Sonntag26. Oktober 2025

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Schnüffelprofis auf Mission„sichhënn.lu“ hilft mit Spürhunden bei der Suche nach vermissten Tieren

Schnüffelprofis auf Mission / „sichhënn.lu“ hilft mit Spürhunden bei der Suche nach vermissten Tieren
Immer der Nase nach: Jil und Tanja folgen der Spurhündin Sally Foto: Editpress/Miguel Moutinho

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Sie suchen verschwundene Hunde, Katzen – ab und zu auch Menschen: Das Team von „sichhënn.lu“ trainiert mit Spürhunden für Einsätze, die teilweise gefährlich sind und viel Ausdauer verlangen.

Es ist Samstagnachmittag. Vor einem Waldstück stehen mehrere Autos. Die Kofferräume sind weit geöffnet und in jedem davon sitzt mindestens ein Hund. Die Vierbeiner verbindet vor allem eins: Sie alle wurden jahrelang für die Suche nach Tieren und Menschen ausgebildet. Die Hundebesitzer packen das Material aus, das sie für die Einsätze benötigen. Nicht ohne Stolz zeigt Tanja Forette, die Gründerin des Vereins „sichhënn.lu“, auf den Ausrüstungshaufen vor ihrem Wagen: darunter Ferngläser, eine Taschenlampe, ein Akkumulator, eine mobile Solaranlage, ein Bildschirm, zwei Drohnen, Walkie-Talkies und eine Fangstange. 

Christophe zeigt seine Arbeit mit der Drohne
Christophe zeigt seine Arbeit mit der Drohne Foto: Editpress/Miguel Moutinho

Auf den ersten Blick wird bereits klar: Die Arbeit mit Spürhunden ist kein Kinderspiel. Zweieinhalb Jahre dauert allein die Ausbildung der Vierbeiner. Um sich auf ihre Einsätze vorzubereiten, trainieren Tanja und ihr Team jede Woche. Ob bei Regen oder in der Dunkelheit, sie alle wollen auf den Ernstfall vorbereitet sein. Etwa fünf- bis zehnmal pro Woche werden sie kontaktiert, weil irgendwo in Luxemburg ein Tier vermisst wird. Für das Team von „sichhënn.lu“ sind die Einsätze zeitintensiv, nervenaufreibend, manchmal gefährlich. Doch sie tun es gerne. Freiwillig. 

Wo ist Hannah?

Für unseren Besuch hat sich das Helferteam in Montur gebracht, um einen Einsatz zu simulieren. Eigentlich hätte das Tageblatt sie gerne bei einer richtigen Suchaktion begleitet, doch da wären wir nur im Weg gewesen. Zudem muss es dann schnell gehen. Und es kann gefährlich werden. Aus diesem Grund sind die Helferinnen nie alleine unterwegs: „Wir sind stundenlang unterwegs. Da fällt es niemandem auf, wenn jemand hinfällt und ohnmächtig wird.“ Auch für die Hunde sei es anstrengend. „Sie atmen wahnsinnig schnell“, sagt Carine. Tanja nickt und fügt hinzu: „Es ist, wie wenn man einen Marathon läuft.“

Für die bevorstehende Simulation wird Hannah sich mehrere hundert Meter entfernt verstecken. Sie reibt zuerst mit Abstrichtupfern in ihrer Mundhöhle, um den Hunden eine Geruchsprobe zu hinterlassen. Dann läuft sie los und verschwindet hinter einer Hütte an der Waldlichtung. Nun wird Sally für den Einsatz vorbereitet. Sally ist 13 Jahre alt und Spurhündin. Tanja hält den Abstrichtupfer vor die Hundenase und sofort beginnt die Hündin, an der Leine zu ziehen. Wir folgen ihr über den Feldweg, lassen den Wald hinter uns und marschieren eine Weile quer über eine Wiese. Vor uns liegen meterhohe Büsche. Sally scheint kaum noch zu bremsen zu sein. Sie biegt um die Ecke und findet dort Hannah, die im hohen Gras sitzt. Zur Belohnung gibt es Leberwurst aus der Tube. Es scheint so einfach zu sein, doch dahinter steckt jahrelanges Training.

Sally hat soeben Hannah im Gras entdeckt und bekommt zur Belohnung Leberwurst aus der Tube
Sally hat soeben Hannah im Gras entdeckt und bekommt zur Belohnung Leberwurst aus der Tube Foto: Miguel Moutinho/Editpress

Auch wenn der Verein vor allem bei der Suche von Tieren hilft, werden sie manchmal kontaktiert, wenn eine Person vermisst wird. Im letzten Jahr sei dies viermal geschehen. Jeder dieser Einsätze sei mit der Polizei abgesprochen, versichert Tanja. Ob bei der Suche nach Personen oder nach Tieren, das Team von „sichhënn.lu“ nimmt vor allem eine unterstützende Funktion ein. Falls sie jemanden finden, sei das natürlich ein „Jackpot“, sagt Carine. Vielmehr gehe es aber darum, dabei zu helfen, den Suchbereich eingrenzen zu können. Den Großteil der Zeit verbringt das Team von „sichhënn.lu“ damit, den Besitzern der vermissten Tiere die notwendigen Methoden für die Suche, wie die Geruchssicherung, zu erklären. Da der Verlust eines Menschen oder eines Haustiers sehr emotional sein kann, müssen die Helfer zudem oft als Seelsorge herhalten.

Viel Know-how, wenig Unterstützung

Tanja Forette, Präsidentin und Mitgründerin von „sichhënn.lu“
Tanja Forette, Präsidentin und Mitgründerin von „sichhënn.lu“ Foto: Editpress/Miguel Moutinho

Im Vergleich zur Personensuche ist das Aufspüren von Tieren komplizierter und bedarf einer anderen Vorbereitung. Ein Grund ist, dass ausgebüxte Hunde merken, wenn sie verfolgt werden. Es wäre ein Fehler hinterherzurennen und die Tiere in eine Gefahrensituation zu bringen. Sie könnten beispielsweise auf eine viel befahrene Straße getrieben werden. Eine weitere Herausforderung sei die Geruchssicherung, sagt Tanja. „Meistens gibt es noch ein zweites Haustier. Wenn ich jetzt sage: ‚Gib mir etwas, das nur nach dem einen Tier riecht‘ – das gibt es nicht. Dein Geruch ist auch da dran. Wir arbeiten also immer mit kontaminiertem Geruch.“ Die beste Geruchsquelle sei in der Regel Kot, sagt Tanja und lacht. Sie erzählt, wie ihr Dackel einmal anhand von Kotspuren eine Schildkröte im Komposthaufen aufgespürt habe. 

„Wir haben schon alles gesucht“, sagt Carine. Ob Hunde, Katzen, Kühe, Wildschweine oder Schildkröten, „dem Hund ist das egal, ihm wird gesagt: Riech das, such das.“ Doch Tanja und ihr Team sind durch die hohe Nachfrage zunehmend auf Unterstützung von außen angewiesen.

 „Sichhënn.lu“ wurde 2017 gegründet und das Einsatzteam zählt heute elf Mitglieder und 14 Hunde. Ende August verfasste der Verein eine Pressemitteilung, die als Weckruf für die Politik gelten sollte. Denn wie viele ehrenamtliche Assoziationen bräuchte auch „sichhënn.lu“ mehr institutionelle Unterstützung. „Derzeit finanziert sich der Verein fast nur aus privaten Mitteln“, sagt Tanja, doch das benötigte Material, etwa Drohnen oder Lebendfallen, sei alles andere als günstig.

Der Spürhund von Jil hat nicht nur den Fotografen gewittert
Der Spürhund von Jil hat nicht nur den Fotografen gewittert Foto: Editpress/Miguel Moutinho