Freitag28. November 2025

Demaart De Maart

ForumRobert Goebbels macht Schluss mit Klima-Fahrplänen nach nirgendwo

Forum / Robert Goebbels macht Schluss mit Klima-Fahrplänen nach nirgendwo
 Foto: Joshua A. Bickel/AP/dpa

Wie zu jedem Jahresende sind Politik und Medien in klimatischer Alarmbereitschaft. Es ist COP-Zeit. Die Weltklimakonferenz, meistens tagend in einem angenehmen touristischen Ambiente. Diesmal im brasilianischen Belém, gelegen am Amazonas, ein emblematisches Symbol für die Klima-Politik. 

Nicht nur Regierungsvertreter der 192 Staaten, die nach dem Austritt der USA weiterhin der „Conference of the Parties“ der UNO angehören, trafen sich in Belém. Einige 50.000 Klimaaktivisten und Lobbyisten waren angereist. Immerhin kommt man nicht mit Zug, Bus oder gar Fahrrad nach Belém. Man muss seine Flugscham überwinden und nach Rio oder São Paulo jetten. Dann weiter nach Belém.

Dafür klangen die Appelle über die Dringlichkeit der Reduzierung der Klimagase und der Finanzierung der energetischen Transition umso bewegender. Einige 60 aus aller Welt eingeflogene Staats- oder Regierungschefs bekundeten ihre apokalyptischen Visionen, machten große Versprechen. Danach schnell zurückkehrend in den Mief der nationalen Probleme.

Premierminister Luc Frieden ersparte sich zu Recht die COP-Show und überließ es Umweltminister Serge Wilmes, Luxemburgs „wichtige Rolle“ in der globalen Klimapolitik zu spielen. Die COP30 lief nach bekanntem Muster ab. Viele Aufmärsche der „Zivilgesellschaft“, verbündet mit der indigenen Bevölkerung, dienten dem guten Gewissen der Klima-Aktivisten. Derweilen feilschten die Klimadiplomaten in Hinterzimmern um Kompromisse. Ungeachtet der im Plenum lancierten feierliche Appelle. Besonders die EU-Vertreter plädierten „vorbildlich“ für einen Ausstieg aus den fossilen Energien. Die sie vornehmlich importieren. Wie Nobelpreis-Träger Steven Chu, ehemals Obamas Energie-Minister, dazu ironisch anmerkte, sei es für Länder, die weder Gas noch Öl produzieren, viel einfacher, mit hehren Prinzipien aufzuwarten.

Nach der üblichen „dramatischen“ Verlängerung der COP kam es wie gehabt zu einer neuen „Roadmap“ für die globale Energie- und Klimapolitik. Im Namen der EU zeigte Kommissar Wopke Hoekstra sich etwas unzufrieden mit dem Resultat. Das dennoch „kleine Schritte vorwärts“ beinhalte. In Wirklichkeit endete Belém wie bisher alle COP-Konferenzen mit einem „Fahrplan nach Nirgendwo“: hohle Ansichtserklärungen sowie nicht einzuhaltende Finanzierungs-Versprechen. Selbst die viel gerühmte Pariser COP25 endete im diplomatischen Grau. Das vor zehn Jahren gefeierte Ziel, die Erderwärmung gegenüber dem vorindustriellen Niveau nicht auf die ursprünglich anvisierten 2 Grad Celsius zu beschränken, sondern 1,5° anzustreben, fußt auf Semantik. Ein in letzter Minute eingebrachter Antrag der USA ersetzte im Pariser Klimaabkommen das energische „shall“ durch das softere „should“. Aus „soll“ wurde „sollte“.

Scheitern führt zu größeren Ambitionen

Es ist leider ein politisches Ritual, gescheiterte Ziele durch ambitioniertere zu ersetzen. So in Paris mit den famosen 1,5° statt der 2°. Als ob man das Weltklima wie einen Thermostat einstellen könnte. Auf allen Klimakonferenzen seit der COP15 in Kopenhagen wurde feierlich ein Fonds zur Finanzierung der Klimapolitik beschlossen. Auf der COP16 im mexikanischen Badeort Cancún kam es gar zur Einrichtung eines „grünen Klima-Fonds“. Doch die 2009 anvisierten 100 Milliarden Dollar pro Jahr wurden nie erreicht. Deshalb beschloss die COP29 in Baku eine „Verdreifachung“ der Finanzhilfen. Spätestens 2035 sollen jährlich mindestens 300 Milliarden Dollar „Klimahilfen“ an die unterentwickelten Staaten fließen. In Belém wurde diese „Verdreifachung“ bekräftigt.

Raue Wirklichkeit bleibt, dass 2024 die „Official Development Aid“ weltweit um 7% schrumpfte. Im selben Jahr stiegen die globalen Militärausgaben um 9%. Auch andere, gutgemeinte Initiativen scheitern an den politischen Realitäten. So beschloss die „International Maritime Organisation“ im April 2025, die Emissionen der internationalen Schifffahrt bis 2050 auf null zu bringen. Dazu sollte eine CO₂-Taxe auf dem Treibstoff der Schiffe erhoben werden. Zugunsten eines „Fonds für grüne Technologie und Treibstoffe“. Ein Veto der USA und einiger im Fahrwasser von Trump segelnden Staaten, etwa Argentinien, blockiert nunmehr alles.

Das wird auch das Schicksal eines der „Highlights“ von Belém sein, des neuen Fonds zum Schutz der Regenwälder. Vorgeschlagen von Präsident Lula, soll er mit 125 Milliarden Dollar dotiert werden, von denen jene Länder profitieren könnten, die ihre Wälder unter Schutz stellen. Etwa Brasilien, Indonesien oder Kongo. Die USA als größte Wirtschaftsmacht machen nicht mit. Auch sonst ist die Begeisterung der Industriestaaten nicht groß. Deshalb beruht der neue „Regenwald“-Fonds auf freiwilligen Einzahlungen. Da die Darlehen verzinst werden, hofft man auf private Investoren.

Auf den COP-Konferenzen gibt es zwei Gruppen von Staaten: die Geber und die Nehmer. Letztere überwiegen und stellen maximalistische Forderungen. Erstere sind an die Grenzen ihrer Finanzierungs-Kapazitäten gestoßen. Da die COP im Konsens entscheiden muss, verführt die unmögliche Einstimmigkeit zu möglichst verklausulierten „Beschlüssen“ ohne Bestand.

Vor der Apokalypse?

Die Klimaproblematik ist real. Selbsternannte Klimaaktivisten dekretieren, „nichts ist wichtiger als die Begrenzung des Temperaturanstiegs“. Bill Gates formuliert in seinem Aufsatz „Drei unbequeme Wahrheiten über das Klima“, der Klimawandel sei ein „ernstes Problem“, bedeute dennoch nicht „das Ende der Zivilisation“. Der Planet ist nicht in Gefahr. Er überstand schon viele Katastrophen. Wird noch Milliarden Jahre seine Bahn um die Sonne ziehen. Mit oder ohne Menschen.

Hauptproblem bleibt die weiterhin wachsende Weltbevölkerung, deren Bedürfnisse nicht durch Fleischverzicht zu befriedigen sind. Nahezu eine Milliarde Menschen haben keine dauerhafte Versorgung durch elektrische Kraft. Dabei macht gerade der Solarstrom enorme Fortschritte. Die IEA meldet für August 2025 einen Zuwachs von 20% in zwölf Monaten. Dennoch deckt die Sonnenenergie in den OECD-Staaten bloß 11,6% des Strombedarfs ab. Hauptquellen bleiben Gas, Kohle, Kernenergie, Wasserkraft. Solar und Wind rangieren erst an fünfter und sechster Stelle.

Elektrizität ist nicht alles. Weltweit werden weiterhin über 80% aller Energie-Bedürfnisse durch fossile Quellen abgedeckt. Es gelang vielen Industrie-Nationen, ihre Energie-Intensität und damit ihre Emissionen zu drosseln. Was erklärt, dass der Anteil der EU an den globalen Klimagasen von 15% um das Jahr 2000 auf nunmehr 6% zurückfiel. Doch viele aufstrebende Länder, etwa China, Indien, Indonesien, steigern weiterhin ihre Emissionen. Die EU gaukelt vor, sie werde ihre Emissionen bis 2045 auf netto null bringen. Das Weltklima wird davon nichts mitbekommen. Der steigende Stock an Klimagasen in der Atmosphäre wird selbst bei Einsparungen der Europäer zunehmen. China will die „Netto-Null“ erst  2060. Indien und Indonesien haben als Zielvorgabe 2070.

Norwegische Wissenschaftler belegten in der umfassendsten derzeit verfügbaren Studie, der globale Zuwachs an Emissionen sei bestenfalls um 2090 zu stoppen. Was im Klartext bedeutet, dass bis dahin die Konzentration der Klimagase in der Erdatmosphäre zunimmt. Mit allen möglichen Folgen des sich steigernden Treibhauseffekts auf Wetter und Klima.

Anstatt sich mit unrealistischen „Roadmaps“ zu belügen, sollte der COP-Wanderzirkus sich um Resilienz bemühen. Noch nie in ihrer Geschichte verfügte die Menschheit über so viel technologisches Wissen wie heute. Mit dem Einsatz von IT und KI, mit alternativen Energiequellen – von erneuerbaren über Kernkraft bis Wasserstoff – ist der energetische Bedarf der Menschen zu befriedigen. Technik hilft bei steigenden Wasserpegeln wie bei Wassermangel. Biotechnologien erlauben eine Verbesserung der Ernährungslage. Echte Wissenschaft wirkt. Nicht Untergangs-, sondern Erneuerungsstimmung ist vonnöten. 

Robert Goebbels ist ehemaliger LSAP-Minister und Europaabgeordneter
Robert Goebbels ist ehemaliger LSAP-Minister und Europaabgeordneter Foto: Editpress-Archiv/Didier Sylvestre