Möglich wurde der lukrative Überschuss vor allem durch den stetig wachsenden Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung des Landes. Die Stromerzeuger hätten „ein Jahr wie kein anderes“ erlebt, resümiert Iain Staffell vom Londoner Imperial College. Der Wissenschaftler ist mitverantwortlich für eine Website, die anhand detaillierter Daten vor allem des Netzbetreibers National Grid zusammengestellt und vom Energieversorger Drax bezahlt wird. Demzufolge war Windenergie für 27 Prozent der Stromproduktion verantwortlich, ein neuer Rekord. Hinzu kamen weitere elf Prozent aus Biomasse, Solaranlagen und von Wasserkraftwerken. Atomkraftwerke steuerten 16 Prozent zum Energiemix bei, die noch vor Jahren dominierenden Kohlekraftwerke hingegen nur mehr ein Prozent.
Großbritannien hat in den vergangenen Jahren nicht nur eifrig neue Wind- und Solarkraftwerke in Betrieb genommen, sondern auch die unterseeischen Ausgleichsleitungen auf den Kontinent ausgebaut. Dies geschah in der – meist auch berechtigten – Erwartung, die Insel müsse immer wieder Strom aus Belgien und Frankreich beziehen.
Die Lektion des vergangenen Jahres lautet, dass wir unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen endgültig ablegen müssen
Zu einer dramatischen Zuspitzung kam es beispielsweise während der Hitzewelle im Juli, als durch erhöhten Konsum und einen zeitweiligen Netzengpass der Osten der britischen Hauptstadt kurz vor einem Blackout stand. Durch eine Rekordzahlung an Belgien – mehr als 5.000 Prozent über dem normalen Preis – konnte die Peinlichkeit vermieden werden, die Weltstadt London vorübergehend ohne Strom zu lassen, berichtete damals der hochangesehene Energie-Analyst Javier Blas. Hätte Belgien nicht helfend eingegriffen, hätte National Grid einer Reihe von Haushalten den Strom sperren müssen.
Übers Jahr hingegen floss der Strom häufiger in die andere Richtung, was vor allem mit der Krise der französischen AKWs zu tun hatte. Insgesamt exportierte die sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt 1,9 Terawattstunden und nahm dadurch rund 3,5 Milliarden Euro ein.
Das gelang vor allem wegen des ehrgeizigen Ausbauprogramms für Offshore-Windkraftwerke. „Die Lektion des vergangenen Jahres lautet, dass wir unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen endgültig ablegen müssen“, erläuterte Staffell der Times. Zum Energiemix trug die Windkraft 2022 24 Prozent mehr bei als im Vorjahr, der Beitrag der Sonnenenergie ist übers vergangene Jahrzehnt von praktisch null sprunghaft angestiegen.
Subventionen, aber keine Energiespartipps
Die konservative Regierung hat unter allen drei Premierministern des vergangenen Jahres den Bürgern Unterstützung gegen die explodierenden Energiekosten zugesagt. In diesem Herbst und Winter ziehen die privaten Energieversorger von den monatlichen Strom- und Gasrechnungen für jeden Haushalt, egal ob Sozialhilfeempfänger oder Milliardär, einen Gesamtbetrag von 400 Pfund (451 Euro) ab. Zusätzliche Beihilfen erhalten Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger und Rentner vom Sozialministerium. So beträgt die sogenannte Wärmeprämie für alle Alleinlebenden über 80 Jahre in diesem Winter umgerechnet 677 Euro. Premier Rishi Sunak dürfte schon bald weitere Subventionen bekannt geben.
Hingegen bleibe die Regierung bis heute den Bürgern Tipps zum Energiesparen schuldig, beklagt Sarah Merrick von der Kooperative Ripple Energy: „Das ist eine verpasste Gelegenheit, um die Rechnungen der Leute und gleichzeitig Emissionen zu verringern.“ Anders als in den vergleichbar großen Ländern Deutschland und Frankreich, wo der Energieverbrauch teils drastisch reduziert wurde, haben die Briten 2022 mehr Strom verbraucht als im Vorjahr.
Der Netzbetreiber National Grid hat nun immerhin mit einem Experiment begonnen: Einigen Hunderttausend Kunden der Energieversorger Eon oder Octopus Energy sollen Prämien dafür erhalten, wenn sie in der häufig besonders schwierigen Zeit zwischen 17 und 19 Uhr abends möglichst wenig Strom verbrauchen.
De Maart
Här Turmes, bitte melden!
Entscheidung mit Folgen: Alle Windräder drehen sich falsch herum.
Die Hersteller von Windkraft-Anlagen haben sich vor längerer Zeit leider auf eine falsche Drehrichtung geeinigt. Es wäre wesentlich besser, wenn sie die Rotorblätter genau in die andere Richtung drehen würden, zumindest aus Perspektive der Effizienz.
Laut einem aktuellen Paper eines Forscherteams vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt wäre es auf der Nordhalbkugel der Erde sinnvoller, wenn sich die Windräder von vorn gesehen entgegen dem Uhrzeigersinn drehen würden. Derzeit sind aber im Grunde alle Anlagen so konstruiert, dass sie der Uhrenbewegung folgen, was aufgrund der Gewohnheiten aus dem Alltag von den Ingenieuren irgendwann so festgelegt wurde.
Die DLR-Forscher haben nun allerdings großangelegte Simulationen laufen lassen, in denen genau beobachtet wurde, wie sich die Winde bewegen, wenn sie auf Windkraftanlagen und auch komplette Windparks treffen. Dabei zeigte sich - entgegen der intuitiven Annahme - dass die Drehrichtung tatsächlich einen spürbaren Unterschied mit sich bringt. Verursacht wird das von der Corioliskraft.
Signifikaner Effekt.
Bei dieser handelt es sich um eine Kraft, die auf sich bewegende Körper in einem rotierenden Bezugssystem wirkt. Alles, was sich auf der Erde bewegt, unterliegt aufgrund der Erdrotation einer entsprechenden Ablenkung. Bekannt ist dies unter anderem durch das Foucaultsche Pendel, das seine Schwingungsebene stets im Uhrzeigersinn dreht. Und auch die Luftströmungen in der Atmosphäre werden durch diesen Effekt dazu gebracht, immer die gleichen Drehrichtungen einzuschlagen - was man auf Wetterkarten oder den Satelliten-Aufnahmen von Hurrikans gut beobachten kann.
Bei einem Windrad verhält es sich nun so, dass durch die enorme Größe der Rotoren in unterschiedlichen Höhen jeweils andere Windgeschwindigkeiten erreicht werden. Hinter dem ersten Windrad kommt es zu Verwirbelungen der nun abgebremsten Luftmassen, die sich durch den Kontakt mit den umgebenden Strömungen wieder beschleunigen. Und hier wirkt nun die Corioliskraft, die einen Rechtsdrall verursacht. In der Summe beschleunigen Luftmassen hinter einem Windrad, wie es jetzt konstruiert ist, das Ganze langsamer als bei einem System mit entgegengesetzter Drehrichtung. In einem Windpark würde die zweite Reihe bei anders konstruierten Anlagen also höhere Windgeschwindigkeiten abbekommen.
Und das gilt teilweise durchaus in einem Umfang, der eines Umdenkens in der Praxis würdig wäre, lautet das Fazit der Forscher. Weniger bei Windkraftanlagen irgendwo in Deutschland, wo relativ wenige Rotoren in sehr strukturierten Geländeformationen stehen, in denen ohnehin vielfältige Verwirbelungen vorherrschen. Bei großen Anlagen auf dem Meer oder den flachen Steppengebieten der USA könnte eine Änderung der Drehrichtung unter passenden Bedingungen bis zu 23 Prozent mehr Stromausbeute bringen, hieß es.
Ja, Schottland wird viel Strom an England verkaufen können, wenn sie endlich unabhängig werden.