„Solche Kinder muss man ertränken. Einfach ertränken. Ertränken! Sofort in den Fluss mit heftiger, reißender Strömung werfen.“ Anton Krassowski redet sich in Rage und merkt offensichtlich nicht, welche menschenverachtenden Kindstötungsfantasien er da im staatlichen russischen Fernsehen von sich gibt. Wie fanatisch er, der Sendedirektor des staatlichen TV-Senders RT, den Tod ukrainischer Kinder fordert, nachdem er sich in seiner Sendung „Antonyme“ bereits über Vergewaltigungen ukrainischer Frauen durch russische Soldaten lustig gemacht und den Tod aller Ukrainer, die sich Russland widersetzten, für richtig befunden hat.
Der Auftritt, der auch international für Entsetzen sorgte, war selbst der Chefpropagandistin des Kremls, der RT-Chefin Margarita Simonjan, offenbar zu viel. Sie suspendierte Krassowski für seine „barbarischen und widerlichen Aussagen“, attestierte dem 47-Jährigen einen „zeitweiligen Wahnsinn“. „Nicht, dass jemand auf den Gedanken komme, dass ich oder andere RT-Mitarbeiter solche Ansichten teilen“, schrieb sie in ihren sozialen Medien. Krassowski bat Simonjan und alle, die „ausgeflippt“ seien, um Entschuldigung. Der Auftritt sei ihm „peinlich“. Russlands Ermittlungskomitee fordert einen Bericht zu „scharfen Äußerungen“ des Propagandisten.
Es ist eine Geschichte über Heuchelei
Es ist eine Geschichte über Heuchelei. Darüber, wie viel Konformismus dazu gehört, im russischen Staats-TV Karriere zu machen und wie Russlands Propaganda funktioniert. Krassowski, den viele Medienschaffende im Land – staatstreue wie auch staatskritische – als talentiert bezeichnen, war ein Wendehals, der schnell lernte. Auch bei seiner Chefin Simonjan. Es dauerte nicht lange, bis er sie mit seinen verächtlichen Aussagen übertraf. Wie sie und andere russische Propagandisten spricht er der Ukraine, wo er teils seine Kindheit verbrachte, das Existenzrecht ab, wie sie fordert er die Kapitulation Kiews. Von Simonjan habe Krassowski, so erzählen seine Weggefährten dem russischen Exilmedium Meduza, eine Art Carte Blanche bekommen. Sie war es, die ihm 2020 eine Chance gab, als er, weil aufbrausend und kaum kontrollierbar, wieder einmal seine Stelle verloren hatte und mehrere Monate ohne Arbeit war. Er gilt als Drama Queen, als einer, der sich schnell mit allen zerstreitet, wird zuweilen als selbstzerstörerisch beschrieben.
Vom freien Mitarbeiter des Senders steigt er schnell zum Sendedirektor von RT Russland auf. Er habe seine Seele an den Teufel verkauft, sagen seine einstigen Kollegen. Xenia Sobtschak, für die er arbeitete, als sie gegen Putin als Präsidentschaftskandidatin antrat, meint, Krassowski habe keine Prinzipien. Heute könne er der Liberale sein, morgen schon der härteste Propagandist.
Krassowski muss gehen, andere raunen weiter
Krassowski wollte stets auffallen. Wahrheit, hatte er einmal gesagt, interessiere niemanden im Fernsehen. Man müsse zum „bösartigen Arschloch“ werden, wenn man nicht gleich weg vom Fenster sein wolle. Der Auftritt bei „Antonyme“ war nicht seine erste Entgleisung. Seit Beginn von Russlands „Spezialoperation“ in der Ukraine gehört er, der einst bei liberalen Medien wie „Snob“ arbeitete und eine Stelle bei „Doschd“ angeboten bekam, Russlands unabhängigem und mittlerweile aus Lettland sendendem Online-TV-Kanal, zu den Hardlinern. Er posiert in Z-Shirts, tanzt nach Russlands Beschuss Kiews freudig vor der Kamera, fordert, weggegangene „Moskauer Intellektuelle“ wie „Bastarde und Verräter zu behandeln“. Er geht in seinen Hasstiraden auf, lässt sich „mitreißen“, wie er sagt. Auch in seinen jüngsten Äußerungen vom 20. Oktober. Er habe die „Grenze“ nicht gesehen.
Grenzüberschreitung ist allerdings das Hauptmittel des russischen Staatsfernsehens. Krassowski muss gehen, andere raunen weiterhin vom Tod aller Ukrainer, die sich Russland nicht unterwerfen wollten. Unbestraft.
De Maart
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