Samstag18. Oktober 2025

Demaart De Maart

GutachtenStaatsrat warnt vor negativen Folgen der Liberalisierung der Sonntagsarbeit und der Öffnungszeiten im Einzelhandel

Gutachten / Staatsrat warnt vor negativen Folgen der Liberalisierung der Sonntagsarbeit und der Öffnungszeiten im Einzelhandel
Der Staatsrat weist auf die Gefahr hin, dass die Liberalisierung der Öffnungszeiten den Wettbewerb zwischen kleinen und großen Akteuren verzerren könne Foto: Julie Rasquin

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

In seinen am Dienstag veröffentlichten Gutachten zu den umstrittenen Gesetzentwürfen über die Liberalisierung der Sonntagsarbeit und die Verlängerung der Ladenöffnungszeiten schlägt der Staatsrat sich unmissverständlich auf die Seite der Beschäftigten.

Am späten Dienstagnachmittag hat der Staatsrat seine Gutachten zu dem von DP-Wirtschaftsminister Lex Delles hinterlegten Gesetzentwurf zur Verlängerung der Ladenöffnungszeiten und dem von CSV-Arbeitsminister Georges Mischo deponierten Gesetzentwurf zur Liberalisierung der Sonntagsarbeit veröffentlicht. Beide Gesetzentwürfe waren von den Gewerkschaften OGBL und LCGB scharf kritisiert worden, weil sie ohne ihre Beteiligung und ihr Einverständnis ausgearbeitet worden waren. Sie hatten auch für Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Mehrheitsparteien – insbesondere der CSV – gesorgt.

„Oppositions formelles“ legt der Staatsrat in seinen Gutachten nur beim Entwurf zu den Verlängerungen der Öffnungszeiten im Einzelhandel ein. Insgesamt sind es drei, die sich eher auf technische Angelegenheiten beziehen – etwa auf die Regelung, dass die gesetzlich festgelegten Öffnungszeiten im Rahmen von Kollektivverträgen noch überschritten werden dürfen. Oder dass künftig der Zoll statt die Polizei die Einhaltung des Gesetzes kontrollieren und sanktionieren soll.

„Negative Auswirkungen“

Bemerkenswert sind jedoch die unmissverständlichen Einwände, die der Staatsrat in seinen „Considérations générales“ zu beiden Gesetzentwürfen anführt. In dem zur Sonntagsarbeit weist er beispielsweise darauf hin, dass nicht unterschätzt werden dürfe, dass Veränderungen in der Art und Weise, wie die Menschen ihre Arbeit verrichten, erhebliche negative Auswirkungen auf die Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben haben können: „L’appréciation de l’opportunité d’une généralisation du travail dominical dans le secteur du commerce de détail ne devrait pas se fonder sur les quelques éléments avancés dans l’exposé des motifs, mais doit également prendre en considération les conséquences qu’une telle généralisation aurait sur la vie familiale, culturelle et sportive des personnes concernées.“ Der Staatsrat spricht sich dafür aus, dass die Erweiterung der Sonntagsarbeit und ihre Durchführungsbestimmungen – wie bisher – von den Sozialpartnern in Kollektivverträgen ausgehandelt und nicht vom Gesetz vorgeschrieben werden. Diese Vorgehensweise könne den Beschäftigten nicht nur bessere Arbeitsbedingungen mit Lohnausgleich ermöglichen, sondern biete ihnen auch die Wahl, ob sie sonntags arbeiten möchten oder nicht.

„38 pour cent“

Vor dem Hintergrund der EU-Richtlinie über adäquate Mindestlöhne wirft der Staatsrat die Frage auf, ob die Diskussion über die Sonntagsarbeit im Einzelhandel sich nicht dazu eigne, einen günstigeren Rahmen für Kollektivvertragsverhandlungen in den „Code de travail“ einzuführen, als dies derzeit der Fall ist. Der aktuelle gesetzliche Rahmen „ne semble guère avoir eu un tel effet d’encouragement puisque le taux de couverture du secteur n’est que de 38 pour cent“.

Nicht weniger bemerkenswert sind die „Considérations générales“ des Staatsrats zu dem Gesetzentwurf über die Ladenöffnungszeiten. Er weist etwa auf die Gefahr hin, dass die Liberalisierung der Öffnungszeiten den Wettbewerb zwischen kleinen und großen Akteuren verzerren könne, da den Großen mehr Mittel zur Verfügung stehen, um maximal davon profitierten zu können. Nicht zuletzt wirft der Staatsrat der Regierung vor, ihre Motive zur Verlängerung der Öffnungszeiten nicht ausreichend begründet zu haben.

Dem CSV-Fraktionspräsidenten Marc Spautz könnten die am Dienstag veröffentlichten Gutachten des Staatsrats eine Handhabe bieten, um seine Position gegenüber der Regierung im parlamentarischen Arbeitsausschuss durchzusetzen. Der frühere Gewerkschafter hatte sich – wie die Oppositionsparteien LSAP, Grüne und Linke – dafür ausgesprochen, die Sonntagsarbeit und die Ladenöffnungszeiten nicht per Gesetz zu liberalisieren, sondern die Regelung beizubehalten, ihre Erweiterung im Rahmen von Kollektivverträgen zu verhandeln.