PAP scheint damit in die Hand der neuen Mitte-Links-Regierung überzugehen. Dies, nachdem sich der Streit um die öffentlich-rechtlichen Medien über die Festtage gefährlich zugespitzt hat. Denn am Mittwoch beschloss das neue Kulturministerium die Auflösung der Staatsmedien einzuleiten. Nur dieser Schritt könne die Pluralität wiederherstellen und die Arbeitsplätze sichern, hieß es. Vorausgegangen war ein Veto von Staatspräsident Andrzej Duda gegen die von der neuen Mitte-Links-Regierung angestrebte Subventionierung von umgerechnet 700 Mio. Euro.
Duda, der ursprünglich selbst der Mitte Oktober abgewählten Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) entstammt, wollte mit seinem am Samstag vor Weihnachten angekündigten ersten Veto gegen die Tusk-Regierung offenbar jenen zu Hilfe eilen, die sich der TVP-Reform entgegenstellen. Dies sind vor allem die Anhänger der weiterhin größten Partei PiS. Die rechtspopulistische Kaczynski-Partei hatte den Staatssender ab Herbst 2015 zu einem regierungsfreundlichen Propaganda-Instrument umgestaltet, in dem liberale Politiker lange Zeit gar nicht mehr zu Wort kamen. Stattdessen sendete TVP über weite Strecken Hassbotschaften gegen Donald Tusk.
Dass die neue Regierung diese ändern würde, war allen politischen Spielern in Polen klar. Doch kaum jemand hatte rechtlich derart umstrittene Schritte auf der einen und einen so verbissenen Widerstand der PiS auf der anderen Seite erwartet.
Dazu gehörte auf der Seite der neuen Mitte-Links-Regierung die Kappung des Sendesignals von zwei wichtigen TVP-Kanälen kurz vor Weihnachten. Zwei der vier öffentlich-rechtlichen Zentral-Redaktionen wurden als Antwort darauf von den abgesetzten Verwaltungsräten unter Beihilfe von PiS-Abgeordneten besetzt. Die Abberufung der Verwaltungsräte sowie Kündigungen für die alten TVP-, Radio- und PAP-Direktoren sei „verfassungswidrig“, argumentieren sie. In der Tat hatte PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski nach dem PiS-Wahlsieg von 2015 sofort einen regierungstreuen „Nationalen Medienrat“ gründen lassen und ihm weitreichende Kompetenzen übertragen. Dagegen setzt das Kulturministerium heute eigene Rechtsgutachten, die von Tusks Bürgerplattform, dem „Dritten Weg“, der „Neuen Linken“ und nahestehenden privaten Medien unterstützt werden. Da Polens Gesellschaft auch nach den Wahlen vom 15. Oktober tief gespalten ist, gibt es praktisch keine neutralen Experten oder gar neutrale Juristen. „Wir fordern einen Rechtsstaat anstelle des jetzigen Staates der Anwälte“, skandierten in der Nacht zum Donnerstag PiS-Anhänger vor den besetzten Redaktionsgebäuden.
Kulturminister Sienkiewicz hat am Donnerstag angekündigt, der vor Wochenfrist abgeschaltete öffentlich-rechtliche Nachrichtensender TVP Info nähme seinen Dienst bald wieder auf. Unklar war indes weiterhin, was mit dem guten Dutzend TVP-Regionalsendern geschieht. Auch vor ihnen versammelten sich PiS-Anhänger zu allerdings eher schwach besuchten Protesten. Die TVP-Regionaljournalisten produzieren seit einigen Wochen zwar weiterhin ein Programm, das allerdings nicht ausgestrahlt werden kann. Kündigungen gab es offenbar bisher bei den Regionalsendern keine. Regierungschef Tusk kündigte am Mittwoch an, alle öffentlich-rechtlichen Medien würden vorübergehend aus Geldreserven der Vorgängerregierung finanziert.
De Maart
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