Mittwoch5. November 2025

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Alain spannt den BogenRencontres musicales de la Vallée de l’Alzette: Gründer und Präsident Rosch Mirkes im Gespräch

Alain spannt den Bogen / Rencontres musicales de la Vallée de l’Alzette: Gründer und Präsident Rosch Mirkes im Gespräch
Rosch Mirkes Foto: privat

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Die „Rencontres musicales de la Vallée de l’Alzette“ bieten eine Konzertreihe, in deren Zentrum die Gattung Alte Musik steht. In diesem Rahmen finden bis zum 6. April mehrere Aufführungen statt. Wir hatten Gelegenheit, uns mit dem Gründer und Präsidenten des Festivals, Rosch Mirkes, zu unterhalten.

Tageblatt: Rosch Mirkes, ein Konzert des Ensembles Musica Gloria aus Belgien bildete am vergangenen Wochenende den Auftakt des diesjährigen „Festival de Musique ancienne“. Ihr Festival ist auch in diesem Jahr wieder sehr international aufgestellt.

Rosch Mirkes: Ja, wir versuchen immer, erstklassige und interessante Ensembles aus ganz Europa einzuladen. Und jedes Ensemble bringt seine eigene Spielkultur mit. Historische Aufführungspraxis ist ein weites Feld und die Aufführungsstile sind oft sehr unterschiedlich. In diesem Jahr kommen die Musiker aus Belgien, Tschechien, Frankreich, Italien und England. So kommt das Publikum in den Genuss, Alte Musik aus verschiedenen Perspektiven zu erleben. Die Ausgabe 2025 wird auf jeden Fall spannend.

Und welche Komponisten werden gespielt?

Wir haben ein Programm mit der Bach-Familie, daneben kommen Corelli, Händel, Biber, Hildegard von Bingen und Telemann ebenso zu Ehren wie weniger bekannte Komponisten wie beispielsweise Jacques Arcadelt, Dario Castello oder Johann Heinrich Schmelzer. Das Repertoire ist an sich quasi unerschöpflich und man entdeckt immer wieder neue wunderbare Komponisten und Werke.

Für Freunde alter Musik ist das Festival de Musique ancienne der Rencontres musicales de la Vallée de l’Alzette aus der hiesigen Musiklandschaft nicht mehr wegzudenken. Wie kam es damals zur Gründung?

Die ganze Idee startete eigentlich 2001, als ich nach Lintgen gezogen bin und Lintgen seinen 1.100. Geburtstag feierte. In der Kirche wurden etliche Konzerte mit hochrangigen Interpreten wie dem Concerto Köln oder den Wiener Sängerknaben angeboten. Die Kirche war bei jedem Konzert rammelvoll und diese Programmierung entsprach auch genau dem, was ich damals machen wollte. Nur, ich wollte es regional machen und dabei mehrere Kirchen und Ortschaften mit einbinden. Das ging dann auch recht schnell und bald hatten wir sieben Gemeinden zusammen, in denen die Konzerte des Festival de Musique ancienne stattfinden konnten. Am Anfang waren unsere Programme eher gemischt, aber mir wurde auch schnell klar, dass ich mir durch die Eröffnung der Philharmonie im Jahre 2005 eine Nische suchen musste, und da ich sowieso aus der historischen Ecke kam, war klar, dass wir uns beim Festival auf alte Musik von Mittelalter, Renaissance bis Barock konzentrieren und dafür auch spezialisierte Ensembles und Künstler nach Moesdorf, Mersch, Lorentzweiler, Steinsel, Lintgen, Colmar-Berg und Walferdingen einladen wollten.

Wie lautet denn Ihre Bilanz nach fast 25 Jahren?

Bis zur Covid-Krise ist das Festival kontinuierlich gewachsen, dann kam ein Einbruch, doch jetzt sind wir wieder auf dem besten Weg, aufzuholen. Allerdings ist es schwierig, Neue und Junge für unsere Projekte zu gewinnen. Es gibt auch einen ungesunden Mentalitätswechsel. Unser ganzes Team arbeitet auf freiwilliger und unentgeltlicher Basis, doch leider ist es heute so, dass niemand mehr helfen will, wenn er nicht dafür bezahlt wird. Auch fällt die finanzielle Unterstützung des Kulturministeriums dieses Jahr etwas bescheidener aus. Auf der anderen Seite werden Flug- und Hotelunkosten sowie auch die Gagen teurer. Und Alte Musik, resp. Barockmusik, ist sowieso meistens nur etwas für einen kleinen Kreis von Liebhabern. Das hat sich auch nicht geändert. Nicht vergessen darf man auch, dass das Publikum älter wird und kaum neues hinzukommt. Das alles ist nicht besonders positiv und ich sehe mit etwas Sorge auf die Zukunft des Festivals.

Wie finanziert sich das Festival denn?

Ganz einfach, ein Drittel der Unkosten werden vom Kulturministerium, ein Drittel von den Gemeinden und ein Drittel von unserem langjährigen und treuen Sponsor, der Fondation Loutsch-Weydert, sowie den Kartenverkäufen übernommen.

Was genau ist denn Alte Musik?

Alte Musik bedeutet für mich von Gregorianik bis Barock, und bis auf einige Ausnahmen mit frühklassischen Werken bleiben wir unserer Linie seit Anfang treu. Beim Festival de Musique ancienne haben wir eigentlich drei Schwerpunkte. Und zwar erstens Vokalmusik, zweitens Werke unbekannter Komponisten und drittens erstklassige Ensembles. Wir konnten somit Ensembles wie Cantus Cölln, La Chimara, La Fenice, Les Paladins oder Le Concert Lorrain einladen, in diesem Jahr sind es beispielsweise Musica Gloria, Stravaganza, Collegium 1704, Cappella Mediterranea, L’Amoroso oder The Tallis Scholars. Viele dieser Ensembles kennen das Festival und wir arbeiten immer wieder gerne mit ihnen zusammen. Das gibt eine gewisse Beständigkeit. Aber wir freuen uns auch immer wieder, neue Ensembles einzuladen wie jetzt L’Amoroso mit dem Gambisten Guido Balestracci. Auch die Cappella Mediterranea ist zum ersten Mal mit dabei. Es ist dies ein Projekt, was schon für das Corona-Jahr 2021 geplant war und jetzt erst nachgeholt werden konnte, allerdings mit einem anderen Programm.

Corona hatte also auch spürbare Auswirkungen auf Ihr Festival …

Auf jeden Fall. Ich denke, jeder Konzertveranstalter hatte danach mit Problemen zu kämpfen, besonders solch keine Festivals wie das unsere. Die Menschen haben sich Abonnements für Streaming gekauft und sich die Konzerte im Fernsehen angeschaut. Und haben sich daran gewöhnt, vielleicht weil es bequemer ist, weil man anders sieht und hört. Dann natürlich die Angst, nach Corona wieder unter Menschen zu gehen. Das alles hat einen sehr negativen Einfluss auf die Musikbranche und erst jetzt beginnt man sich wieder nach und nach zu erholen. Bei den einen geht das schneller, bei anderen langsamer. Und die Alte Musik hat eben nicht dieses große Publikum. Und schon gar nicht in Luxemburg. Beispiel: Bach-Kantaten in Deutschland – da ist die Kirche nicht groß genug. Bach-Kantaten in Luxemburg – da ist die Publikumszahl sehr übersichtlich.

Ihr anderes Ensemble Ad Libitum hat aber nichts mit dem Festival zu tun.

Nein, das ist etwas ganz anderes. Ad Libitum ist sowieso eine Privatinitiative von mir und nicht einmal ein eingetragener Verein. Also ein Einmannbetrieb. (lacht)

Wie steht es denn mit der Qualität der historischen Ensembles? Spitze Zungen behaupten ja oft, Musiker, die zu schlecht für traditionelle Orchester seien, würden sozusagen Unterschlupf in der historischen Aufführungspraxis suchen.

Das mag zum Teil stimmen. Aber heute ist die Ausbildung so gut, dass man kaum mehr von zweit- oder drittklassigen Musikern sprechen kann. Früher war das wahrscheinlich so. Heute gibt es eine Menge Musiker, die überhaupt kein modernes Instrument mehr spielen, sondern nur noch historisches Instrumentarium benutzen. In meinem Ad-Libitum-Ensemble habe ich beispielsweise zwei Musiker, die nie auf einem modernen Instrument gespielt haben. Aber die Tendenz geht eher in die Richtung, dass Musiker beides machen. An einem Abend spielen sie in einem historischen Ensemble, am anderen in einem Symphonieorchester, wo sie fest angestellt sind. Oder umgekehrt. Und das ist sicherlich eine Bereicherung. Genauso wenn Dirigenten wie Brüggen, Harnoncourt, Pinnock, Gardiner oder Hogwood ein klassisches Symphonieorchester dirigieren. Ihre Kenntnisse der historisch informierten Aufführungspraxis übertragen sie auf ein Ensemble, das mit klassischen Instrumenten spielt, und doch klingen plötzlich Beethoven, Haydn und Mozart anders.

The Tallis Scholars aus Großbritannien treten am 6. April in der Walferdinger Dreifaltigkeitskirche auf
The Tallis Scholars aus Großbritannien treten am 6. April in der Walferdinger Dreifaltigkeitskirche auf Foto: Hugo Glendinning

Die weiteren Konzerte

– 19. Januar, Michaelskirche Mersch: „Jauchzet Gott in allen Landen“ – Collegium 1704 (CZ)
– 9. Februar, Laurentiuskirche Lorentzweiler: „Lamenti e Sospiri“ – Cappella Mediterranea (B)
– 23. Februar, Sankt-Peters-Kirche Steinsel: „Le Mystère du Rosaire“ – Stravaganza (F)
– 16. März, Sankt-Peters-Kirche Lintgen: „Ein deutsches Barockrequiem“ – Vox Luminis (B)
– 23. März, Sankt-Michaels-Kirche Colmar-Berg: „Bach Père et Fils“ – l’Amoroso
– 6. April, Dreifaltigkeitskirche Walferdingen: „Chant“ – The Tallis Scholars (GB)
Beginn jeweils um 17 Uhr
Weitere Informationen: [email protected]
Tel.: 621-37 98 79