Ihre Triumphgefühle angesichts der angekündigten Umwälzung auf dem heimischen Telekommunikations- und Medienmarkt bemüht sich Serbiens Parlamentsvorsitzende Ana Brnabic erst gar nicht zu verbergen. Als „fantastische Nachricht“ und „großen Tag für Serbien“ bezeichnete die frühere Regierungschefin und enge Vertraute des allgewaltigen Staatschefs Aleksandar Vucic am Mittwoch die Kunde vom weitgehenden Rückzug des missliebigen Medien- und Telekommunikationskonzerns „United Group“ (UG) aus dem Balkanstaat: „Der Turm des Medienübels ist gefallen.“
Es ist die kritische Berichterstattung der UG-Töchter und Kabel-TV-Sender „N1“ und „Nova“, die Serbiens nationalpopulistischen Machthabern schon lange ein Dorn im Auge sind. Im Kampf für eine effektivere Kontrolle der Medienmärkte mutierte die staatliche Telekom Srbija in den letzten Jahren zum wichtigsten Werkzeug der Regierung, um dem UG-Rivalen und Kabelnetzbetreiber SBB sowohl mit wettbewerbsverzerrenden Hindernissen, als auch mit Dumpingangeboten und dem kostspieligen Abjagen von Senderechten für Europas populärste Fußballligen Zuschauer und Marktanteile abzugraben.
Zumindest das bereits 2021 in einem Strategiepapier formulierte Ziel der Telekom Srbija der Zerschlagung der SBB scheint nun geglückt. Wie die bisher in acht südosteuropäischen Staaten operierende UG am Donnerstag erklärte, ist eine Vereinbarung über den weitgehenden Verkauf ihrer serbischen Töchter im Wert von insgesamt 1,5 Milliarden Euro geschlossen worden.
Die Telekom Srbija übernimmt für 652 Millionen Euro von der UG die EON-Sender und deren Sport-Senderechte für den gesamten Westbalkan. Die UG will sich laut eigener Aussage künftig auf ihre EU-Märkte konzentrieren: Bulgarien, Griechenland, Kroatien und Slowenien. Die SBB wird derweil von der PPF Telecom übernommen – einem Konsortium der tschechischen Yettel und Investoren aus Abu Dhabi.
„Erdbeben“ auf Medienmarkt
Gleichzeitig versucht die UG die Sorge zu beschwichtigen, dass sich mit seinem Rückzug Serbiens Mediendunkel noch verstärken könnte: Die als „Schlüssel-Medien“ bezeichneten TV-Sender Nova und N1 sollten im UG-Besitz verbleiben und weiter in die Kabelnetzwerke der SBB und künftig auch in die von Yettel eingespeichert werden.
Bei N1 werden Ängste vor einer drohenden Gleichschaltung auf Nachfrage dementiert: Die Redaktionspolitik werde sich nicht ändern, so die einsilbige Auskunft. Noch undeutlich ist, was mit den regierungskritischen Printmedien der UG geschehen soll, wie den Tageszeitungen Nova und Danas oder dem Wochenmagazin Radar.
Noch müssen Serbiens Kartellbehörden die vereinbarten Verkäufe absegnen. Als „Erdbeben“ auf Serbiens Telekommunikationsmarkt bewertet das Portal des unabhängigen Wochenmagazins Vreme bereits jetzt den UG-Rückzug, den vor allem der Investmentfonds BC Partners als Mehrheitseigentümer des Konzerns forciert habe: „Für den Kauf der gesamten Gruppe hat sich offensichtlich kein Käufer gefunden. Und darum wird sie nun häppchenweise verscherbelt.“
De Maart
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