Montag10. November 2025

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Ukraine-KriegSelenskyj dämpft Erwartungen an Offensive

Ukraine-Krieg / Selenskyj dämpft Erwartungen an Offensive
Ukrainische Panzer in der Gegend von Bachmut warten auf ihren Einsatz Foto: Sergej Schestak/AFP

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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dämpft die Erwartungen an eine bevorstehende Offensive gegen die russischen Besatzer.

„Wir brauchen noch ein bisschen mehr Zeit“, sagte Selenskyj in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit der BBC und weiteren europäischen Fernsehsendern. Zwar habe die Ukraine von ihren westlichen Partnern bereits genug Ausrüstung für einen erfolgreichen Gegenangriff erhalten. „Aber wir würden eine Menge Menschen verlieren. Ich glaube, das wäre inakzeptabel.“ Um unnötig hohe Verluste zu vermeiden, warte die Ukraine noch auf ein vollständiges Eintreffen der Lieferungen. Großbritannien kündigte als erstes Land an, Marschflugkörper mit einer langen Reichweite zu liefern.

Die USA, Großbritannien, Deutschland und andere Staaten versorgen die Ukraine zwar mit Flugabwehrwaffen, Panzern, Munition und anderen Militärgütern. Am Donnerstag erklärte der britische Verteidigungsminister Ben Wallace aber, sein Land liefere mehrere Langstrecken-Marschflugkörper vom Typ „Storm Shadow“. Diese haben eine Reichweite von 250 Kilometern. Bisher hatten auch die USA dies abgelehnt. Sie lieferten nur Waffen mit einer Reichweite von bis zu 150 Kilometern. Hintergrund ist die Sorge in Washington, dass die Ukraine Ziele in Russland selbst angreifen könnte. Wallace sagte nun, dass die britischen Marschflugkörper eine „angemessene Antwort“ auf die jüngste russische Eskalation seien. Russland hatte seine Raketenangriffe zuletzt wieder ausgeweitet.

Ein Experte des Royal United Services Institute in London sagte, dass die Ukraine nun russische Munitionslager treffen könne, die Russland weiter entfernt von der Front unterhält. Außerdem könnten die Marschflugkörper russische Marineschiffe im Krim-Hafen Sewastopol treffen.

In Berlin sagte ein Regierungsvertreter, dass die Lieferung von Kampfflugzeugen und Langstreckenraketen derzeit nicht im Fokus der deutschen Überlegungen stehen würden.

Die Ukraine hat nach eigenen Angaben zwar russische Kräfte in der Stadt Bachmut bereits teilweise zurückgedrängt, bereitet aber eine umfassende Offensive mit Zehntausenden Soldaten und Hunderten westlichen Panzern noch vor.

Prigoschin spricht von Erfolgen der Ukraine

Angesichts der erbitterten Kämpfe um die ostukrainische Stadt Bachmut widersprach der Chef der russischen Söldnergruppe Wagner dem ukrainischen Präsidenten. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin erklärte im Kurznachrichtendienst Telegram, die ukrainische Offensive sei bereits in vollem Gange. Das ukrainische Militär sei „leider teilweise erfolgreich“.

Prigoschin hatte bereits erklärt, in Bachmut habe die ukrainische Armee reguläre russische Streitkräfte in die Flucht geschlagen, die die Flanken der Wagner-Truppe hätten schützen sollen. Das russische Verteidigungsministerium hingegen teilte am Donnerstag mit, russische Fallschirmjäger seien in Bachmut vorgerückt. Der Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin, Dmitri Peskow, räumte aber ein, die Lage sei „sehr schwierig“.

Ein ukrainischer Kommandeur widersprach den Warnungen der Wagner-Truppe, dass ihnen die Munition ausgehen würde. Im Gegenteil habe man in den vergangenen Tagen eine intensiver werdende Bombardierung erlebt.

Die seit Monaten umkämpfte Stadt ist einer der symbolträchtigsten Schauplätze des Angriffskriegs, den Russland vor fast 15 Monaten begonnen hatte. Prigoschin, dessen Kämpfern die vollständige Einnahme der weitgehend zerstörten Stadt bisher nicht gelungen ist, hatte die Verantwortung dafür zuletzt der russischen Armeeführung unter Verteidigungsminister Sergej Schoigu zugewiesen. Diese liefere nicht genug Munition.

In russisch besetzten Gebieten sowie auf russischem Territorium waren zuletzt wiederholt Tanklager und Güterzüge mit Drohnen angegriffen worden. Einige westliche Experten haben dies als Angriffe auf Nachschublinien und Vorboten einer Offensive gedeutet. Die Regierung in Kiew äußert sich nicht dazu. Am Donnerstag wurde in der russischen Region Brjansk nahe der Ukraine nach Angaben des Gouverneurs ein Öl-Lager von einer ukrainischen Drohne beschädigt. (Reuters)

Straflager für Ex-Lehrer wegen Kritik an Putin und Ukraine-Krieg

In Russland ist ein ehemaliger Lehrer wegen Kritik an Präsident Wladimir Putin und am Krieg in der Ukraine zu fünfeinhalb Jahren Straflager verurteilt worden. Ein Militärgericht habe die Strafe gegen Nikita Tuschkanow nach einer nicht einmal zehnminütigen Verhandlung verhängt, sagte gestern seine Verlobte Alexandra Kotschanowa.
Tuschkanow hatte vergangenen Oktober Putin in Anspielung auf Hitler als „Putler“ bezeichnet. Zudem hatte er Angriffe auf ukrainische Städte als „Rache des Putinschen Faschismus“ bezeichnet. Die Nachrichtenagentur Mediazona berichtete, Tuschkanow sei 2021 aus dem Schuldienst wegen einer Mahnwache zur Unterstützung des inhaftierten Oppositionsführers Alexej Nawalny entlassen worden. Der Geheimdienst habe Tuschkanow vergangenen Dezember festgenommen.
In einem anderen Fall wurde gestern die Russin Irina Tsybanewa zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Sie hatte nach Gerichtsangaben am Grab von Putins Eltern in St. Petersburg einen beleidigenden Zettel hinterlassen. „Tod für Putin, ihr habt einen Wahnsinnigen und einen Mörder großgezogen“, hieß es auf dem Schriftstück, in dem die verstorbenen Eltern aufgefordert werden, „ihn mitzunehmen“. (Reuters)