8. Dezember 2025 - 12.48 Uhr
„Wir sind um unser Leben gerannt“Schon wieder Wellendrama auf Teneriffa: Vier tote Touristen, ein Vermisster
„Als die Wellen kamen, sind alle nur noch um ihr Leben gelaufen.“ So beschrieb eine Urlauberin die Sekunden vor dem Unglück an der beliebten Naturbadestelle an der Westküste der spanischen Ferieninsel Teneriffa. „Die Wellen wurden plötzlich viel größer“, erzählte ein anderer Augenzeuge. „Ich sah, dass wir dort ganz schnell wegmussten. Wir hatten Todesangst“. Andere Badegäste, die das Unglück überlebten, berichteten: „Wir klammerten uns an die Felsen.“
Blauer Himmel, angenehme Temperaturen um die 25 Grad: Das sommerliche Wetter auf den Kanaren hatte am Sonntagnachmittag viele Menschen zum berühmten Naturpool unterhalb der Klippenküste Los Gigantes gelockt. Die Behörden hatten zwar vor hohen Wellen an der Küste gewarnt, die Badestelle war sogar von der Polizei mit Signalbändern abgesperrt worden. Aber auch dies konnte die Besucher nicht abschrecken, die zum Baden gekommen waren und Urlaubsfotos von der Traumbucht schießen wollten.
Doch in Sekunden wurde die von Felsen eingerahmte Badestelle zur Todesfalle: Plötzlich rollten mehrere Riesenwellen in den Naturpool und rissen die Badenden und auch Menschen am Ufer mit. Nach vorläufigen Angaben kamen mindestens vier Menschen ums Leben, eine fünfte Person wird noch vermisst – alle Toten sind vermutlich Touristen.
Regelmäßige Zwischenfälle
Drei der Toten wurden leblos aus dem Wasser geborgen, das vierte Opfer starb im Krankenhaus. Nach Angaben des spanischen Fernsehens befindet sich ein Slowake und eine Rumäne unter den Opfern. Ob auch Urlauber aus dem deutschsprachigen Raum betroffen sind, war zunächst noch unklar.
Nach dem ersten Notruf, der am Sonntagnachmittag um 16.07 Uhr einging, lief eine dramatische Rettungsaktion an: Mit Hubschraubern, Jetskis und Booten konnte der Seenotdienst etliche Badegäste aus dem Wasser ziehen. Eine Urlauberin, die gegen die Felsen geschleudert worden war, erlitt schwere Kopfverletzungen. Zahlreiche weitere Badegäste wurden leicht verletzt.
Das Naturschwimmbad unterhalb der Steilküste der Klippen Los Gigantes gehört zu den beliebtesten – und gefährlichsten – Badestellen auf Teneriffa. Umgeben von dunklem Lavagestein wirkt der Ort wie ein natürlicher Infinity-Pool. Doch bei starkem Wind können sich hier gefährliche Riesenwellen aufbauen, die über die Schutzmauer hinwegrollen und die Menschen in der Bucht in Lebensgefahr bringen. Die Unfallstelle gilt deswegen als einer der tückischsten Orte an Teneriffas westlicher Steilküste – es kommt dort regelmäßig zu schweren Zwischenfällen.
Die Polizei hatte den Zugang seit Tagen abgesperrt, nachdem die Regionalregierung vor „gefährlichen Küstenphänomenen“ gewarnt hatte. Laut Behörden waren die Absperrbänder jedoch immer wieder von rücksichtslosen Besuchern eingerissen worden. Bereits am vergangenen Freitag hatte die kanarische Regionalregierung wegen hohen Seegangs Küstenalarm ausgelöst – mit Prognosen von bis zu fünf Meter hohen Wellen. Der Notdienst 112 mahnte eindringlich: „Kein Fotografieren oder Filmen dort, wo die Wellen brechen – man kann ins Meer gezogen werden.“ Natürlich ist auch das Baden im Meer bei solchem Wellengang nicht angeraten.
Warnungen ignoriert
Die kanarischen Behörden formulieren ihre Empfehlungen unmissverständlich. So heißt es in den offiziellen Warnhinweisen: „Meiden Sie das Baden an Stränden mit roter Flagge, in Bereichen mit starkem Wellengang und Rückströmungen oder an Orten ohne Rettungsschwimmer.“ Besonders wichtig sei es zudem, sich nicht von einem scheinbar ruhigen Meer täuschen zu lassen. Wer ungewöhnlich hohe oder unregelmäßige Wellen beobachte, solle sich fernhalten.
Erst vor einem Monat hatte Teneriffa ein ähnlich schweres Unglück erlebt. Am 8. November waren drei Menschen ums Leben gekommen – darunter eine 79-jährige Urlauberin aus den Niederlanden – und 15 weitere Personen waren verletzt worden, darunter auch drei Deutsche. Damals hatten hohe Wellen Badegäste und Spaziergänger an mehreren Küstenabschnitten ins Meer gerissen, obwohl die Behörden vor schwerem Seegang gewarnt hatten. Besonders dramatisch war ein Vorfall in Puerto de la Cruz, wo eine Riesenwelle zehn Menschen von der Mole spülte.
Schon damals sprachen Rettungskräfte von vermeidbaren Tragödien und warnten: „Die Menschen müssen Warnungen und Absperrungen ernst nehmen. Eine Sekunde Unachtsamkeit reicht, und das Meer reißt einen mit.“ Das neuerliche Unglück von Los Gigantes zeigt schmerzlich, wie aktuell diese Warnung geblieben ist.
De Maart
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