Freitag17. Oktober 2025

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„Nordstad“-Fusion in Gefahr?Referendum in Erpeldingen/Sauer: „Es geht um weit mehr als nur um ein Windrad“

„Nordstad“-Fusion in Gefahr? / Referendum in Erpeldingen/Sauer: „Es geht um weit mehr als nur um ein Windrad“
Könnte Erpeldingen/Sauer die „Nordstad“-Fusion in Gefahr bringen? Foto: Editpress/Tania Feller

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Nachdem Bettendorf der „Nordstad“-Fusion den Rücken gekehrt hatte, mussten die verbliebenen Gemeinden in einer sogenannten „délibération concordante“ darüber abstimmen, ob sie die Sondierungsgespräche weiterführen möchten. Das ging überall glatt über die Bühne … außer in Erpeldingen. Jetzt sollen die Bürger befragt werden.

Die Sondierungs- bzw. Fusionsgespräche in Sachen „Nordstad“ begannen vor rund sieben Jahren. Bis dato schrieben sie weit mehr negative als positive Schlagzeilen. Am Anfang kamen für diese Fusion mit Colmar-Berg, Schieren, Erpeldingen/Sauer, Ettelbrück und Bettendorf fünf Gemeinden infrage, doch noch bevor die Gespräche begannen, zog sich Colmar-Berg zurück. Diekirch war von seinen Nachbargemeinden erstaunlicherweise nicht zur Teilnahme gefragt worden, meldete sich aber später aus eigenen Stücken.

Auf dem weiteren Weg zur Fusion gab es immer Rückschläge – man denke nur an das Trauerspiel im Bettendorfer Gemeinderat, das nach vielem Hin und Her schlussendlich dazu führte, dass diese Gemeinde aus kaum nachvollziehbaren Gründen das Handtuch warf. Das bremste die Sondierungsgespräche natürlich aus, doch dabei sollte es nicht bleiben.

Immer wieder ausgebremst

Gegen die WKA, nicht gegen die Fusion

Die Mitglieder der lokalen Vereinigung „Energie mat Verstand“, die sich seit rund fünf Jahren gegen die geplante Windkraftanlage (WKA) wehrt, sagten Folgendes: „Wir haben im Fall des geplanten 230 Meter hohen Windrades, das nur 750 Meter von den Wohnvierteln in Bürden errichtet werden soll, lediglich unser Recht auf gerichtliche Berufungsverfahren wahrgenommen. Wir sind gegen den geplanten Standort der WKA, wir sind aber keinesfalls gegen Windkraftanlagen im Allgemeinen und schon gar nicht gegen die ,Nordstad‘-Fusion, auch wenn das fälschlicherweise von manchen Leuten so hingestellt wird.“

Den nächsten Bremsschuh legten die Erpeldinger nun auf die Schienen, auf denen die Fusionsgespräche unterwegs waren. Trug der Gemeinderat die Fusionsgedanken anfangs mit acht Ja- und nur einer Gegenstimme mit, so endete die Abstimmung nach den letzten Gemeinderatswahlen sowie nach Bekanntgabe der Pläne für den Bau einer Windkraftanlage in Bürden nur mehr mit fünf Ja- und vier Nein-Stimmen.

Beim diesjährigen Votum über die oben erwähnte „délibération concordante“ gab es dann überraschenderweise sogar eine Pattsituation. Vier Ratsmitglieder (Lacour, Leider, Blom und Tessaro) gaben ihre Gegenstimme ab, vier (Gleis, Ferigo, Kuffer und Schaeffer) sprachen sich dafür aus und Rat Michels, der bis dato immer für die Fusion stimmte, enthielt sich diesmal. Laut Gemeindegesetz musste wenig später ein zweites Votum stattfinden, das am 27. Juli dieses Jahres aber ebenfalls mit vier Ja- und vier Gegenstimmen bei einer Enthaltung endete. Bei erneuter Stimmengleichheit sieht das Gesetz vor, dass dann die Stimme des Bürgermeisters ausschlaggebend ist. Da dieser mit Ja stimmte, hätte der Spuk ein Ende haben können, doch … „wegen der erneuten Pattsituation schlägt der Schöffenrat nun vor, die Bürger im Rahmen eines Referendums um ihre Meinung zu fragen“, so Bürgermeister Gleis in der Gemeinderatssitzung vom 27. Juli.

„Das sorgt für viel Durcheinander“

Dieser Vorschlag erhielt die Zustimmung aller Ratsmitglieder, mit Ausnahme von Rat Giovanni Ferigo. Er war der Meinung, dass das Abhalten eines Referendums zum heutigen Zeitpunkt und dazu lediglich in einer der vier Gemeinden für viel Durcheinander sorgen wird. Und damit sollte er nicht ganz falsch liegen.

Aus den zahlreichen Gesprächen, die das Tageblatt in den vergangenen Tagen mit Bürgern aus den drei Gemeindesektionen Bürden, Erpeldingen und Ingeldorf geführt hat, geht deutlich hervor, dass die Meinungen unterschiedlicher nicht sein könnten (siehe Kasten).

Die Argumente der Gegner

So oder so ähnlich hören sich die Argumente derer an, die der Meinung sind, ihre Gemeinde sollte sich nicht weiter an den Sondierungsgesprächen beteiligen: „Zum geplanten Standort des riesigen Windrades unweit der Wohnsiedlungen in Bürden wurden wir von unseren Nachbargemeinden Ettelbrück und Diekirch, die im Rahmen des Auftragsgebers Nordenergie neben der Firma Soler verantwortlich zeichnen, nie um unsere Meinung gefragt. Wir wurden kurzerhand vor vollendete Tatsachen gestellt. Warum sollten wir also eine ‚Hochzeit‘ mit diesen Gemeinden eingehen, die uns bereits jetzt behandeln, als seien wir eine ‚quantité négligeable‘. Wir wollen uns dagegen wehren, solange noch Zeit ist.“ Andere Stimmen meinten, dass die Gemeinde Erpeldingen/Sauer auch sehr gut ohne eine Fusion auskommen kann. „Zum heutigen Zeitpunkt sehen wir nicht, was eine Fusion unserer Gemeinde bringen kann. Es sind eher die anderen Fusionskandidaten, die Interesse daran haben, dass wir mit im Boot sitzen. Das Vorhaben ,Nordstad‘-Fusion ist seit Jahren lediglich eine Luftblase, die über den verbliebenen vier Gemeinden schwebt. Es gibt nichts, rein gar nichts Konkretes, das einen zum Ja-Sagen verleiten könnte.“

„Ënnerstëtzt Dir d’Decisioun vum Ierpeldenger Gemengerot, d’Sondéierungsgespréicher fir eng eventuell Fusioun mat de Gemengen Dikrich, Ettelbréck a Schieren weiderzeféieren?“ So lautet die Frage, über die am 23. November in Erpeldingen/Sauer abgestimmt wird. Um die Bürger bestmöglich über die Folgen ihrer Ja- oder Nein-Stimme zu informieren, hat die Gemeindeführung nichts dem Zufall überlassen. So wurden für diese Woche in den drei Gemeindesektionen Informationsveranstaltungen organisiert, zudem erhielt jeder Bürger eine Broschüre mit – wie es heißt – „neutralen Informationen“, mit den Hintergründen, die zum Referendum geführt haben, sowie mit Argumenten für und gegen die Weiterführung der Sondierungsgespräche.

Eine Prognose, wie das Resultat des Referendums aussehen wird, wollte dem Tageblatt gegenüber niemand abgeben. Allein Bürgermeister Claude Gleis wagte zaghaft die Aussage, dass sich wohl eine knappe Mehrheit für das Weiterführen der Sondierungsgespräche aussprechen wird. „Ich hoffe nur, dass ich nicht Lügen gestraft werde.“

Erinnern wir abschließend noch daran, dass sich alle Gemeinderatsmitglieder dazu verpflichtet haben, das Resultat des Referendums, das laut Gesetz nicht bindend ist, anzuerkennen, egal wie diese Befragung ausgehen wird.

Die Argumente der Befürworter

„Es geht um die Zukunft einer ganzen Region“, so die Bürger, die sich für ein Weiterführen der Sondierungsgespräche aussprachen. „Das, was sich in Bürden abspielt, hätte leicht vermieden werden können. Etwas mehr Dialogbereitschaft seitens der Bauherren der Windkraftanlage hätte die Lage wohl schnell entschärfen können. Doch bei der Entscheidung, die wir Bürger am 23. November zu treffen haben, geht es doch um weit mehr als nur um ein Windrad an einer falschen Stelle. Es geht um die Zukunft unserer Gemeinde oder, besser gesagt, um die Zukunft einer ganzen Region. Jetzt heißt es, weiter in Richtung Fusion zu planen, und sollte sich herausstellen, dass die Sondierungsgespräche nichts Konkretes hervorbringen, haben wir ja alle beim Referendum, das zum Abschluss dieser Gespräche im Jahr 2027 abgehalten werden soll, die Möglichkeit, definitiv für oder gegen eine Fusion zu stimmen.“ Das unterstreicht auch Bürgermeister Claude Gleis, der in der Gemeinderatssitzung im Juli zu verstehen gab: Sollten die Erpeldinger Bürger am 23. November eventuell gegen eine weitere Beteiligung an den Sondierungsgesprächen stimmen, könnte dies ihm zufolge der Todesstoß für die „Nordstad“-Fusion sein.