Am Montag um 14 Uhr hat im Staatsministerium die zweite der von CSV-Premierminister Luc Frieden nicht Tripartite genannten Verhandlungsrunden zwischen Regierung und Sozialpartnern begonnen. Am vergangenen Mittwoch hatten CSV und DP sich nach elfstündigen Diskussionen darauf einigen können, den Gewerkschaften weiterhin das exklusive Recht zu gewähren, mit den Unternehmensleitungen Kollektivverträge zu verhandeln. Auch die Inhalte der Kollektivverträge sollten nicht abgeschwächt werden. Der Unternehmerdachverband UEL, der in den vergangenen Monaten wiederholt verlangt hatte, das Gesetz dahingehend zu ändern, dass beispielsweise die Arbeitszeitorganisation künftig auch in Betriebsvereinbarungen zwischen Direktion und Personalvertretung ohne Gewerkschaften ausgehandelt werden kann, ist mit der Entscheidung der Regierung vom Mittwoch nicht einverstanden. Vor der Versammlung am Montag wiederholte UEL-Präsident Michel Reckinger erneut, für ihn seien die Diskussionen über die Kollektivverträge noch nicht abgeschlossen, weil sie Teil des „Gesamtpakets“ seien, über das verhandelt wird. Für Reckinger gehört zu diesem Paket neben den Kollektivverträgen auch die Rentenreform – genau wie die übrigen vier Punkte auf der Tagesordnung: Sonntagsarbeit und Öffnungszeiten im Einzelhandel, Arbeitszeitorganisation und Mindestlohn. Der UEL gehe es vor allem darum, eine Einigung „um Constat“ zu erzielen, dass das Land „weiterentwickelt“ und der „Reformstau“ beseitigt werden müsse, sagte Reckinger.
Die national repräsentativen Gewerkschaften im Privatsektor, die sich vor einigen Wochen zu einer „Union des syndicats“ zusammengeschlossen haben, wollen am Montag nicht mehr über Kollektivverträge reden. Das Tarifvertragssystem sei Teil des Luxemburger Sozialmodells, sagte am Montag LCGB-Präsident Patrick Dury, wer es anzweifle, stelle den sozialen Frieden in Frage. Vom „Staatsminister“ erwarte man, dass die Regierung sich nicht einseitig auf die Seite des Patronats schlage, wie es in letzter Zeit der Fall gewesen sei, sondern „Win-Win“-Resultate und -Kompromisse finde. Ihre Gewerkschaft wolle das „Lëtzebuerger Sozialmodell“ absichern und retten, sagte OGBL-Präsidentin Nora Back. Der OGBL will am Montag vor allem über Sonntagsarbeit und Ladenöffnungszeiten, Mindestlohn und Renten diskutieren.
CSV offenbar für Beitragserhöhung
Auch für CSV-Premier Luc Frieden sind die Kollektivverträge vom Tisch, die Regierung habe vergangene Woche eine einseitige Entscheidung in dieser Angelegenheit getroffen. Entschieden wurde auch, dass die technischen Diskussionen über Arbeitszeitorganisation in den ständigen Beschäftigungsausschuss CPTE verlegt werden sollen, um erst im Oktober eine erste Bilanz zu ziehen. „Viel Gesprächsbedarf“ erkennt Frieden aber bei den anderen Punkten wie der mittel- bis langfristigen Absicherung des Rentensystems. Gleichzeitig betonte der Premier, dass eine Rentenreform keine Entscheidung sei, „déi een ee fir allemol“ treffe. „Mir liewen an enger Welt wou all Dag nei Perturbatioune kommen, de Wuesstum ass ee von dëse Facteuren. Dee gëtt leider beaflosst vu Kricher an Douanestaxen-Diskussiounen an anere Phänomener.“ Deshalb gehe es darum, im Licht der wirtschaftlichen Lage das Rentensystem zu stabilisieren. Tageblatt-Informationen zufolge wollen Frieden und CSV-Sozialministerin Martine Deprez heute den Sozialpartnern vorrechnen, was eine minimale Beitragserhöhung der Rentenkasse mittelfristig bringt. Das kann als erste Öffnung gegenüber den Gewerkschaften in der Rentendiskussion gewertet werden. Mittel- bis langfristig könnte das Rentensystem dadurch zwar wohl nicht abgesichert werden, doch politisch könnte sich die CSV vielleicht bis zu den nächsten Wahlen retten.
Das Patronat war bislang gegen eine Beitragserhöhung. Sowohl CSV als auch DP hatten nach der nationalen Demonstration der Gewerkschaften aber schon durchblicken lassen, dass sie einer Erhöhung gegenüber offen seien. Die Staatsbeamtengewerkschaft ist – anders als die UEL – nicht der Ansicht, dass die Rentenreform zum „Gesamtpaket“ gehört, wie CGFP-Präsident Romain Wolff am Montag darlegte. Er hoffe, dass die Renten nun endlich zur Sprache kommen, sagte Wolff, denn vergangene Woche wurden sie nur kurz angeschnitten. Von den anderen Themen auf der Tagesordnung ist die CGFP nicht unmittelbar betroffen. (SiW/LL)
De Maart
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