen. Mit einem in Peking lebenden britischen Akademiker wurde er im April 2024 offiziell unter Anklage wegen Spionage für China gestellt. Das Duo hat stets seine „komplette Unschuld“ beteuert. Mitte September ließ der Leiter der englischen Staatsanwaltschaft, Stephen Parkinson, die Klage plötzlich fallen. Begründung: Die Regierung verweigere die offizielle Bezeichnung Chinas als „Bedrohung der nationalen Sicherheit“.

Als eine der Hauptkritikerinnen des Chefanklägers hat sich die Vorsitzende des auswärtigen Ausschusses, Emily Thornberry, profiliert. Die Labour-Politikerin hat früher selbst als Gerichtsanwältin gearbeitet. „Sie hätten weitermachen und anklagen sollen“, sagte sie zu Parkinson bei der Parlamentssitzung am Montag. „Fragen Sie doch einfach die Geschworenen, ob diese China für eine feindselige Bedrohung halten.“ Reputationsexperten haben darauf hingewiesen, dass den öffentlich mit vollem Namen genannten jungen Männern – einer der beiden arbeitete im Büro von Thornberrys konservativer Vorgängerin im Ausschussvorsitz, der andere in Peking – nun der Makel übergroßer China-Nähe anhaftet, ohne dass ein ordentliches Gericht darüber entscheidet.

China plant riesige Botschaft in London

Ob China eine Bedrohung oder ein wichtiger Handelspartner sei, hat diese Woche die öffentlich-rechtliche BBC den früheren Leiter des Auslandsgeheimdienstes MI6 gefragt. Alex Younger antwortet mit einem fröhlichen Sowohl-als-auch: „Mit der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt müssen wir Handel treiben. Gleichzeitig stellen die Chinesen eine Bedrohung unserer Sicherheit dar, mit der wir umgehen müssen.“

Younger zufolge ist die Überwachung der eigenen Bevölkerung „allgegenwärtig: Es gibt keine Privatsphäre in China.“ Zunehmend werde die Palette von Überwachung auch auf andere Länder ausgedehnt. „Es handelt sich um eine zunehmende Bedrohung.“ Der frühere Geheimdienstchef macht sich lustig über all jene, die davor warnen, die Chinesen durch solche Einschätzungen zu kränken: „Die sind nicht leicht zu kränken, das behaupten sie nur. Ich würde sowas an deren Stelle auch sagen, wenn ich sehen kann, dass ich damit Wirkung erziele.“

Mit Händen und Füßen wehren sich die Sicherheitsbehörden, aber auch Anwohner gegen den Plan der neuen riesigen Botschaft Chinas in London. Diese soll auf dem früheren Gelände der königlichen Münzanstalt gleich gegenüber vom Tower of London errichtet werden. China erwarb das 20.000 Quadratmeter große Grundstück im Mai 2018 für umgerechnet 289 Millionen Euro. Weil dies auch das östliche Ende des größten internationalen Finanzzentrums City of London markiert, liegt der Verdacht nahe, dass chinesische Spione vitale Finanzdaten abgreifen würden. Zu den Bedenken trug auch bei, dass der eingereichte Bauplan geschwärzte Stellen enthielt.

Wie schwer sich die Regierung mit diesem Konflikt tut, verdeutlicht die Tatsache, dass das zuständige Planungsministerium seine Entscheidung zum zweiten Mal aufgeschoben hat. Offenbar drängt das Foreign Office zu einer positiven Entscheidung in der Hoffnung, dass dann endlich die eigene, stark renovierungsbedürftige Vertretung in Peking durch ein neues Gebäude ersetzt werden darf. Peking droht inzwischen mit „Konsequenzen“.

Luxmann
29. Oktober 2025 - 20.05

GB ist laengst zu einem zweit wenn nicht drittrangigen anhaengsel der USA geworden und sollte froh sein dass laender wie China oder Indien die es einst dominierte ueberhaupt noch handel mit ihm treiben wollen.