Unternehmen und ForschungSelbstdesinfizierende Masken aus Luxemburg

Unternehmen und Forschung / Selbstdesinfizierende Masken aus Luxemburg
Einer der Wissenschaftler von MPG zeigt Wirtschaftsminister Fayot die neue Maschine zur Herstellung von Virus-abweisendem Material für Gesichtsmasken  Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Gesichtsmasken sollen vor Viren schützen. Da sich auf der Außenseite jedoch Viren ansammeln können, kann die Maske – durch unbeabsichtigte Berührung – selber zur Infektionsquelle werden. Vor allem für Personal in Krankenhäusern, das nah an Infizierte herankommt, ist das Risiko groß. Ein Start-up aus Luxemburg hat nun eine Lösung entwickelt: Masken, die sich selbst desinfizieren.

Der Kampf gegen die Pandemie wird nicht nur von staatlichen Behörden geführt. In so manchen Bereichen spielen auch Unternehmen wichtige Rollen. Dazu zählen beispielsweise das Luxemburger Werk von Dupont, wo Schutzanzüge hergestellt werden, oder das Unternehmen B Medical Systems aus Hosingen. Seit über 35 Jahren entwickelt und produziert Letzteres medizinische Kühltechnik und Kühlgeräte (etwa zum Transport oder zur Lagerung von Blut, Medikamenten und Impfstoffen).

Doch in Luxemburg gibt es mehr „hidden Champions”, was den Kampf gegen das Coronavirus anbelangt, wie Wirtschaftsminister Franz Fayot am Mittwochmorgen bei einem Besuch im Technoport in Foetz erklärte. Rund 20 Unternehmen haben bei diesem staatlichen, auf industrielle Firmen spezialisierten Firmeninkubator ihren Sitz. Eines davon ist Molecular Plasma Group (MPG).

MPG wurde im Jahr 2016 als Spin-off der Forschungszentren List (Luxemburg) und Vito (Belgien) gegründet. Die Medizin stand damals nicht im Fokus des Geschäftsplanes. Das erste Produkt war eine Maschine, die es ermöglichte, Materialien (von Kleidung bis Elektronik) mit einer wasserabweisenden Schicht auszustatten. Hierfür nutzt die Firma ein Plasma, um eine dünne Schicht organischer Moleküle mit der Oberfläche zu verbinden, was deren Eigenschaften so umprogrammiert.

Die Technologie ist vielseitig einsetzbar. Zu den Kunden der Beschichtungstechnologie zählten Firmen wie Heineken, Ariane Space und Samsonite, erläutert Marc Jacobs, Geschäftsführer und Mit-Gründer. Das Beschichtungsverfahren sei zudem umweltfreundlich, da es ohne Lösungsmittel und aggressive Chemikalien auskommt, so MPG.

Mit dem Beginn der Pandemie sei dann jedoch die Nachfrage eingebrochen, erzählt Jacobs weiter. „Wir haben aber schnell gemerkt, dass wir etwas zum Kampf gegen Covid beitragen können: mit einer Beschichtung für Schutzmaterial.“ Seit März hat MPG nun zusammen mit dem Luxemburger Forschungszentrum LIST Hunderte von Kombinationen, Prozessparametern und chemischen Verbindungen getestet, um „Lösungen mit viruzider Funktion“ zu finden, die völlig sicher für den Träger und die Patienten sind.

Marc Jacobs, Geschäftsführer von MPG
Marc Jacobs, Geschäftsführer von MPG Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Mit Erfolg: 99,9 Prozent der Viren können, laut den schließlich zurückbehaltenen Verfahren, innerhalb einiger Minuten deaktiviert werden, erklärt das Unternehmen. Die Schicht sei dabei so dünn (ein Tausendstel eines menschlichen Haars), dass sie keine negativen Folgen für das Funktionieren einer Maske habe. Zudem sei das Verfahren preisgünstig.

Von der Luxemburger Regierung wurde das Projekt „Virucidal” von Anfang an mitfinanziert. Es basiert auf der Beihilferegelung des Wirtschaftsministeriums, die industrielle Forschungs- und experimentelle Entwicklungsprojekte für die Herstellung und Entwicklung von Produkten zur Bekämpfung von Covid-19 unterstützt, erklärte Minister Fayot. Etwa 2,5 Millionen Euro habe die Forschung bisher gekostet. Rund 80 Prozent der Kosten könne der Staat übernehmen. Ein diesbezügliches Abkommen wurde am Mittwoch unterzeichnet. 

Eine neue Dynamik im Gesundheitssektor

Insgesamt will der Minister weiter Gelder in den Gesundheitsbereich investieren. „Der Gesundheitssektor war bisher vielleicht unterfinanziert“, so Fayot. „Wir wollen ihm nun einen neuen, zusätzlichen Boost geben. Wir sehen bereits eine neue Dynamik. Das ist wichtig für die wirtschaftliche Diversifizierung des Landes.“ Nächstes Jahr soll auf Belval dann ein spezialisierter Firmeninkubator für Neugründungen in diesem Bereich entstehen.

Gleichzeitig machte Fayot weiter Werbung für die staatlichen Beihilfen für Unternehmen, die in die digitale Entwicklung ihres Betriebs investieren. Dass es bereits viele Anfragen gebe, stimme ihn froh. „Es zeigt, dass Luxemburger Firmen weiter investieren und innovieren wollen.“ Man werde die Maßnahme um weitere sechs Monate verlängern.

Für MPA gilt es nun, die entwickelte Maschine wirtschaftlicher zu gestalten, damit sie für Masken-Produzenten interessant wird. Sie müsse noch 100-mal schneller und fünfmal größer werden, so Marc Jacobs. Zudem gelte es, noch ein Gerät zur Qualitätskontrolle zu entwickeln. Schließlich will man mit dem Verkauf solcher Maschinen Geld verdienen. „In Europa, wie auch in den USA, wird aktuell sehr viel in diesen Bereich investiert“, so Marc Jacobs. Die ersten Maschinen sollen nächstes Jahr an Kunden geliefert werden.

Die Firma schätzt, innerhalb der nächsten zwei Jahre die Zahl ihrer Mitarbeiter etwas mehr als verdoppeln zu können. Aktuell beschäftigt sie 13 Mitarbeiter, darunter vor allem Wissenschaftler. Diese kommen aus den unterschiedlichsten Ländern, von Frankreich und Belgien bis Polen, Rumänien und Russland. 

Auch in Luxemburg sollen die spezialbeschichteten Masken nächstes Jahr, vom Unternehmen Santé Services (Hôpitaux Robert Schumann), produziert und verkauft werden. Weitere Projekte sind in der Pipeline, etwa ein Verfahren, um Wasserflaschen aus Plastik abweisend für Bakterien zu machen.