DeutschlandReform der Schuldenbremse: Merz und Lindner geraten zunehmend in die Defensive

Deutschland / Reform der Schuldenbremse: Merz und Lindner geraten zunehmend in die Defensive
Der deutsche Finanzminister Christian Lindner (l.) und der CDU-Chef Friedrich Merz (r.) sind sich darin einig, die Schuldenbremse nicht zu lockern – bislang Foto: AFP/Tobias Schwarz

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Der Druck von SPD, Grünen und aus den Ländern, die Schuldenbremse zu lockern, wird immer größer. Noch stemmen sich FDP-Chef Christian Lindner und CDU-Chef Friedrich Merz dagegen, geraten aber zunehmend in die Defensive. Ein Ausweg zeichnet sich bereits ab.

Die Spitzen von CDU und FDP geraten in der Diskussion um die Reform der Schuldenbremse zunehmend in die Defensive: Nicht nur SPD und Grüne, auch mehrere CDU-Ministerpräsidenten plädieren mittlerweile für eine Reform, um mehr Spielraum in den öffentlichen Haushalten zu gewinnen. Zuletzt hatte sich auch der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU), zugleich Chef der Ministerpräsidentenkonferenz, offen für neue Schuldenregeln im Grundgesetz gezeigt. FDP-Fraktionschef Christian Dürr erteilte dem stellvertretend für Parteichef Christian Lindner erneut eine Absage und forderte stattdessen Sozialstaatsreformen. „Nicht die Schuldenbremse muss reformiert werden, sondern der Sozialstaat“, sagte Dürr.

Auch CDU-Chef Friedrich Merz will SPD und Grünen bislang nicht die Hand für eine Grundgesetzänderung reichen. Um die Regeln der Schuldenbremse zu ändern, wären Zwei-Drittel-Mehrheiten im Bundestag und im Bundesrat notwendig, für die Änderungen wäre also die Zustimmung der Union notwendig. Auch Gewerkschaften, Sozialverbände und viele Ökonomen, etwa der Wirtschafts-Sachverständigenrat, dringen auf die Reform der Schuldenbremse. Davon versprechen sie sich mehr öffentliche Investitionen und mehr Mittel zur Absicherung des Sozialstaates. Denn längst absehbar ist, dass der Bund spätestens ab 2028 die Verteidigungsausgaben im Etat verdoppeln muss.

Er sei dafür, zunächst die Möglichkeiten zu nutzen, die die Schuldenbremse jetzt schon biete, hatte der hessische Regierungschef Rhein dem Tagesspiegel gesagt. Er fügte aber hinzu: „Es liegen kluge Vorschläge zur Reform der Schuldenbremse auf dem Tisch, insbesondere des Sachverständigenrates, die man sehr ernst nehmen muss.“ Und: „Ich bin bereit, darüber zu sprechen“, sagte Rhein.

Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge forderte den Kanzler daraufhin auf, bereits bei der Ministerpräsidentenkonferenz kommende Woche mit den Ländern über eine Reform zu sprechen. „Immer mehr Ministerpräsidenten, auch der CDU, äußern ihre Bereitschaft, gemeinsam mit der Bundesregierung über eine Modernisierung der Schuldenregeln zu verhandeln“, sagte sie. Dröge hatte zuvor einen schuldenfinanzierten Investitionsfonds in Höhe von Hunderten Milliarden Euro vorgeschlagen.

FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner warf Dröge umgehend Koalitionsbruch vor. „Man muss in aller Ruhe sagen, dass die Grünen den Bundeskanzler zum Koalitionsbruch auffordern“, sagte der FDP-Chef. Die Leitplanken der Finanzpolitik seien im Koalitionsvertrag verankert. „Wenn die Grünen sich dazu nicht mehr bekennen wollen, sollten sie es klar sagen und die Konsequenzen ziehen.“

„Zeitverschwendung“

Unterstützung erhielt Lindner von FDP-Fraktionschef Dürr und Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. „Wir dürfen nicht in die Politik der GroKo zurückfallen, die das Geld über viele Jahre mit der Gießkanne verteilt hat. Wir werden uns in den kommenden Monaten darauf konzentrieren, eine echte Wirtschaftswende einzuleiten: Dazu müssen wir den Pfad der Konsolidierung weiter beschreiten, Entlastungen für Unternehmen vornehmen und Bürokratie abbauen“, sagte Dürr. Djir-Sarai sagte, die Diskussion um die Schuldenbremse sei „pure Zeitverschwendung“. Der Staat habe kein Einnahmeproblem. „Was Deutschland braucht, ist ein wirtschaftspolitischer Aufbruch – eine Wirtschaftswende. Keine Debatte darüber, wie wir am besten noch mehr Schulden machen können.“

Als Alternative zur Lockerung der Schuldenbremse wird die kreditfinanzierte Aufstockung des Bundeswehr-Sondervermögens um mindestens weitere 100 Milliarden Euro diskutiert. Dabei würde die Union möglicherweise leichter mitmachen. Unionsfraktionsvize Matthias Middelberg (CDU) forderte aber zunächst massive Einsparungen. „Als Union sind wir bei besonderen Herausforderungen immer für konstruktive Lösungen ansprechbar. Das haben wir mit unserer Zustimmung zu dem Sonderkredit für die Bundeswehr bewiesen. Bevor wir aber wieder über neue Verpflichtungen sprechen würden, wären ehrliche und massive Einsparungen im regulären Bundeshaushalt die Voraussetzung“, sagte Middelberg.