E-Mail des Bürgermeisters
„De 14. Mäerz rabbelt et am Gemengerot do kritt dat Kallef vun De Ron a säin Alkolit Godefroit den Dix geriecht.“ (sic) Unter anderem diese Worte schrieb Marc Lies per Mail an seine Parteikollegen in Hesperingen. In dieser E-Mail, die dem Tageblatt vorliegt, reagiert der Bürgermeister auf einen Artikel, der am 21. Februar auf der Internetseite von Radio 100,7 veröffentlicht wurde. Stephen De Ron äußerte dort Bedenken bezüglich der Transparenz des Strafverfahrens gegen einen früheren Gemeindebeamten. „Den Här De Ron labert a faselt eppes wat op keng Kouhaut méi geet“, beschwerte Lies sich daraufhin in seiner E-Mail.
„Ich bin erschüttert darüber, wie Marc Lies über mich spricht. Das ist nicht in Ordnung“, sagt Stephen De Ron („déi gréng“). Der Ton in der E-Mail sei „unprofessionell, respektlos und eines öffentlichen Amtes unwürdig“. Noch schwerwiegender sei die gezielte Diffamierung. „Die Behauptung, ich hätte gegen den ‚huis-clos’ verstoßen und geheime Informationen an die Presse weitergegeben, ist eine glatte Lüge. Das ist nicht einfach nur eine falsche Anschuldigung – es ist Rufschädigung, und zwar mit Ansage.“
De Ron erwartet nun eine öffentliche Entschuldigung des Bürgermeisters. „Die Opposition stellt kritische Fragen – und plötzlich ist die Opposition das Problem. Diese Umkehr der Tatsachen ist bemerkenswert“, sagt er. Sowohl „déi gréng“ als auch die LSAP hätten ihren Job gemacht. „Die eigentliche Frage ist nicht, warum wir Fragen gestellt haben, sondern warum sie überhaupt notwendig waren.“ Dinge zu hinterfragen habe nichts mit „Skandalisierung“ zu tun, sondern gehöre zu den Aufgaben der Opposition – insbesondere, wenn Abläufe nicht transparent erscheinen.
Gewählt, um etwas zu bewirken
De Ron gehe es darum, sachlich über die Angelegenheit zu reden, und nicht „mat Bulli beschoss ze ginn“. In der politischen Debattenkultur sollte der Ball im Mittelpunkt stehen, nicht der Spieler. „Wenn es hilft, dass der Innenminister eingreift und zwischen uns vermittelt, dann wäre das sehr begrüßenswert. Aber ich denke, jeder sollte mal in sich gehen. Wir wurden gewählt, um etwas zu bewirken und nicht, um Unruhe zu stiften.“
Es sei jedoch bedenklich, dass die Opposition immer wieder negativ dargestellt werde. Das sei unter anderem beim Finanzskandal 2019 in Hesperingen und bei der letztjährigen Affäre des Hühnerköpfers der Fall gewesen. Dies sei ein Muster, das sich immer wieder wiederholen würde. „Wer in der Kritik den Feind sieht, zeigt, dass er sich selbst hinterfragen müsste. Demokratie lebt vom Widerspruch, nicht von Beleidigungen“, sagt De Ron. Wer meine, dass kritische Fragen oder eine mögliche juristische Überprüfung unerwünscht sind, zeige ein bedenkliches Demokratieverständnis. „Entscheidungen dürften und müssen hinterfragt werden – sei es auf Gemeindeebene oder national.“

„Schwierig und antidemokratisch“
„Ich war schockiert. Ich habe mir das so nicht erwartet“, gibt Mathis Godefroid (LSAP) im Gespräch mit dem Tageblatt zu. „Es ist klar, dass wir solche Frechheiten nicht akzeptieren können.“ Der Ex-Pirat, der vergangene Woche der LSAP beigetreten ist, bewertet Lies’ Umgang mit der Opposition als „schwierig“ und „antidemokratisch“. Es sei klar, dass die Mehrheit nicht mit allem einverstanden sein müsse, was die Opposition unternehme. Das Vertrauen wurde jedoch gebrochen. Die Opposition behalte sich das Recht vor, eventuell juristische Schritte zu unternehmen. „Diffamierungen und Beleidigungen im öffentlichen Raum sind strafbar in Luxemburg. Das ist Rufschädigung.“
Im November kündigte Godefroid seinen Abgang aus der Piratenpartei an und war bis Ende Februar parteilos. Dazu äußerte Lies sich ebenfalls in seiner E-Mail. „Wat ass deen, keng Ahnung oder gëtt et eng Partei déi sech profilneuros nennt??!“, schrieb er. Godefroid geht davon aus, dass Lies sich mit seiner Entscheidung, der CSV nicht beizutreten, schwertut. „Er fühlt sich vielleicht auch damit überfordert, dass er es mit einer sehr aktiven Opposition zu tun hat, und kontert dann mit persönlichen Attacken“, sagt er. Problematisch sind für Godefroid nicht nur die verbalen Angriffe, sondern auch verschiedene Behauptungen des Bürgermeisters. „Wir haben nichts aus einem ‚huis-clos’ weitergegeben“, sagt er.
Der LSAP-Politiker hofft, dass es bald zu einem persönlichen Gespräch zwischen Innenminister Léon Gloden (CSV) und der Opposition Hesperingens kommen wird. An die kommende Gemeinderatssitzung habe Godefroid keine allzu großen Erwartungen. „Wir hoffen, dass der Bürgermeister sachlich bleibt. Aber er hat in vielen Situationen gezeigt, dass er das nicht kann, dass er nicht die nötige Distanz hat, und dass er gerne schimpft und den Ton hebt. So wie er das bereits getan hat, als er seine Rede hielt, das Mikro ausschaltete und die Sitzung aufhob“, sagt er.
Trotzdem begrüßt Godefroid die Tatsache, dass in der kommenden Gemeinderatssitzung der Antrag einer Zivilklage vorgesehen ist. „Im Endeffekt haben wir das bekommen, was wir gefordert haben: nämlich, dass der Schadensersatz gefordert wird.“
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