Dienstag16. Dezember 2025

Demaart De Maart

EditorialRechtsextremismus in Luxemburg: Wo bleibt der Schutz für die Demokraten?

Editorial / Rechtsextremismus in Luxemburg: Wo bleibt der Schutz für die Demokraten?
Die Gefahr für die freie Meinungsäußerung und für die Demokratie geht nicht von links, sondern von rechts aus Illustration: Kim Kieffer

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Fangen wir mit Fragen an, wer weiß, vielleicht fühlen Sie sich ja angesprochen. Falls nicht, geht es Sie trotzdem etwas an. Denn wenn Rechtsextreme hierzulande ihre Kritiker mundtot machen wollen und der Staat die Täter kaum bremst und den Opfern nicht hilft, läuft etwas gewaltig schief – und nicht nur Antifaschistinnen und Antifaschisten geraten in Gefahr, sondern es kommen dahingehend Zweifel auf, wie widerstandsfähig unsere Demokratie überhaupt ist. Beziehungsweise: sein will.

Gehören Sie zu jenen, die rechten Tendenzen auf Social Media die Stirn bieten? Scheuen auch Sie sich nicht vor dieser Konfrontation und wollen das Internet nicht unwidersprochen rechtem Hatespeech überlassen? Dann haben Sie sehr wahrscheinlich ein sehr dickes Fell. Beziehungsweise: müssen es haben.

Denn in dem Fall kann es gut sein, dass die online dargebrachte Kritik Ihnen in der ganz realen Welt ordentlich die Lebensqualität zerhaut – durch unangenehme Hausbesuche, Bedrohungen und Beschimpfungen, oder dadurch, dass jemand sich telefonisch bei Ihrem Chef meldet, um Sie zu verleumden und Lügen über Sie zu verbreiten. Zudem kann es in dem Fall auch sehr gut sein, dass Ihnen der Staat nicht wirklich hilft und von Justiz und Polizei nicht viel mehr als ein Schulterzucken als Reaktion angeboten wird. Erschreckend, oder?

Doch nicht anders lautet das Fazit jener Bürgerinnen und Bürger, die dem Tageblatt ihre Leidensgeschichte anvertraut haben und die wir in einer Artikelreihe, die heute beginnt, beleuchten wollen. Und sollten Sie ähnliche Erfahrungen gemacht haben, melden Sie sich bei uns: [email protected].

Geht der Blick hinaus in die Welt, mag Luxemburg in Bezug auf faschistische und autoritäre Tendenzen noch als Insel der Glückseligkeit erscheinen. Doch die erwähnten Beispiele lassen Zweifel aufkommen, wie ernst auch hier der Staat Bedrohungen aus der rechtsextremen Ecke nimmt. Und das mit einem Zeitgeist, der so rechts ist wie seit Jahrzehnten nicht mehr und aus diesen Zweifeln schnell Sorgen werden lässt.

Auch wenn es schwerfallen mag, US-Präsident Donald Trump bei allem Unsinn, den er von sich gibt, ernst zu nehmen, handelt es sich bei dem Mann weiterhin um den weltweit mächtigsten Politiker – und der hat den Antifaschismus zum Feind erklärt. Dieser Schwachsinn rieselt, so abwegig, geschichtsvergessen und gefährlich er sein mag, mittels Trumps Dauermedienbeschallung in all unsere Köpfe. Was den Widerstand gegen faschistisches Gedankengut nur noch wichtiger macht – und den Schutz von Antifaschistinnen und Antifaschisten für jeden Staat, der nicht auf den autoritären Zug aufspringen will, der gerade um die Welt rast, zur Priorität in Sachen Demokratieabsicherung machen sollte.

Denn, und jetzt kommt der zentrale Punkt, das Jahr 2025 und wohl auch die folgenden sind nicht die richtigen für den „Bothsidesism“ beim Blick auf links und rechts, jene falsche Ausgewogenheit zwischen zwei Seiten, die nie gleich sein werden.

Die Gefahr für die freie Meinungsäußerung und für die Demokratie geht nicht von links, sondern von rechts aus. Trump ließ „Antifa“ (eine Abkürzung für Antifaschismus und damit eine Ideologie und keine organisierte Struktur) vor einer Woche als „terroristische Organisation“ einstufen. Was eine härtere und willkürliche Verfolgung aller erlaubt, die Trump mit seinem „Antifa“-Stempel versieht. Seit vergangenem Samstag ist „Antifa“ auch in Ungarn und damit in einem EU-Land eine „terroristische Organisation“. 80 Jahre nach dem Sieg über den Faschismus in Europa und der Welt. Es war nur ein Etappensieg, wie sich jetzt zeigt. Sie sind zurück. Auch in Luxemburg.

Daniel Luciani
30. September 2025 - 21.56

Norbert - Natürlich kenne ich dich gut genug um dich nicht mit Rechtsextremen in Verbindung zu bringen. Aber im Artikel geht es nun mal um ein Aufflammen faschistischen Gedankenguts - und Faschisten begnügen sich nicht mit der Behauptung wie "es gibt nur 2 biologische Geschlechter". Sie begnügen sich auch nicht mit den (ebenfalls verwerflichen) Methoden mancher Linken, sondern sind bereit zur Gewalt zu greifen. Und das ist der Punkt, wo ein Vergleich zwischen beiden Seiten einen bitteren Beigeschmack von Verharmlosung und 'whataboutism' bekommt...

Campagna Norbert
30. September 2025 - 17.39

Lieber Dan, ich meinte nicht die Thesen zur Vernichtung. Ich meinte etwa die These, dass es biologisch gesehen nur zwei Geschlechter gibt oder dass Abtreibung moralisch bedenklich ist. Du kennst mich gut genug, um zu wissen, dass ich den Unterschied zwischen einer These und einer blödsinnigen Behauptung mache. Es gibt innerhalb der Linken auch Leute, die zu Hass und Gewalt aufrufen, und diese gehören genauso verurteilt wie diejenigen im rechten Lager. Für mich gibt es Extremisten und Verständige. Ob rechts oder links macht in beiden Fällen keinen Unterschied. Die Verständigen argumentieren, hören zu und versuchen zu verstehen. Die Extremisten schlagen zu, schreien und vernichten. Ich zähle mich selbst, und auch Dich, zu den Verständigen.
Zum Faschismusbegriff: Nächste Woche spreche ich über Faschismus in der Erwuessenebildung.

Daniel Luciani
30. September 2025 - 15.32

@Norbert :
Es reicht auch nicht, nur auf die Argumentation zu schauen. Denn im Falle des Rechtsextremismus ist die These an sich schon menschenverachtend, zielt sie doch auf die Vernichtung jener Menschen ab, die nicht dem Ideal der Faschisten entsprechen (erinnern wir uns an den "muss vernichtet werden"-Post eines Abgeordneten...). Und : kann man überhaupt die These der Faschisten z.B. in Bezug auf LGBTIQ-Menschen teilen indem man ihn vom faschistischen Ruf nach Vernichtung loslöst? Meine Antwort lautet : nein, kann man nicht... denn These, Argumentation (& Methode!) sind miteinander verwoben.
Von daher kann ich nicht damit leben, die Rufmordkampagnen von Linken (so falsch diese auch gewesen sind und auch bleiben!) mit dem Hass, der Gewalt und dem Ruf nach Vernichtung der Faschisten gleichzusetzen - es kommt einer Verharmlosung der extremen Gewalt von rechts gleich, deren Zielsetzung die Vernichtung von Minderheiten ist.
Und das ist wohl auch der Grund, wieso der 't'-Autor (zurecht) dem "bothsideism" abschwört...

Weber Ernsest
30. September 2025 - 13.31

The Circle of Life... Trollen am Internet verbreeden egal waat ob den "A"-sozialen Medien, et mescht een eng Groupe do ob fir dess Trollen ze trollen an et gett een en retour getrollt.... Fir munscher schengt et ewei den eischten Daag am Internet.... Mee jo, loost ons direkt d'Police ruffen! Oder et bleifft een eweg vun desen Drecks Medien. Wann ob eenmaol FB, X- a Co. 8% vun hieren Usern verleieren, dann sinn se seier bereed mei strèng geint dei 20% Störfaktor virzegoen.

fraulein smilla
30. September 2025 - 11.48

Faschismus ist schon laengst kein politischer Begriff mehr , sondern zu einem Schimpfwort verkommen , zu einem Totschlagargument . Ich sehe keinen Zusammenhang von heutigen selbsternannten Antifaschisten mit denen die vor Jahrzehnten ihre materielle Existenz , ihre koerperliche Unversehrtheit , das nackte Leben in die Waagschale werfen mussten . Und eins ist sicher , auch wenn es keinen Faschismus mehr gibt , die Antifaschisten werden uns immer erhalten bleiben .

Campagna Norbert
30. September 2025 - 10.03

Ich wäre einverstanden, wenn da stünde « geht nicht hauptsächlich von links, sondern von rechts aus ». Viele Intellektuelle, die es wagten, mit sachlichen und wissenschaftlich fundierten Argumenten die intellektuellen Prämissen der LGBTQ Bewegung in Frage zu stellen, mussten unter Polizeischutz gestellt werden, da sie Drohungen erhielten. Nicht zu sprechen von den Rufmordkampagnen, die einen gleich zum Rechtsextremisten stempeln, wenn man eine These vertritt, die auch ein Rechtsextremist vertritt, ohne dass auf die Argumentation geschaut wird. Und es ist die Argumentation, nicht die These, die erst erlaubt, jemanden in diese oder jene Ecke zu stellen.

Grober J-P.
30. September 2025 - 9.42

"sondern es kommen dahingehend Zweifel auf,"
Allerdings, Ministerin oder auch Ihr Stuff sind seit Monaten sehr ruhig. Kommunizieren die noch mit der Presse? Vom petit Léon kommt auch nix, war zu erwarten.