KunsteckeStephan Balkenhol tritt mit Holzfiguren gegen die alten Meister an

Kunstecke / Stephan Balkenhol tritt mit Holzfiguren gegen die alten Meister an
Markenzeichen von Stephan Balkenhol: Holzfiguren  Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert 

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Ab dem 2. Mai wird Holzkünstler Stephan Balkenhol in der Galerie Nosbaum Reding zu Gast sein. Bis zum 2. Juni präsentiert er unter dem Titel „Zeitfenster“ eine museale Schau im Museum Wiesbaden und trifft dort auf „Alte Meister“. In Luxemburg kein Unbekannter, schuf er doch die in Holz geschnitzten Porträts von Großherzog Jean und Großherzogin Joséphine-Charlotte am Eingang des Mudam. Mit der kommenden Expo in genannter Galerie ist er dann auch nicht zum ersten Mal in Luxemburg präsent.

Einleitend zu seinem im Museum Wiesbaden eröffneten „Zeitfenster der besonderen Art“ hält das Museum fest: „Seine Figuren, Abbilder des zeitgenössischen Menschen, treten eigens für die Sonderausstellung ‚Zeitfenster: Stephan Balkenhol trifft Alte Meister’ in den Dialog mit den Kunstwerken der Gemäldesammlung ‚Alte Meister’ des Museums Wiesbaden.“ Der Bildhauer hat diese Gemälde und Objekte selber ausgewählt und stellt diesen rund 50 seiner eigenen Skulpturen in von ihm inszenierten „Raumbildern“ gegenüber.

Anspruchsvolle Konfrontation

Irritiert der Gang durch diese Räume im oberen Stockwerk des Museums anfangs doch ein bisschen, so stellt der Besucher bald fest, wie das Kunsthaus unterstreicht, dass sich in diesem einzigartigen Kontext „ein ästhetisch bezauberndes wie intellektuell funkensprühendes Treffen über die Jahrhunderte hinweg“ entwickelt. Balkenhol scheut bei dieser gewagten Konfrontation so auch keinen Bereich. In der Tat fokussiert das Museum seit einigen Jahren unterschiedliche Themenschwerpunkte: Sakrale Kunst (hier kommt es mit Balkenhol-Figuren zu einer Konfrontation mit dem Walsdorfer Kruzifix aus dem 12. Jahrhundert und „seinem“ eigenen „Baby“), Porträtkunst, Landschaft oder das Goldene Zeitalter („Die Falschspieler“, 1620, von Gerard van Honthorst).

Die Ausstellung gliedert sich in mehrere thematisch gefasste Räume, die mal mehr, mal weniger Exponate anbieten, wobei der Akzent sowohl auf Werken der Sammlung als auch auf neuen Skulpturen von Balkenhol liegen kann. Im Raum „Das Goldene Zeitalter – Niederländer im 17. Jahrhundert“ werden alle Gattungen (Porträts, Stillleben, Landschaft, Genre, mythologische und religiöse Werke) zu einem Querschnitt der damaligen malerischen Möglichkeiten vereint, derweil der Eingangsbereich mit der raumgreifenden Installation „Grapherne“ von Robert Seidel, welche die „ständig anhaltende Verlebendigung unseres kulturellen Erbes“ darstellt, eine anhand heutiger Techniken gestaltete aktuelle Note abgibt. Es entsteht so ein freier Dialog zwischen aktueller Gegenwartskunst und deren künstlerischen Vorläufern. Die Besucher/Figuren werden auf diese Weise in das Geschehen eingebunden.

Die Figurensäule „König auf Stuhl“ fungiert als Cover-Bild der Ausstellung, derweil „Venus I“ aus dem Jahre 2017 eine deutliche historische Referenz herstellt und die „Frau auf Stamm“ die Verbindung zu einem modernen Lebensstil aufgreift. Interessant gestalten sich die Räume 5-7 mit einem „Mann unter Fliegenpilz“ oder „Zwei Figurensäulen Mann und Frau mit Besen“ sowie Raum 3, der der Verwandlung von Mensch zu Tier und umgekehrt gewidmet ist und Werke mit den Titeln „Katzenfrau“, „Steinbockfrau“, „Tigermann“ oder „Einhorn“ vor klassischen Porträts alter Meister zur Schau stellt.

Holzfiguren für und als Besucher

Besucher, die zu einem bestimmten Zeitpunkt den für die Galionsfigur von Balkenhol, „Mann mit schwarzer Hose“, typische Kleidung/ikonischen Look „weißes Hemd“ und „schwarze Hose“ trugen, hatten gar Recht auf eine Sonderbehandlung. Ob der heimische Galerist des Künstlers sich auch diesen „Gadget“ aneignen und eine Art Balkenhol-Kostümfest organisieren wird, sei dahingestellt. Die Luxemburger Museumsfreunde können jedenfalls dem Künstler ihre Verbundenheit zeigen, haben sie doch die Chance, ihn bereits vor der Vernissage am 2. Mai in der Galerie zu treffen. In Wiesbaden steht besagter „Mann“ isoliert inmitten von Raum 2, dies jedoch neben anderen Figuren, etwa dem „Mann mit hellbrauner Jacke“, dem „Mann mit grauen Haaren“, „Der Frau mit grünem Trenchcoat“ oder gar dem „Fahrradfahrer“.

Balkenhol variiert seine Figuren, schnitzt diese meist aus einem Wawa-Holzblock heraus und fasst sie manchmal je nach Bedarf auch mal farbig. Stephan Balkenhol, 1957 in Fritzlar (Hessen) geboren, hat sein Hochschul-Studium in Hamburg absolviert und sich seit 1979 als unabhängiger Künstler etabliert. Derzeit lebt und arbeitet er in Meisenthal (Frankreich), Berlin und Kassel (Deutschland). Zu seinem Kunstverständnis hat er u.a. ausgeführt: „Meine künstlerische Arbeit ist eine Auseinandersetzung mit dem Menschen und der Welt, in der wir Menschen verhaftet sind. Dazu gehört auch die Historie. Nur mit Geschichtsbewusstsein lassen sich Gegenwart und Zukunft bewältigen. Stellvertretend für den Ausstellungsbesucher stehen meine Figuren in einer Gemäldegalerie, betrachten Kunst und Geschichte und versuchen sich dadurch selbst zu verorten.“

Der Künstler im Porträt: Stephan Balkenhol
Der Künstler im Porträt: Stephan Balkenhol Foto: Kathrin Balkenhol 

Der international renommierte Künstler war von 1992 bis 2023 Professor für Bildhauerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe. Er kann auf über 100 Solo-Ausstellungen, zahlreiche Auszeichnungen sowie viele Werke im öffentlichen Raum zurückblicken, etwa London, Hamburg, Berlin, Rom, Straßburg oder Metz, wo er 2014 ein Denkmal für Jean Moulin geschaffen hat. Das Museum Wiesbaden ist stolz auf diese viel beachtete Ausstellung, die noch bis zum 2. Juni läuft. Die Solo-Schau des Künstlers in der Galerie Nosbaum Reding wird sicherlich auch spannend werden, ist Balkenhol doch ein unermüdlicher Bildhauer, der permanent neue Figuren aus seinem Lieblingsmaterial „Holz“ zu schaffen weiß.

Stephan Balkenhol: „Zeitfenster – Balkenhol trifft Alter Meister“, noch bis zum 2. Juni 2024 im Museum Wiesbaden. Informationen: www.museum-wiesbaden.de.