Dienstag21. Oktober 2025

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RumänienPro-Europäer Dan hat Präsidentenamt im Visier

Rumänien / Pro-Europäer Dan hat Präsidentenamt im Visier
Nicusor Dan könnte bei seiner Aufholjagd Erfolg gehabt haben Foto: Daniel Mihailescu/AFP

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Bis zuletzt lieferten sich der Ultranationalist Simion und der pro-europäische Dan ein offenes Rennen um Rumäniens Präsidentenamt. Teilauszählungen sahen Dan vorn: Dank der hohen Wahlbeteiligung hat der Bukarester Bürgermeister seinen rechtsextremen Rivalen vermutlich noch abgefangen.

Bei Rumäniens Präsidentenkür scheint der favorisierte Ultranationalist George Simion in der Stichwahl doch noch abgefangen worden zu sein. In ersten Teilauszählungen zeichnete sich am Sonntagabend ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem proeuropäischen Bukarester Bürgermeister Nicusor Dan und Simion ab – mit wachsendem Vorsprung für den Außenseiter.

Nach der Auszählung von 90 Prozent der Stimmen lag Dan mit 53,79 Prozent knapp vor Simion (46,21 Prozent), der den ersten Wahlgang vor zwei Wochen mit 20 Prozent Vorsprung auf seinen Rivalen noch klar gewonnen hatte. Die ersten nach der Schließung der Wahllokale veröffentlichten Exitpolls, bei denen allerdings die 1,7 Millionen Stimmen der Auslandsrumänen nicht berücksichtigt waren, sahen Dan mit über 54 Prozent vorne.

Die Frage, wer künftig an der Spitze des bevölkerungsstärksten Staats in Südosteuropa steht und ob Rumänien mit seinem neuen Präsidenten auf EU-Kurs bleibt oder in Richtung Moskau abdriftet, dürfte sich endgültig erst in der Nacht zum Montag klären: Bis zuletzt hoffte Simion, dass ihn die erst am Ende ausgezählten Stimmen der Diaspora doch noch den Sieg bescheren könnten.

Schon nach der Bekanntgabe der Exitpolls beanspruchten beide Kandidaten den Sieg für sich. Bei den Wahlen habe eine Gemeinschaft gewonnen, die einen tiefgreifenden Wandel und eine „Gesellschaft des Dialogs und nicht des Hasses“ wolle, so Dan. „Wir sind ganz klar die Gewinner dieser Wahlen“, verkündete hingegen sein Rivale Simion: „Wir beanspruchen den Sieg im Namen des rumänischen Volkes.“

Mit „Europa, Europa“-Rufen reagierten derweil hunderte von Anhängern des Bukarester Bürgermeisters im Zentrum der Hauptstadt auf die Bekanntgabe der Teilauszählungen. Rumäniens Richtungs- und Schicksalswahl hatte zuvor auch in den Wahllokalen in ungewohnt großer Zahl die Massen bewegt: Lange Warteschlangen vor den Wahllokalen wurden aus dem ganzen Land, vor allem in den Großstädten gemeldet.

Mit knapp 65 Prozent war die Wahlbeteiligung die höchste seit den Präsidentschaftswahlen 1996 und lag gut 18 Prozent über der beim ersten Wahlgang vor zwei Wochen: Ein besonders starker Urnenandrang wurde nicht nur in den Städten, sondern auch in der ausländischen Diaspora registriert, wo die Wahlbeteiligung gar um 70 Prozent gestiegen ist.

Simion hatte als Chef der rechtsextremen AUR-Partei den ersten Wahlgang am 4. Mai mit 41 Prozent der Stimmen und 20 Prozent Vorsprung auf den prowestlichen Unabhängigen Dan noch klar für sich entschieden. Der als Außenseiter ins Rennen gegangene Dan hatte wiederum in der letzten Woche zumindest in den Umfragen kräftig aufgeholt und sich selbst vor den favorisierten Simion geschoben.

Mobilisierung von Nichtwählern

Sollte das Endergebnis die ersten Teilauszählungen bestätigen, wäre Dan die bemerkenswerteste Aufholjagd bei einer Präsidentenwahl seit Rumäniens blutiger Wende von 1989 geglückt: Noch nie hatte ein im ersten Wahlgang unterlegener Kandidat mehr als 20 Prozent Rückstand wettmachen können. Die Hoffnungen von Simion ruhten in der Wahlnacht trotz eines zunehmenden Rückstands derweil weiter auf die Stimmen der Diaspora, die erst zum Ende vollständig ausgezählt werden sollten.

Dan hatte vor der Stichwahl vor allem auf die Mobilisierung bisheriger Nichtwähler gesetzt. Unentschlossene Wechselwähler hingegen soll es laut Wahlforschern ungewöhnlich wenige gegeben haben: Das monatelange Ringen um die Präsidentschaftskür hat die Rumänen nicht nur polarisiert, sondern scheint die Risse im gespaltenen Land eher vertieft als geglättet zu haben.