Lange klirrten in Sloweniens Wahlnacht noch die Gläser. Alkohol trinkt die künftige Landesmutter Natasa Pirc Musar zwar nicht. Aber dennoch überraschte sie die Gäste der ausgelassenen Wahlparty auf ihrem zur „Russischen Datscha“ erklärten Landsitz in Zgornje Gameljne mit einem eigens für sie gebrauten „Präsidentenbier“: Auf dem Etikett prangte das lächelnde Antlitz der ersten Frau, der in Slowenien die Wahl zur Staatschefin geglückt ist.
Als erste hatte die parteilose Anwältin im Juni ihre Kandidatur für das Präsidentenamt erklärt. Und als erste hat die als unabhängige Kandidatin ins Rennen gegangene 54-Jährige mit knapp 54 Prozent der Stimmen in der Stichwahl das Ziel ihres fast fünfmonatigen Wahlkampfmarathons erreicht.
Die Juristin war TV-Moderatorin, Datenschutzbeauftragte und Präsidentin des Roten Kreuzes in Slowenien. Sie hat in Wien promoviert, bei CNN hospitiert und als Anwältin auch schon so prominente Mandanten wie die in Slowenien geborene Melania Trump vertreten. Am liebsten kurvt die begeisterte Motorradfahrerin auf ihrer Kawasaki durch ihr bergiges Land. Für Schlagzeilen im Familienpark sorgte zuletzt aber vor allem der Rolls-Royce-Oldtimer ihres Mannes Ales: Ihre Familie habe ihr gänzlich in Slowenien versteuertes Vermögen „durch eigene Arbeit und legal erworben“, verwahrte sie sich im Wahlkampf gegen den Vorwurf, dass ihr Mann Geld in Steueroasen investiere.
Mehrmals hat die frühere Handballspielerin bereits den Titel der slowenischen Bowlingmeisterin errungen. Essen sei ihr „Laster“, bekennt die leidenschaftliche Sammlerin von Eulenfiguren. Dennoch hat die Liebhaberin der legendären „Bleder Cremeschnitten“ im Wahlhürdenlauf nach eigenem Bekenntnis 16 Kilogramm abgespeckt. Doch nicht nur ihre vielfältige Berufskarriere und ungewöhnlichen Hobbys zeichnen Sloweniens erste Präsidentin aus: Mit der politischen Seiteneinsteigerin wird eine eigenwillige Einmischerin in den Präsidentenpalast einziehen.
Mögliches Umdenken im rechten Lager
Seine Frau werde als Präsidentin so sein „wie immer – herzlich und energisch“, orakelt ihr Ehegatte: „Und wenn es in Slowenien zu Ungerechtigkeiten kommt, wird sie definitiv nicht schweigen!“ Tatsächlich will Pirc Musar nach der zehnjährigen Amtszeit von „Instagram-Präsident“ Borut Pahor ihr Amt mit mehr Inhalten füllen, Missstände benennen und gesellschaftliche Debatten anstoßen. „Ich werde mein Bestes tun, um wirklich die Präsidentin aller zu sein, um für Menschenrechte, Verfassungsrechte und die Demokratie zu kämpfen“, gelobte sie in der Wahlnacht: Frauen würden wissen, „wie man anders denkt, wie man viele Dinge ruhiger und mit einer größeren Dialogkultur angeht“.
Trotz seiner Niederlage wirkte auch ihr rechter Gegenkandidat Anze Logar (SDS) in der Wahlnacht keineswegs zerknirscht. Mit rund 46 Prozent der Stimmen ist dem 46-jährigen Ex-Außenminister das beste Ergebnis eines Präsidentschaftskandidaten der Rechten seit der Unabhängigkeit 1991 geglückt. Mit seinem betont dialogbereiten und toleranten Ton hob er sich im Stimmenstreit angenehm von dem ebenso umstrittenen wie polarisierenden SDS-Chef Janez Jansa ab, der für viele Slowenen ein rotes Tuch ist.
In Ljubljana werden selbst bereits Spekulationen laut, dass das Ergebnis von Logar zu einem Umdenken, Kurs- oder Machtwechsel der unter Orban-Freund Jansa zu einer rechtspopulistischen Sektenpartei verkümmerten SDS führen könne. Das Abschneiden von Logar werde in der SDS zumindest „ein Nachdenken auslösen“, glaubt der frühere Innenminister Gregor Virant.
De Maart
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