LeserforumSchiefe Optik

Es zeugt von einer gewissen Ironie, dass ein Bericht des Tageblatt über Strategien vorgeblicher rechter/rechtsextremer Medien in Deutschland („Lärm von Rechtsaußen“, 6.8.2025, S. 5) zu „irreführenden Berichten“, „Trigger-Themen“, in dem Zitat der interviewten Leipziger Journalistik-Professorin gipfelt: „Je stärker die eigene politische Positionierung ist, umso stärker wird auch die Wahrnehmung verzerrt. So kommt es, dass am Ende viele Menschen dann nur noch solchen Medien folgen, die die eigene Haltung bestärken und eben nicht unterschiedliche Blickwinkel abbilden.“ Dem kann man nur zustimmen.

Doch: Nur einige Seiten weitergeblättert, findet sich die Meldung „Nazi-Symbolik in Belval … Der Aufzug und das Treppenhaus vom ‚Vëlodukt‘ wurden mit rechtsradikalen Symbolen beschmiert“ (ebendort, S. 16). Damit sind SS-Runen und ein Hakenkreuz gemeint. In dicken Lettern prangt daneben, auf dem eingefügten Farbbild gut lesbar: „A.C.A.B. ALL COPS ARE BASTARDS“. Es handelt sich dabei eine linke/linksextreme Parole, gegen die schon strafrechtlich wegen Verhetzung und Aufruf zu Gewalt (etwa vom sogenannten Schwarzen Block) vorgegangen wurde. Ein Schlagwort, das zuletzt bei diversen Auftritten der deutschen Grüne-Jugend-Chefin popularisiert worden. Über diesen „Blickwinkel“ wird kein kommentierendes Wort verloren.

Vielleicht ist die Sachlage dann doch differenzierter, als das Tageblatt suggeriert, denn als regelmäßiger Benutzer des „Vëlodukt“ weiß ich, dass zuerst dieser Schriftzug aufgesprayt wurde; danach erst die nationalsozialistischen Zeichen. Ob von den gleichen oder von rivalisierenden Taggern sei dahingestellt. Es geht hier nicht um eine Relativierung, sondern um einen Gesamtblick auf demokratiefeindliche Ausdrücke. Dass der Lift- und Treppenaufgang immer wieder als informeller Treffpunkt von Jugendlichen benutzt wird, die so gar nicht in ein rechtsextremes Spektrum passen wollen, mag dabei auch eine Rolle spielen. Dass beide Inschriften Teil einer Jugendsubkultur sein mögen und eher historische Ignoranz als politische Einstellung zeigen, sollte nicht dazu führen, sie zu verharmlosen … oder gleich einmal „den“ Rechten kommentarlos unterzuschieben.