24. November 2025 - 21.10 Uhr
BosnienSerbenführer Dodik kann sich über mühsamen Wahltriumph seines Strohmanns Karan kaum freuen
Ausgelassene Siegesfeiern sehen anders aus. Ernst und mit verkniffenen Lippen verkündete Bosniens angefressener Serbenführer Milorad Dodik am späten Sonntagabend den mit 50,3 Prozent der Stimmen unerwartet knappen Triumph seines Strohmanns Sinisa Karan bei der außerordentlichen Präsidentschaftswahl im Teilstaat der Republika Srpska.
Die Wahlen seien „aufgezwungen“ gewesen, die Kür von Karan zu seinem Nachfolger für seine SNSD dennoch „ein großer Sieg“, verkündete der von Bosniens Justiz wegen Verfassungsverstößen aus dem Amt gezwungene Ex-Präsident grimmig: „Nun habt ihr zwei Dodiks, die ihr täglich sehen werdet.“
Tatsächlich dürfte sich mit Karans Amtsantritt die Macht in Banja Luka vom Präsidentenpalast zu dem von Dodik bereits seit 1996 gehaltenen SNSD-Vorsitz verlagern, sich aber zunächst im Teilstaat nur wenig ändern. Auf seinem neuen Posten wird Karan ohnehin nur bis zum Ende der Legislaturperiode im nächsten Herbst amtieren. Wo Dodik ist, bleibt vorläufig weiter die Macht: Wegen des gegen ihn verhängten sechsjährigen Ämterverbots will der 66-jährige Strippenzieher die Geschicke im Teilstaat nun eben vom Rücksitz steuern.
Doch nicht nur der unerwartet karge Vorsprung seines Statthalters von nur etwas mehr als 8.000 Stimmen auf den Oppositionskandidaten Branko Blanusa (SDS), der nach Auszählung von 98,2 Prozent der Stimmen bei 48,3 Prozent notierte, ist für Dodik eine schlechte Botschaft. Auch die gegenüber 2022 von 53 auf 35 Prozent gesackte Wahlbeteiligung zeugt ein Jahr vor Bosniens Parlaments-, Teilstaats- und Präsidentschaftswahlen von seinem zunehmenden Popularitätsverlust. Auch viele Serben scheinen von den von Dodik geschürten Dauerspannungen in Bosniens Vielvölkerlabyrinth zunehmend genug zu haben.
Schlechte Aussichten
Freudloser Wahlgewinner, hoffnungsfrohe Verlierer. Trotz des beklagten „Stimmenklaus“ durch die SNSD und der beantragten Wahlwiederholung in drei Stimmbezirken wegen mutmaßlicher Manipulationen fühlt sich die zersplitterte und oft zerstrittene Opposition vor den „Superwahlen“ im kommenden Herbst gestärkt. Das Resultat von Blagusa sei für die Opposition eine „fantastische Überraschung“, die die zu erwartende „Wahldynamik“ völlig geändert habe, sprach die Analystin Tanja Topic in Banja Luka in einer ersten Reaktion von „einer der unerwartetsten Wahlnächte der letzten Jahre“.

SDS-Hoffnungsträger Blanusa habe nicht nur wegen der ihn ignorierenden Staatsmedien und der gegen ihn gerichteten SNSD-„Maschinerie“, sondern auch wegen der mangelhaften Wahlkampfhilfe anderer, ihn offiziell unterstützenden Oppositionsparteien eine schlechte Ausgangslage gehabt, doch ein „ungeheures“ Ergebnis erzielt, preist ihn das unabhängige „6yka“-Portal in Banja Luka: „Seine Kandidatur war ein Volltreffer. Die Leute haben sich in seinem normalen und abgemessenen Auftreten ohne großes Gepolter wiedererkannt. Denn sie wollen eine Politik mit weniger Getöse, mehr Anstand – und ein normales Leben.“
Monatelang hatte Dodik seine Landsleute in diesem Jahr mit seiner stets hektischeren Hü-und-Hott-Politik gequält. Mal erklärte er, die Justizorgane des bosnischen Zentralstaats samt seiner verfügten Amtsenthebung nicht anzuerkennen – und forderte alle ihre serbischen Staatsdiener zum Verlassen ihrer Arbeitsplätze auf. Dann kündigte er ein Referendum gegen seine Absetzung und den Boykott der Präsidentschaftswahl an, bevor er für diese schließlich mit Karan doch noch einen Nachfolgekandidat nominierte.
Denkzettel der Wähler
Als „ernsthaften“ Wählerdenkzettel für Dodik wertet der „6yka“-Kommentator den knappen und von der Opposition noch nicht anerkannten Wahlausgang. Tatsächlich muss der starke Mann von Banja Luka trotz der Aufhebung der US-Sanktionen gegen ihn und sein Gefolge dem nächsten Wahlherbst eher mit Sorge entgegenblicken. Die wirtschaftliche Lage im Teilstaat ist miserabel, die Teilstaatskassen auch durch seine kostspieligen Lobbyanstrengungen in Washington leer geplündert – und eine baldige Konjunkturerholung nicht in Sicht.
In fast allen größeren Städten des Teilstaats hatte Dodiks Statthalterkandidat Karan schon jetzt das Nachsehen. Bei den nächsten Wahlen droht der SNSD ein noch stärkerer Gegenwind: Wegen der Vielzahl der zu vergebenden Posten dürften bei den nächsten Wahlen alle Oppositionsparteien ihre Anhänger für gemeinsam benannte Kandidaten verstärkt mobilisieren. Setzt sich der Trend der Wählerabkehr von der SNSD fort, könnte dem Dodik-Doppel spätestens im nächsten Herbst und mit einem Jahr Verspätung das Ende einer Ära drohen.
De Maart
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