Die luxemburgischen Parteien und die Regierung gehen sehr unterschiedlich mit X um. Während einige die Plattform weiterhin nutzen, um Debatten mitzugestalten, haben andere sich zurückgezogen, weil sie den Einfluss von Elon Musk und die Algorithmen als problematisch ansehen. Besonders linke Parteien haben bisher reagiert und setzen auf alternative Plattformen, meist das an das alte Twitter erinnernde Bluesky.
Als Erste hatte „déi Lénk“ reagiert: „Unsere Instanzen haben Anfang des Jahres beschlossen, nicht weiter auf X zu kommunizieren“, so die Partei auf die Tageblatt-Fragen. Vor rund einem Monat war sie auch die wohl erste Luxemburger Partei, die ein Konto auf der Plattform Bluesky eröffnet hat. Der X-Account der Partei „ist zurzeit noch öffentlich auffindbar und dient in einer Übergangszeit dazu, auf unser Bluesky-Profil zu verweisen“.
Die Sicht der Regierung
Keine Absicht, die Plattform X zu verlassen, hat man derzeit im Staatsministerium. „Sozialmedien allgemein haben sich zu einem weiteren und wichtigen Kommunikationsmittel für Staats- und Regierungschef entwickelt, die der Premierminister auch in seiner jetzigen Funktion zu diesen Zwecken benutzt“, so das Ministerium. „X bleibt weiterhin eine weit genutzte Plattform, die es erlaubt, Aussagen oder Stellungnahmen an ein breites, internationales Publikum und auch an nationale und internationale Medien zu bringen. In der nahen Zukunft gibt es keine direkten Pläne, die Plattform zu verlassen.“
Der Premierminister ist auch präsent auf Instagram, Facebook und auf LinkedIn, hebt das Ministerium weiter hervor. Zudem bleibe er der Meinung, „dass Sozialmedien nur ein Teil einer Kommunikationsstrategie sind, und dass sie kein Ersatz sein können für traditionelle Kommunikationsmittel. Eine gut funktionierende Demokratie basiert auf einem Austausch von Ideen und Meinungen, der sich auch durch ein starkes Parlament und eine freie Presse auszeichnet“, so das Ministerium.
„Selbstverständlich hat ‚déi Lénk’ diese Entscheidung getroffen, weil X sich seit Elon Musks Übernahme in eine nicht länger tragbare Richtung entwickelt hat“, so die Partei weiter. „Es ist ein Problem für die demokratische Auseinandersetzung und den freien Meinungsaustausch, wenn der reichste Mann der Welt sich seine einflussreiche Plattform anschafft, um seine eigene politische Agenda zu pushen.“
Neben Bluesky sei man aktuell auf Facebook, TikTok und Instagram zu finden, so die Partei. Langfristig wolle man jedoch mögliche alternative Plattformen ins Auge fassen. „Wir sehen die Zukunft der sozialen Medien in dezentralisierten Plattformen, bei denen politische Diskussionen nicht von Algorithmen profitorientierter Großkonzerne geleitet sind.“

Die LSAP derweil hat die Plattform X vergangene Woche verlassen. „Wir stehen für Meinungsfreiheit ohne Wenn und Aber!“, schreibt sie. „Es gibt genügend Plattformen, auf denen man seine Meinung (weiterhin) kundtun kann; X ist hierzu überhaupt nicht nötig.“ Als „Gefahr für unsere Demokratien“ sieht die LSAP die Plattform derzeit nicht. „Der X-Eigentümer Elon Musk kann allerdings zu einer solchen werden, weshalb die LSAP auch hauptsächlich die genannte Plattform verlässt. Der Multimilliardär mischt sich in Demokratien ein, beleidigt Staatsoberhäupter und vor allem unterstützt er offen rechtsextreme Parteien – wir wollen auf keiner Plattform vertreten sein, die einer rechtsradikal zugewandten Person gehört.“
Nach dem Verlassen von X werde man Facebook, Instagram, Tiktok und LinkedIn weiter nutzen, so die Partei weiter. Gleichzeitig hat man letzte Woche auch ein Konto bei Bluesky eröffnet. Mitglieder können X selbstverständlich weiter privat nutzen, aber die Partei rät davon ab.
„Nicht den Feinden der Demokratie überlassen“
Große Sorgen um die Entwicklung auf X macht man sich auch bei „déi gréng“. „Die neuesten Einstellungen des X-Algorithmus tragen mit Sicherheit nicht zu einer Stärkung der Demokratie bei und fördern auch nicht die Meinungsfreiheit in unserer Gesellschaft“, schreiben sie. „Diskriminierende, hassschürende und rechte Inhalte werden immer stärker gefördert, während gegenteilige Inhalte vom Algorithmus unterdrückt werden.“
Im Gegensatz zu den beiden vorher genannten Parteien hat man, nach einer diesbezüglichen Diskussion im Dezember, aber entschieden, noch auf X aktiv zu bleiben. „Hauptgrund für diese Entscheidung war, dass wir diesen Raum nicht den Feinden der Demokratie überlassen wollen und es wichtig ist, auch mit den Menschen in Kontakt zu treten, die politisch anderer Meinung sind.“
Jedoch handle es sich parteiintern um eine laufende Diskussion, so „déi gréng“ weiter. Auch benutze „die Partei wie auch unsere Mandatsträger*innen die Plattform X immer weniger und haben im Zuge ihrer negativen Entwicklung auch Accounts bei anderen Plattformen, insbesondere bei Bluesky, erstellt“. Zeitgleich plädiere man auf europäischer Ebene „für weitgehendere Regulierungen dieser Plattformen und ihrer Algorithmen“.
Ziemlich ähnlich ist die Sicht der CSV. Auch sie empfindet die Entwicklungen auf X, insbesondere die „verstärkte Nutzung zur Förderung persönlicher Überzeugungen des Eigentümers“, als besorgniserregend. „Sie werfen grundlegende Fragen über die Verantwortung sozialer Netzwerke für ein faires und faktenbasiertes Debattenklima auf“, schreibt die Partei. „Meinungsfreiheit ist ein unverzichtbares Fundament der Demokratie, doch sie muss stets mit der Verantwortung einhergehen, den öffentlichen Diskurs nicht durch Desinformation oder Hetze zu gefährden.“
Nach internen Beratungen über die Entwicklungen auf Plattform X und über die allgemeine Herausforderung sozialer Medien hat man jedoch beschlossen, „unsere Präsenz auf X beizubehalten, um weiterhin die öffentliche Debatte aktiv mitzugestalten, auch wenn auf X nur ein kleiner Teil der luxemburgischen Bevölkerung vertreten ist“.
Den Schwerpunkt der Kommunikation setze man jedoch auf Facebook, Instagram und neuerdings auch TikTok. „Die Entscheidung, auf X zu bleiben, basiert auf der Überzeugung, dass wir den Raum des öffentlichen Diskurses nicht kampflos aufgeben dürfen. Dennoch evaluieren wir laufend, welche Plattformen unsere Werte am besten repräsentieren und erreichen.“
Meinungsfreiheit sei ein fundamentales Recht jedes Einzelnen, hebt die DP hervor. Dabei nennt sie es „besorgniserregend“, wenn Einzelpersonen eine mediale Machtposition entwickeln und versuchen, die Politik durch finanzielle Mittel zu beeinflussen. „Soziale Medien spielen eine essenzielle Rolle im öffentlichen Diskurs“. So die Partei. „Wenn wir nicht möchten, dass Staaten wie Russland oder China unsere Politik beeinflussen, können wir ebenso wenig akzeptieren, dass milliardenschwere Einzelpersonen aus den USA versuchen, die europäische Politik zu steuern.“
„Viele unserer Politiker haben X verlassen oder sind dort nicht mehr aktiv“, schreibt die DP weiter. Die Partei bleibt jedoch weiterhin auf X präsent, um mögliche Falschinformationen richtigzustellen. „Darüber hinaus nutzen wir Facebook, Instagram und TikTok. Seit Dienstag letzter Woche sind wir auch auf BlueSky aktiv!“ Man habe beschlossen, die dortigen Aktivitäten auf Bluesky zu intensivieren. Yuriko Backes ist bisher auch die einzige/erste Luxemburger Ministerin auf Bluesky.
ADR nicht besorgt – im Gegenteil
Bei der ADR sieht man die ganze Entwicklung mit anderen Augen. Man ist nicht besorgt, ganz im Gegenteil: „X ist eine der größten Plattformen der sozialen Medien“, hebt die Partei gegenüber dem Tageblatt hervor. „Seit Elon Musk sie übernommen hat, ist die Zensur von Beiträgen dramatisch gefallen. Durch die Einführung der ‚Community Notes’ sind auch der Informationsgehalt und die politische Neutralität gestiegen, weil die Konsumenten sowohl den Inhalt des Posts als auch die Reaktionen der Community sehen und somit selbst entscheiden können.“
Als Partei hat man jedoch kein Konto auf X. „Abgeordnete und Parteimitglieder benutzen die Plattform, um sich unabhängig zu informieren oder zu kommentieren. Die Hauptseite der ADR ist allerdings auf Facebook.“ Man habe auch keine Pläne, daran etwas zu ändern.
Interne Beratungen zu dem Thema habe es bei der Partei ebenfalls nicht gegeben: „Wie gesagt, die Frage stellt sich nicht. Wir sind froh, dass X existiert und mehr Pluralität in den sozialen Medien bringt.“
Noch nicht so richtig mit dem Thema auseinandergesetzt hat man sich derweil bei den Piraten. Konkrete Beratungen zum Thema X habe es bisher noch nicht gegeben, so die Partei auf Tageblatt-Nachfrage. Kurzfristig soll das von der Parteileitung aber gemacht werden.
Ganz im Allgemeinen sehe man Plattformen, auf denen ein Austausch stattfindet, als Mittel der Meinungsfreiheit, so die Partei. „Wenn dann aber eine Kontrolle beginnt, wo Algorithmen übernehmen und Meinungen aufzwingen und zensieren, dann sehen wir das definitiv als Gefahr für die Meinungsfreiheit und demnach auch für die Demokratie.“
„Aktuell besteht das Konto der Partei bei X noch. Es wird aber eher für allgemeine Kommunikation benutzt.“ Daneben nutze man Facebook, Instagram, und TikTok. Den Fokus wolle man in Zukunft prioritär auf Instagram und TikTok legen.
Das Factchecking und die Parteien
Zudem wollte das Tageblatt von den Parteien wissen, wie sie zu der Entscheidung von Meta stehen, das Factchecking auf seinen Plattformen einzustellen. Die diesbezüglichen Einschätzungen gehen erneut weit auseinander:
Die DP kritisiert die Entscheidung deutlich. „Die Meinungsfreiheit ist für die Demokratische Partei ein Grundsatz, den wir mit Überzeugung verteidigen und bewahren“, schreibt sie. Die Partei sieht Factchecking als wichtiges Instrument gegen Desinformation und zur Korrektur falscher Darstellungen in sozialen Medien.
Ähnlich sieht es die LSAP: „Diese Entwicklung bereitet uns Sorgen. Jedoch muss man anerkennen, dass jene Faktenchecks nie zur vollsten Zufriedenheit durchgeführt werden konnten. Wir hoffen, dass die META-Plattformen nicht zu einer ‚faktenfreien’ Welt werden, sondern mögliche Alternativen zum bisherigen Faktencheck entwickelt werden.“
„déi gréng“ äußern starke Bedenken. „Man bekommt stark den Eindruck, dass auch hier die Meinungsfreiheit als Deckmantel benutzt wird, um diese tiefgreifenden Änderungen zu legitimieren, um sich gut mit der neuen US-Regierung zu halten und so letztlich den eigenen finanziellen Profit zu sichern.“ Sie fordern verstärkte Regulierung der Plattformen zum Schutz demokratischer Prinzipien.
Auch „déi Lénk“ findet die Entwicklung bei Meta „höchst besorgniserregend“. Es werde jedoch dauern, bis das angekündigte Ende des Factchecking auch in Europa ankommt, schreibt sie. „Wir werden die Entwicklung selbstverständlich im Auge behalten. Es ist noch zu früh, jetzt zu sagen, ob wir unsere Accounts auf den jeweiligen Plattformen schließen werden.“
Nicht mit der Fragestellung einverstanden ist derweil die ADR. „Das ist so nicht richtig“, schreibt sie auf die betreffende Tageblatt-Frage. „Mark Zuckerberg will das sogenannte Factchecking durch ‚Community Notes’ ersetzen. ‚Community Notes’ erlauben es, einem Kommentar eine Gegenmeinung der Community gegenüberzustellen, und damit hat der Konsument die Freiheit, selbst zu urteilen. Eine Meinung wird also nicht mehr zensiert, sondern erfährt eine Gegendarstellung. Der Chef von Meta hat darauf hingewiesen, dass er die Erfahrung gemacht hat, dass die Factchecking-Organisationen politisch links waren und in einseitiger Weise Zensur betrieben haben.“
Damit nicht einverstanden ist wiederum die CSV: „Die Entscheidung von Meta, weniger in Factchecking zu investieren, ist äußerst besorgniserregend, da sie die Gefahr birgt, dass Desinformation leichter Verbreitung findet. Zwar gibt es bislang keine Hinweise darauf, dass diese Maßnahme auch in Europa umgesetzt werden soll, doch der Umgang mit Desinformation bleibt eine zentrale Herausforderung, die nicht unterschätzt werden darf.“
In der Europäischen Union bietet der Digital Services Act (DSV) jedoch eine solide Grundlage, um Plattformen stärker in die Verantwortung zu nehmen, unterstreicht die Partei. „Der DSA verpflichtet digitale Dienste, gezielte Maßnahmen gegen die Verbreitung von Desinformation zu ergreifen und Transparenz in ihren Algorithmen zu gewährleisten. Diese Gesetzgebung ist ein wichtiger Schritt, um die demokratischen Werte in Europa zu schützen und das Vertrauen in den öffentlichen Diskurs zu stärken.“
Eine eher abwartende Haltung nehmen derweil die Piraten ein. Wenn ein Tool wie das Factchecking dazu beiträgt, die Anzahl an verbreiteten falschen Informationen zu reduzieren, und nicht irgendwie ein Mechanismus für Zensur sei (und so die Meinungsfreiheit einschränke), sei man als Partei ganz dafür. Ehe man als Partei eine Bewertung für diese Aktion abgeben werde, wolle man die neuen ‚Community Notes’ abwarten, die laut Meta ja eher zu mehr Meinungsfreiheit beitragen sollen.

Ich bin schon seit Jahren auf Twitter und früher für sachliche Kommentare häufig angepöbelt worden - seit Musk die Plattform übernommen hat, passiert das nicht mehr. Jeder möge selbst seine Schlussfolgerungen daraus ziehen.
Trump scheint sich gerade in TikTok zu verlieben! Was wohl Elon davon hält?😜🤔🫢😱🤐
Die sozialen Medien, egal wie sie heißen können die Beschränktheit und Dummheit vieler Nutzer nicht heilen!