Spanien: Premier Sanchez fliegt ins Unwetter

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Der private Besuch des spanischen Regierungschefs Sanchez bei einem Rockkonzert an der Mittelmeerküste wird zum Politikum. Er hatte zur Anreise seinen Dienstjet benutzt. Der Ruf nach Neuwahlen wird lauter.

Von unserem Korrespondenten Heinz Krieger

Als Pedro Sanchez in Castellón an der Mittelmeerküste aus dem Regierungsflugzeug stieg, warteten die Killer schon. „The Killers“ aus Las Vegas gaben auf dem Internationalen Festival FIB im Nachbarort Benicassim am Abend ein Konzert. Sanchez wollte die Band hören, die schon bei Präsident Barack Obama im Weißen Haus aufspielen durfte. Als Privatmann, nicht als Regierungschef, wie seine offizielle und gut gefüllte Agenda für den vergangenen Freitag auswies.

Weder Besuch der Stadtverwaltung von Benicassim noch Teilnahme an einer Kulturveranstaltung standen auf dem inzwischen veröffentlichten Dienstprogramm des Premiers, wenn sich die Regierungssprecherin hernach auch bemühte, die Reise des „Presidente“ als Dienstfahrt dazustellen. Immerhin habe er auch eine Unterredung mit dem Ministerpräsidenten des Landes Valencia, Ximo Puig, geführt. Dessen offizieller Antrittsbesuch beim erst seit Anfang Juni regierenden Premier Sanchez ist allerdings für September in Madrid terminiert.

Die Opposition hält dagegen, verlangt Offenlegung, ob Sanchez die Kosten für den Regierungsflieger selber übernehmen wird. Schriftliche Anfragen wurden im Parlament eingebracht.

Bröckelnde Wahlallianz

In den Medien wurden sarkastische Kommentare veröffentlicht. Wenn der Premier „den brennenden Wunsch“ habe, endlich Bürgermeister und Ratsmitglieder des 18.000 Einwohner zählenden Badeortes zu treffen, dann sei das eine Dienstreise der Klasse eins, hieß es im regierungskritischen Radiosender COPE.

Sanchez ist bekanntermaßen ein Fan von „The Killers“, hat schon früher deren Konzerte besucht, als er noch nicht, über einen Misstrauensantrag gegen Mariano Rajoy, in den Regierungssitz La Moncloa eingezogen war – durch die Hintertür, wie die Opposition zu sagen pflegt. Die setzt Sanchez jetzt wegen seiner widersprüchlichen Äußerungen zum nächsten Wahltermin zu. Sanchez gab an, er wolle die Konservativen aus der Regierung vertreiben, ihm gehe es nicht um eigene Macht und Privilegien. Er werde „so bald wie möglich“ Neuwahlen ausrufen. Der spanische Premier hat das Recht dazu.

Inzwischen genießt Sanchez aber sein Amt, seine Dienstwohnung, Dienstwagen und Dienstflieger. Jetzt will er bis zum Auslaufen der Legislaturperiode im Dezember 2020 im Amt bleiben. Das lässt seine Wahlallianz vom Juni bröckeln. Er mache es den Verbündeten „sehr schwer“, ist von der linken Podemos zu hören.

Premier Zapatero flog auch gern

Und die katalanischen Separatisten um Puigdemont erklären in aller Offenheit, die Regierung Sanchez werde nur dann „stabil bleiben“, wenn er den Katalanen Zugeständnisse mache, mit ihnen auf Augenhöhe verhandele, um das Selbstbestimmungsrecht der Region festzuschreiben. Die Puigdemont-Partei hat erst am Wochenende ihre Führung in Barcelona ausgewechselt und bekräftigt, dass die Unabhängigkeitserklärung vom 25. Oktober weitergelte, wenn sie auch „nicht sofort“ umgesetzt werden solle. Rajoys PP und die liberale Partei Ciudadanos gehen davon aus, Sanchez wolle seinen Amtsbonus nutzen, um den Wahlkampf vorzubereiten und die Wahl ansetzen, wenn seine PSOE in den Umfragen gut dasteht.

Sanchez’ Vorgänger Rajoy hatte in seiner Freizeit keine Verwendung für eines der Dienstflugzeuge – drei Falcon-Jets und zwei Airbus 310 – der Regierung. Der Mann aus Galicien radelte auf seinem Rennrad und strampelte sich dabei den politischen Ärger von der Seele. Sein Vorgänger, José Luis Zapatero (von der PSOE wie Sanchez) nutzte dagegen die Fluggeräte auch gern privat. So schickte er seine Töchter mit dem Regierungs-Airbus zum Sprachkurs nach England. Für einen Kanarenurlaub brauchte Zapatero beide Airbusse: Einen für die Familie und den zweiten fürs Personal, neben anderen auch 16 Chefs und Hilfsköche.