Der Hausherr zeigt sich über die von Europas Staatsanwaltschaft (EUSta) angeordneten Hausdurchsuchungen wenig erbaut. Das „Wichtigste“ sei, dass sich jeder an seine Kompetenzen halte, dozierte zu Wochenbeginn Kroatiens konservativer Regierungschef Andrej Plenkovic (HDZ). Für die ins Justizvisier geratenen 3D-Aufnahmen der Erdbebenschäden von 2020 sei nicht Europas, sondern Kroatiens Staatsanwaltschaft zuständig, so der seit 2016 amtierende Premier: Denn für diese sei „kein einziger Cent“ aus EU-Mitteln, sondern „nur kroatisches Geld“ verwendet worden.
Wenig beeindruckt von den Belehrungen aus Zagreb zeigt sich indes Europas ranghöchste Korruptionsjägerin Laura Kövesi. Gegenüber dem TV-Sender N1 sprach die Rumänin am Wochenende von einem bekannten „Schulbeispiel von Politikern zur Schaffung eines Nebelvorhangs“: „Sie sagen, liebe Bürger, es ist egal, ob es sich um einen Betrug handelt: Die Frage ist, wer zuständig ist.“
Doch Europas Staatsanwaltschaft sei unabhängig und werde sich auch bei ihren Ermittlungen in Kroatien „nicht einschüchtern“ lassen, verspricht deren Chefin: „Wir werden herausfinden, ob ein Betrug begangen wurde – oder nicht.“
Wegen des Verdachts der Veruntreuung von Hilfsgeldern bei der Registrierung der Erdbebenschäden von 2020 hatten Europas Korruptionsjäger bereits im November Ermittlungen gegen 29 Verdächtige und eine Firma eingeleitet – darunter den Dekan der Geodäsie-Fakultät der Universität Zagreb. Mitte Februar ordnete die EUSta gar eine Hausdurchsuchung in Kroatiens Kulturministerium an. Der Verdacht: Ranghohe Staatsdiener sollen beim illegalen Abschöpfen der EU-Hilfsgelder für die kroatischen Erdbebenschäden durch fiktive oder völlig überzogen honorierte Aufträge kräftig mitgeholfen haben.
Neu sind Korruptionsskandale auf Kroatiens gut gefettetem Politparkett keineswegs. Der frühere HDZ-Premier Ivo Sanader (2003-2009) schmort wegen des Absaugens öffentlicher Gelder noch immer hinter Gittern. Auch mehrere der insgesamt 30 (!) vorzeitig aus ihren Ämtern gepurzelten Ministern in der Ära Plenkovic sind wegen korrupter Machenschaften ins Visier der Justiz geraten. Dennoch kommen dem routinierten Krisenaussitzer die derzeitigen Ermittlungen der EUSta mitten im Wahlkampf äußerst ungelegen: Denn deren Spurensuche droht seine Mission Wiederwahl zu gefährden.
Schutzherr der Kriminellen
Jüngsten Umfragen zufolge ist die favorisierte HDZ mit 28,8 Prozent der Stimmen zwar weiter die stärkste Kraft vor dem Bündnis der sozialdemokratischen SDP (21,6 Prozent) und der grünalternativen „Mozemo“ (8,8 Prozent). Doch während die HDZ vor allem auf ihre treuen Stammwähler zählt, kann die linke und rechte Oppositionskonkurrenz noch auf Zugewinne aus der großen Zahl der Unentschlossenen (17 Prozent) hoffen.
Schon in der von Plenkokvic durchgesetzten Kür des parteinahen, aber wegen der Bande zu einem flüchtigen Fußballtycoon diskreditierten Richters Ivan Tuduric zum Generalstaatsanwalt wittern Kritiker den Versuch des Premiers, die lästige Justiz rechtzeitig vor den Wahlen unter seine Kontrolle zu bringen. Ein merkwürdiges Verständnis von Gewaltenteilung wirft dem HDZ-Chef nicht nur die heimische Opposition vor. Sehr souverän wirkt der selbsterklärte EU-Mustermann Plenkovic bei der von ihm angezettelten Kontroverse mit Kövesi keineswegs. „Plenki ist ein wenig nervös“, spöttelt der Kommentator des Webportals „index.hr“, der dem Premier „ein zu großes Ego“ bescheinigt.
Die für Plenkovic eher peinlichen Kövesi-Leviten macht sich die Opposition derweil freudig als Wahlkampfmunition zunutze. Von einem „groben Schnitzer“ des sonst so „gemessenen und berechnenden“ Premiers spricht höhnisch der Reformisti-Chef Radimir Cacic: „Plenkovic hat den kriminellen Sumpf nicht trockengelegt, sondern die HDZ-Krake hat auch ihn ausgesaugt – und zum Schutzherrn der Kriminellen gemacht.“
De Maart
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