Luxemburg Statec erwartet starkes Wachstum im dritten Quartal

Luxemburg  / Statec erwartet starkes Wachstum im dritten Quartal
 Symbolfoto: Ralf Hirschberger/dpa-Zentralbil

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Statec erwartet einen „starken Rückgang“ des Luxemburger Bruttoinlandsprodukts für das zweite Quartal 2020. Die tatsächliche Entwicklung sei noch nicht bekannt, schreibt die Behörde in einer Pressemitteilung am Dienstag. Die vorliegenden Schätzungen gingen für die Eurozone jedoch von einem Rückgang von zwölf Prozent aus – wegen der „durch die Pandemie verursachten Turbulenzen“.

Die Einschränkungen, die die Regierung wegen der Pandemie in Luxemburg beschlossen hatte, haben besonders dem Handel, Gastronomie, Flugverkehr und dem Veranstaltungssektor ab Ende März einen starken Rückgang der Aktivitäten beschert, berichtet die Luxemburger Statistikbehörde Statec am Dienstag. Dieser Trend hielt zwei Monate an – dann kam es zu einer allmählichen Aufhebung der Beschränkungen, was die „Wirtschaft natürlich wieder ankurbelte“, schreiben die Statistiker. Aber: Andere Faktoren belasteten das Geschäftsklima noch immer. Dazu gehörten Social Distancing, freiwillige Einschränkungen bei Reisen oder im öffentlichen Leben, und der Fakt, dass viele Arbeitnehmer im Home-Office arbeiten. 

Die Statistikbehörde sieht jedoch Anzeichen einer Erholung. Die Industrieproduktion hat sich demnach in Luxemburg vom Tiefpunkt im April erholt – um 5,7 Prozent im Mai. Ähnliche Trends ließen sich fürs Baugewerbe, Einzelhandel, Kfz-Zulassungen, im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie bei bestimmten Unternehmensdienstleistungen beobachten. Diese Nachricht kommt jedoch mit einem Wermutstropfen: „Es muss festgehalten werden, dass diese Erholung von einem sehr niedrigen Niveau kommt“, schreibt Statec. Im Jahresvergleich würden die Ergebnisse noch immer im roten Bereich liegen. Der Luxemburger Einzelhandel hat demnach im Mai 2020 noch immer einen um zwölf Prozent niedrigeren Umsatz als im Mai 2019 gemacht. Immerhin: Im April waren es gegenüber dem Vorjahr sogar 30 Prozent weniger. 

Weitere Elemente deuten laut Statec auf ein hohes Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Luxemburg und der Eurozone im dritten Quartal hin. Allerdings seien sie vor allem das Ergebnis einer „technischen Erholung“ nach dem starken BIP-Rückgang davor. Im zweiten Quartal ist das BIP in der Eurozone nach einer ersten Schätzung im Vergleich zum Vorquartal um insgesamt 12,1 Prozent gesunken. „Dies ist der größte Rückgang, der jemals – auf der Grundlage der seit 1995 verfügbaren Daten – verzeichnet wurde“, schreibt Statec – aber keine Überraschung, da Lockdown und Eindämmung im zweiten Quartal am stärksten auf dem Euroraum lasteten. Tatsächlich kann dieser Wert sogar als gute Nachricht gewertet werden: Die EU-Kommission hatte Anfang Juli noch ein Minus von 13,6 Prozent erwartet. 

Einzelhandel

Wie in vielen anderen europäischen Ländern haben sich die Einzelhändler auch in Luxemburg relativ gut behaupten können. Insbesondere die Supermärkte profitierten von der Tendenz der Kunden, während des Lockdowns bestimmte Produkte „auf Vorrat“ zu kaufen, wie Statec schreibt. Zudem kochten viele Menschen in den eigenen vier Wänden, anstatt ins Restaurant zu gehen. Aber: Je nach Branche gibt es im Einzelhandel große Unterschiede. So wurde bei Freizeitartikeln beispielsweise ein Umsatzrückgang von 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet. Und für Luxemburg machten sich zudem Reisebeschränkungen und Grenzschließungen beim Tanktourismus bemerkbar: Der Absatz von Tabak und Sprit schrumpfte. 

Auch die Zulassungen bei den Autos gingen in Luxemburg zurück – in den ersten sieben Monaten dieses Jahres um 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Vergleich zur Eurozone ist das aber noch ein relativ guter Wert: Dort wurden insgesamt 35 Prozent weniger Autos zugelassen. Das Gros dieses Rückgangs fällt laut Statec auf die Monate von März bis Mai, in denen 60 Prozent weniger Autos als im Jahresschnitt zugelassen wurden. Statec verzeichnete im Juni und im Juli aber eine Erholung.

Auch die Lage auf dem Arbeitsmarkt verbesserte sich im Juli etwas im Vergleich zu den Vormonaten. Die ersten vorläufigen Daten zeigen Statec ein Beschäftigungswachstum von etwa zwei Prozent im Jahresmittel – nach durchschnittlich nur 1,4 Prozent in der Zeit von März bis Juni. „Im Vergleich zur Eurozone, in der im zweiten Quartal ein Rückgang von 2,9 Prozent im Jahresvergleich verzeichnet wurde, bleibt das Beschäftigungswachstum im Großherzogtum also dynamisch“, schreibt die Statistikbehörde. 

Die Erholung auf dem Luxemburger Arbeitsmarkt wurde im Juli hauptsächlich von Dienstleistungsunternehmen und der Gastronomie getragen und war sowohl bei Einwohnern als auch bei Grenzgängern zu beobachten. Die meisten Branchen weisen laut Statec im Vergleich zum Februar 2020 aber immer noch einen deutlichen Rückgang ihrer Beschäftigtenzahl auf. Das betrifft insbesondere Handel, Informationstechnik, verarbeitende Industrie – und auch die Gastronomie. Dass der Handel noch immer mit Umsatzeinbußen zu kämpfen hat, macht sich laut Statec auch beim Sommerschlussverkauf bemerkbar. Die Preisnachlässe betragen laut Statec dabei nur zehn Prozent – in den Vorjahren waren es 15 Prozent. 

Inflation im Mai bei fast null Prozent

Nachdem die Inflationsrate in Luxemburg und der Eurozone im Mai gen null tendierte, hat sie sich in den vergangenen Monaten erholt. Dies spiegelt laut Statec insbesondere die Entwicklung der Ölpreise wider, die sich im August auf etwa 45 Dollar pro Barrel einpendelten – nach weniger als 20 Dollar im April. Lässt man die Energiepreise außen vor, seien die Preise seit Beginn der Krise relativ stabil. Dies sei Ergebnis eines Aufwärtsdrucks bei den Lebensmittelpreisen, schreibt Statec – und von Preiserhöhungen bei bestimmten Dienstleistungen, die mit sozial distanzierenden Vorschriften konfrontiert sind, wie beispielsweise Restaurants oder Friseursalons. Bisher hätten diese Branchen Nachfrageschwäche und sinkende Rohstoffpreise auf dem Inflationsbarometer kompensiert. Im Jahr 2021 sollten die Rohstoffpreise aber ebenfalls wieder die Inflation stützen. Für Luxemburg erwartet das Statec eine Inflationsrate von 0,9 Prozent für das Jahr 2020 und 1,3 Prozent für das kommende Jahr. 

Die Luxemburger Banken haben wegen der düsteren Wirtschaftsaussichten und der Verschlechterung der Zahlungsfähigkeit bei den Kreditnehmern ihre Kriterien für die Kreditvergabe im zweiten Quartal verschärft, schreibt Statec. Laut den Statistikern planten die Geldhäuser jedoch keine weitere Verschärfung im dritten Quartal. Es sei daher unwahrscheinlich, dass die Risikoaufschläge so stark wie während der Finanzkrise 2008 anstiegen.