Der belgische Senat, der ein zentrales Element des föderalen Parlamentssystems war, hat im Laufe der Jahre viele seiner ursprünglichen Kompetenzen eingebüßt. Zuletzt war der Senat vor allem ein Ort für Beratungen und die Vertretung der Regionen, was besonders wichtig für die deutschsprachige Gemeinschaft war, die dort als einzige auf Bundesebene einen festen Sitz hatte.
Laut der Regierungsentscheidung sollen alle verbleibenden Kompetenzen, darunter Verfassungsänderungen, Richterernennungen und politische Schlichtungsverfahren, vollständig an die Abgeordnetenkammer übergehen. Auch die Verwaltung und das Personal des Senats sollen in andere Institutionen überführt werden. Premierminister De Wever sprach von einem politischen Sparkurs, indem 50 Mandate gestrichen werden würden, was zur Entlastung des Staatshaushalts beitragen soll.
Die Umsetzung der Reform ist jedoch nicht sofort möglich: Für die endgültige Abschaffung des Senats ist eine Änderung der Verfassung erforderlich. Dafür braucht es in beiden Kammern des Parlaments eine Zweidrittelmehrheit. Die Arizona-Koalition allein verfügt nicht über diese Mehrheit und ist auf Unterstützung aus der Opposition angewiesen.
Zwar signalisierten Parteien wie Open VLD, Ecolo, Groen und PS grundsätzlich Zustimmung zur Senatsabschaffung, jedoch bestehen teilweise noch Bedenken, insbesondere bezüglich der konkreten Ausgestaltung. Die Verhandlungen mit der Opposition stehen nun bevor.
Deutschsprachige Gemeinschaft besorgt
Einige Experten werfen der Regierung vor, mit verfassungsrechtlichen „Tricks“ zu operieren, da offenbar auf eine kreative Auslegung von Artikel 195 der belgischen Verfassung gesetzt wird, um das Projekt realisieren zu können. Besagter Artikel ermöglicht eine Verfassungsänderung ohne eine formelle Revisionserklärung oder vorgezogene Wahlen.
Besonders die deutschsprachige Gemeinschaft äußerte bereits Sorgen, da der Senat bislang die einzige bundesstaatliche Institution mit garantierter deutscher Vertretung war. Auch innerhalb der Koalition gab es Unstimmigkeiten: So schlug der CD&V vor, ein neues Organ zur Vertretung der Gliedstaaten zu schaffen. Jedoch widerspricht dieser Vorschlag Bart De Wevers zentralistischer Sichtweise.
Die Abschaffung des Senats markiert einen Einschnitt in der belgischen Parlamentsgeschichte. Sollte der Verfassungsänderung zugestimmt werden, würde sie mit Beginn der nächsten Legislaturperiode, also ab 2029, in Kraft treten.
De Maart
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