RumänienSpekulationen über Rückzug der NATO-Kandidatur von Staatschef Johannis

Rumänien / Spekulationen über Rückzug der NATO-Kandidatur von Staatschef Johannis
Rumäniens Präsident Klaus Johannis sucht nach einem neuen Job, möglichst in Brüssel Foto: AFP/Daniel Mihailescu

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Die Europawahlen sind geschlagen, das Postengeschacher in Brüssel kann beginnen: In Rumänien wird darüber spekuliert, dass Staatschef Johannis im Gegenzug für einen lukrativen Posten in der EU-Kommission seine Außenseiter-Kandidatur für den Posten des NATO-Generalsekretärs zurückziehen könnte.

Ausgerechnet Rumäniens Regierungschef gibt den seit Wochen im Karpatenstaat kursierenden Spekulationen über die berufliche Zukunft des scheidenden Staatschefs neue Nahrung. Er glaube nicht, dass Präsident Klaus Johannis das Amt eines EU-Kommissars anvisiere, „wohl eher das Amt des Kommissionschefs oder des Ratspräsidenten“, sagte der sozialdemokratische Premier Marcel Ciolacu (PSD) vergangene Woche bei einem Interview mit dem Fernsehsender „Prima TV“.

Offiziell hat Johannis bereits im Februar seine Ansprüche auf das Amt des NATO-Generalsekretärs angemeldet. Zwar war Rumäniens deutschstämmiger Landesvater im Mai zum Klinkenputzen in eigener Sache zu einem Treffen mit seinem US-Amtskollegen Joe Biden nach Washington gereist und ließ sich hernach auch noch mit einem Preis der US-Denkfabrik „Atlantic Council“ für seine transatlantischen Verdienste küren. Doch der Druck der NATO- und EU-Partner auf den 64-Jährigen zum Rückzug seiner Außenseiterkandidatur zu Gunsten des niederländischen Favoriten Mark Rutte nimmt zu.

29 der 32 NATO-Mitglieder sprechen sich mittlerweile für Rutte aus. Doch der Chef des Militärbündnisses kann nur einstimmig gekürt werden – und vor allem Ungarn legt sich quer. Budapest begrüße Johannis als „Kandidat aus dem Osten“ und werde niemals für einen Kandidaten stimmen, der Ungarn „in die Knie zwingen“ wolle, bekräftigte Außenminister Peter Szijjarto Ende Mai erneut die Ablehnung des Niederländers: Rutte hatte 2021 die rechtspopulistische Regierung in Budapest wegen ihrer homophoben Kampagnen heftig kritisiert.

Doch nach den Europawahlen werden die Karten in Brüssel neu gemischt: Beim anstehenden Geschacher um die EU-Spitzenjobs könnte Johannis mit dem Pfund seiner NATO-Kandidatur wuchern. Einerseits gilt er als einer von mehreren christdemokratischen Alternativkandidaten für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten im Fall eines Scheiterns der derzeitigen Amtsinhaberin Ursula von Leyen. Andererseits vermutet das „politico.eu“-Portal, dass Johannis sich im Gegenzug für einen späten Rückzug seiner NATO-Kandidatur auch mit dem neuen Amt eines EU-Verteidigungskommissars bescheiden könnte.

Nachfolger für den Präsidenten

Während es den derzeitigen Bewohner von Rumäniens Präsidentenpalast nach Brüssel drängt, könnte sein Nachfolger ausgerechnet von der NATO kommen. Vor den von November auf September vorgezogenen Präsidentenwahlen liegt Rumäniens stellvertretender NATO-Generalsekretär Mircea Geoana in den Umfragen vorn: Der frühere Chef der sozialdemokratischen PSD, der 2015 aus ihr ausgeschlossen worden war und als unabhängiger Mitte-links-Kandidat in den Stimmenstreit zieht, dürfte laut den Prognosen die erste Wahlrunde gewinnen – und in der Stichwahl jeden potenziellen Konkurrenten klar schlagen.

Dem nahenden Abschied des deutschstämmigen Johannis von Rumäniens Politparkett könnte bald die Bukarester Premiere eines Politikerimports aus Deutschland folgen: Nach den herben Verlusten der Reformpartei URS bei der Europa- und Kommunalwahl hat deren abgetretener Vorsitzender Catalin Drula den in Lörrach geborenen Dominic Fritz als seinen Nachfolger vorgeschlagen. Der frühere Grüne und einstige Kabinettschef von Ex-Präsident Horst Köhler hat am Sonntag die Oberbürgermeisterwahl in Rumäniens drittgrößter Stadt Timisoara klar gewonnen – zum zweiten Mal nach 2020.