Donnerstag13. November 2025

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InterviewSchuldirektor zum Notfall-Alarm am Atert-Lycée: „Sie hat das Richtige getan“

Interview / Schuldirektor zum Notfall-Alarm am Atert-Lycée: „Sie hat das Richtige getan“
Atert-Lycée-Direktor Jeff Kohnen:  „Gerüchte gehen um, aber ich finde, das bringt unnötige Unruhe.“ Fotos: Editpress/Julien Garroy/ALR

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Der Notfallalarm im Atert-Lycée hat vergangene Woche landesweit für Aufregung gesorgt. Wie ist die Lage an der Schule jetzt? Wir haben mit dem Direktor gesprochen. 

Es war ein Schockmoment: Am vergangenen Dienstag um 8.20 Uhr läuteten im Atert-Lycée in Redingen die Alarmglocken. Nicht wegen eines Feuers – sondern wegen einer „Notfallsituation“: Eine Schülerin hatte eine verdächtige Person gesehen. Lehrer und Schüler schlossen sich in den Klassenräumen ein, die Polizei rückte an. Nach drei Stunden kam die Entwarnung.

Wie gehen die 1.419 Schüler des Lyzeums eine Woche später mit dem Geschehenen um? Und wie gut hat der Notfallplan funktioniert? Jeff Kohnen, Direktor des Atert-Lycée, gibt im Tageblatt-Interview Antwort. 

Tageblatt: Herr Kohnen, wie geht es den Schülern – und Ihnen – eine Woche nach dem Amokalarm?

Jeff Kohnen: Mir geht es gut. Und ich glaube, dass es auch unseren Schülern gut geht. Ich denke, man kann jetzt sagen: Wir sind back to normal.

Jeff Kohnen (47) ist seit 2011 Mitglied der Schulleitung und seit 2020 Direktor des Atert-Lycée. Er war seit der Eröffnung des ALR 2008 und bis 2015 als Biologielehrer an der Schule tätig. 
Jeff Kohnen (47) ist seit 2011 Mitglied der Schulleitung und seit 2020 Direktor des Atert-Lycée. Er war seit der Eröffnung des ALR 2008 und bis 2015 als Biologielehrer an der Schule tätig.  Foto: Atert-Lycée

Haben sich Schüler nach dem Alarm am Dienstag an Sie gewendet?

Eine Reihe von Schülern hat am Mittwoch und am Donnerstag die Betreuungsmöglichkeiten durch unsere Psychologen und Erzieher in Anspruch genommen. Ich glaube, es hat ihnen geholfen, das Gespräch zu suchen und das, was passiert ist, zu thematisieren. Die Lehrkräfte waren in den Tagen nach dem Vorfall aufmerksam, wenn ein unruhiges Gefühl im Klassenverband auftauchen sollte und suchten dann das Gespräch mit den Schülern. Bei dem Thema ist es glaube ich am wichtigsten, dass man darüber redet. Das hat allen geholfen.

Ihre Schüler haben den Schreckmoment also gut verkraftet?

Ich habe ein Feedback von einer Schülerin bekommen. Sie sagte: Immer, wenn die Klingel geht, dann zucke sie zusammen. Weil das Signal in der vergangenen Woche eben über die Klingel kam. Aber es gab keine Schüler, die sich längerfristig vom Unterricht abgemeldet haben. Von den Psychologen in unserem Sepas (siehe Infobox) habe ich keine Rückmeldung bekommen, dass eine größere Zahl von Schülern mit besonderen Sorgen in dieser Woche zu ihnen gekommen sind. Im Sepas arbeiten zwei Psychologen, zwei Erzieher und drei Sozialassistenten.

Wie sieht die langfristige Betreuung der Schüler aus?

Der Sepas wird an alle Schüler, die das Gespräch gesucht haben, mittelfristig noch mal herantreten. Auch an die, die das Gespräch zuvor eigentlich souverän geführt haben. Bei einigen Schülern sind noch Zweifel vorhanden. Mit ihnen wird der Sepas, wenn die erste Phase der Verarbeitung vorbei ist, noch einmal reden.

Haben Sie die Notfallprozedur vorher geübt?

Sepas

Den Dienst für schulpsychologische Beratung und Schulorientierung („Service psychosocial et d’accompagnement scolaires“ – Sepas) gibt es laut Guichet.lu in jeder weiterführenden Schule. Er untersteht der Zentralstelle für schulpsychologische Beratung und Schulorientierung und ist damit beauftragt, die Schüler auf allen Ebenen bei ihren alltäglichen oder schulischen Problemen zu unterstützen. Das Team des Sepas setzt sich aus Psychologen und als Schul- und Berufsberater fungierenden Lehrkräften zusammen, die den Schülern, Eltern und Klassenlehrern zur Verfügung stehen. 

Nein, trainiert haben wir das nicht. Wir haben vor gut einem Jahr noch einmal unsere Prozedur mit der Polizei aktualisiert. Diese ist genau auf unsere Schule zugeschnitten. Wir haben Updates gemacht, Änderungen vorgenommen, das hat vor allem die Kommunikation mit den Lehrkräften in dieser Situation betroffen.

Wie wurden die Lehrer vorbereitet?

In der Vollversammlung mit den Lehrern im vergangenen April haben wir die Prozedur noch einmal besprochen. Und wir haben den Alarm klingeln lassen. Nur für die Lehrer, damit sie das kennen. Die Schüler waren in dem Moment nicht anwesend.

Gibt es einen besonderen Amokalarm?

Für eine Amoksituation gibt es den Notfallalarm. Den können wir aber auch in anderen Situationen auslösen. Es geht um eine Situation, bei der alle in der Schule drin bleiben müssten. Es geht darum, dass man eine Notfallprozedur hat, bei der man, anders als beim Feueralarm, nicht evakuiert.

Hat das Ihrer Ansicht nach am vergangenen Dienstag gut geklappt?

Es gibt sicher noch Details, die man verbessern kann. Am Dienstag war es ja schon ein Ernstfall. Obwohl es ein Fehlalarm war, war es keine Übung. Wir haben die ein oder andere Sache entdeckt, bei der man die Prozedur noch verfeinern könnte. Aber im Allgemeinen hat das gut funktioniert.

Was hätte man informieren sollen? Solange es keine Entwarnung gibt, kann ich den Eltern ja nicht schreiben: Beruhigen Sie sich, es ist alles Ordnung.

Jeff Kohnen, Direktor Atert-Lycée

Welche Zwischenfälle gab es denn?

Es gibt immer besondere Situationen. Zum Beispiel, wenn Schüler bei einem Alarm im Schwimmbad sind. Aber wie beim Feueralarm gibt es auch da Vorkehrungen. Zum Beispiel Notdecken, die wurden auch in diesem Fall benutzt. Und es gibt auch im Schwimmbad einen Bereich, in dem man sich in Sicherheit bringen kann. Es gab auch eine Klasse, die im Festsaal war. Es ist schwierig, sich in dem großen Raum in Sicherheit zu bringen. Die Schüler sind dann mit der Lehrkraft ins angrenzende Untergeschoss gegangen. Das war etwas, was in der Prozedur nicht so abgedeckt war, weil der Saal nicht so oft genutzt wird.

Nach dem Alarm sind einige Gerüchte verteilt worden. Zum Beispiel, dass jemand festgenommen wurde. Was sagen Sie dazu? 

Es ist falsch: Niemand wurde von der Polizei festgenommen. Es gab einzelne Schüler, die sind an dem Tag nach Hause gegangen. Diese Gerüchte gehen um, aber ich finde, das bringt unnötige Unruhe. Es gab nichts konkret Verdächtiges bei irgendjemandem. Es war eine Fehleinschätzung von einer Person, die sich gemeldet hat. Und es ist natürlich gut, dass sie sich gemeldet hat. Sie hat das Richtige getan. Sie hat eine Gefahr gesehen, wir haben das eingeleitet, um alle unsere Schüler zu schützen. Glücklicherweise war es eine Fehleinschätzung. 

Polizei vor der Schule: Am vergangenen Dienstag wurde im Atert-Lycée der Notfallalarm ausgelöst. Später stellte sich heraus, dass es ein Fehlalarm war.
Polizei vor der Schule: Am vergangenen Dienstag wurde im Atert-Lycée der Notfallalarm ausgelöst. Später stellte sich heraus, dass es ein Fehlalarm war. Foto: Editpress/Julien Garroy

Die Eltern haben kritisiert, dass sie nicht schnell genug informiert wurden. 

Was hätte man informieren sollen? Solange es keine Entwarnung gibt, kann ich den Eltern ja nicht schreiben: Beruhigen Sie sich, es ist alles Ordnung. Auch wenn sich zwischendurch schon angedeutet hat, dass es keine konkrete Gefahr ist: Wir mussten warten, bis die Polizei Entwarnung gegeben hat. Ich wüsste nicht, wie die Schule anders hätte kommunizieren sollen. 

Wer hat den Alarm ausgelöst? Sie oder die Polizei?

Die Entscheidung wurde von der Schulleitung getroffen. Ich stehe als Direktor in der Verantwortung und muss in dem Fall die Schüler schützen.

JJ
24. Oktober 2024 - 12.16

Wie erkennt man eine verdächtige Person? Könnte es sein dass ab jetzt alle Personen verdächtig sind und wir alle sieben Tage einen Alarm bekommen?

Laurent
24. Oktober 2024 - 10.24

Zum Komentar "Was hätte man informieren sollen? Solange es keine Entwarnung gibt, kann ich den Eltern ja nicht schreiben: Beruhigen Sie sich, es ist alles Ordnung."
Et ass awer nëtt an der Rei dass d' Elteren et iwert d' Medien gewuer ginn.
Ech sinn der Meenung, mir hätten informeirt solle ginn, eiert d' Medien eppes schréiwen.