Am Sonntag versammelten sich zahlreiche Besucherinnen und Besucher zum „Expat Day“ in den Höfen der Abtei Neumünster, um sich mit Luxemburger Vereinigungen und Kulturakteuren auszutauschen – und nebenbei Einkaufsbons zu ergattern oder Internet- und Fernsehabonnements abzuschließen. Der Begriff „Expat“ leitet sich vom lateinischen expatriatus ab und bezeichnet Menschen, die ihr Heimatland verlassen, um vor allem aus beruflichen Gründen in einem anderen Land zu leben. Das Tageblatt hat sich unter die Anwesenden gemischt und erfahren, wie es sich in Luxemburg als Expat lebt.

Romain und Audrey sind frisch gebackene Eltern und erst seit kurzem im Land. „Mitte Juli sind wir hier angekommen“, erzählt Romain, der als Wirtschaftswissenschaftler beim „European Stability Mechanism“ auf dem Kirchberg arbeitet. Beide stammen aus Belgien, lebten jedoch zuvor vier Jahre in Amsterdam. Mit dem Ende von Audreys Arbeitsvertrag in den Niederlanden im September ist die junge Mutter nun in Luxemburg auf Jobsuche. „Ich habe einen Bekannten hier, mit dem ich in Belgien studiert habe“, erzählt Romain. Audrey ergänzt: „Wir haben schon gehört, dass es nicht einfach ist, mit den Anwohnern in Kontakt zu kommen – das werden wir bald herausfinden.“
Generell sei es laut Romain für Expats überall schwierig, Zugang zur lokalen Gemeinschaft zu finden. „Das ist schade, aber auch nachvollziehbar“, meint der junge Vater. „Die Einwohner bewegen sich in ihrem gewohnten Umfeld und suchen nicht unbedingt neue Kontakte, während Expats beim Ankommen meist aktiv nach neuen Bekanntschaften Ausschau halten.“ Für das junge Paar sind Veranstaltungen wie der „Expat Day“ eine gute Gelegenheit, etwas mit den Kindern zu unternehmen und gleichzeitig das Land und ihre Bewohner besser kennenzulernen.
Kein Zurück mehr

Sahil Goel und Raju Sati stammen ursprünglich aus Indien und engagieren sich bei der „Indian Association Luxembourg“ (IAL). „Ich lebe seit acht Jahren hier“, erzählt Sahil, Präsident der IAL. „Ich habe in Luxemburg meinen Master in Betriebswirtschaftslehre abgeschlossen und arbeite seither im Land.“
Ich wurde mit offenen Armen empfangen und plane keine Rückkehr nach Indien
Vizepräsident Raju lebt sogar schon seit 32 Jahren in Luxemburg und führt ein indisches Restaurant in Gasperich. „Ich wurde mit offenen Armen empfangen und plane keine Rückkehr nach Indien“, sagt er. Beide schätzen die Mehrsprachigkeit des Landes sehr: „In Indien fiel es mir schwer, neue Sprachen zu lernen“, räumt Sahil ein. „Dass ich mich hier auf Englisch verständigen kann, hilft mir enorm.“
Kennenlernen im Hundepark

Die drei Kolleginnen Iuliana, Lauren und Kerry besuchten die Veranstaltung in der Hoffnung, neue Leute kennenzulernen. Lauren lebt bereits seit 17 Jahren in Luxemburg, Iuliana seit zwölf und Kerry seit eineinhalb Jahren. „Ich kam aus den Vereinigten Staaten wegen der Arbeit und des Lifestyles nach Luxemburg“, erzählt Lauren, die als Anwältin arbeitet. „Die Work-Life-Balance wird hier großgeschrieben – ganz im Gegensatz zu Städten wie New York, wo Überstunden und ständiger Druck an der Tagesordnung sind.“ Auch ihre Kolleginnen sind Juristinnen: Kerry stammt ebenfalls aus den USA, Iuliana aus Rumänien. Beide zog es – wie Lauren – beruflich nach Luxemburg.
Manchmal weiß ich nicht einmal, welche Nationalität mein Gegenüber hat, weil hier so viele Menschen mehrere Sprachen sprechen – das ist schon spannend
Die drei Frauen wohnen in Luxemburg-Stadt und Umgebung und verbringen ihre Freizeit oft in den Parks der Hauptstadt. „Am Anfang wusste ich nicht so recht, mit wem ich ins Gespräch kommen konnte“, erinnert sich Lauren. Deshalb habe sie sich verschiedenen Expat-Gruppen angeschlossen – über diese habe sie schließlich auch Luxemburger kennengelernt. Heute sei der Austausch für sie selbstverständlich und Teil ihres Alltags. Auch ihre Kolleginnen fühlen sich in Luxemburg gut integriert. „Manchmal weiß ich nicht einmal, welche Nationalität mein Gegenüber hat, weil hier so viele Menschen mehrere Sprachen sprechen – das ist schon spannend“, sagt Kerry. Rumänin Iuliana hat ihre eigene Methode, um mit den „Locals“ ins Gespräch zu kommen: „Ich habe mehrere Hunde, im Hundepark tauscht man sich automatisch aus.“
Vorurteile als Hindernis

Elena Vasilica und Alexandru Dan vertreten das „Romania Luxemburg Business Forum“ (RomLux) – beide sind aus unterschiedlichen Gründen in Luxemburg. Für Elena stand die bessere Bildung ihrer Kinder im Vordergrund, während Alexandru aus beruflichen Gründen ins Großherzogtum kam. Sie bietet Workshops in der Finanzbranche an, er arbeitet als Spezialist für künstliche Intelligenz und war zuvor für die Europäische Kommission tätig. In Luxemburg fühlen sich beide gut aufgenommen.
„Als Rumänen sind wir nicht überall willkommen, es gibt viele Vorurteile“, sagt Alexandru. „Ich habe zuvor unter anderem in Spanien, Portugal und Deutschland gelebt, dort war es sehr schwer, mit der lokalen Gemeinschaft in Kontakt zu kommen – hier ist das anders.“ Auch Alexandru betont, wie sehr die Mehrsprachigkeit seinen Alltag erleichtert.
Für viele Expats ist Luxemburg eine von mehreren Zwischenstationen, um sich beruflich weiterzubilden, und gelegentlich – wie das Beispiel von Raju zeigt – den Rest des Lebens hier zu verbringen. Das verbreitete Vorurteil, Luxemburger seien schwer zugänglich, bestätigte sich bei den befragten Expats nicht – doch ihre Eindrücke bleiben eine Momentaufnahme. Sie stammen von einer gezielten Veranstaltung und aus einer Stadt, die ohnehin international geprägt ist.
De Maart

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