Mittwoch5. November 2025

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KroatienPräsidentenwahl: Zoran Milanovic punktet im linken und rechten Lager

Kroatien / Präsidentenwahl: Zoran Milanovic punktet im linken und rechten Lager
Der amtierende kroatische Präsident Zoran Milanovic (l.) und sein Herausforderer von der konservativen HDZ, Dragan Primorac, begrüßen sich vor einer TV-Debatte Foto: AFP/Damir Sencar

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Seine Amtsverlängerung steht bereits vor der Stichwahl von Kroatiens Präsidentschaftskür fest. Als kompromissloser Kämpfer, der gegenüber der Regierung kein Blatt vor den Mund nimmt, wird Präsident Milanovic von Anhängern geschätzt, als undiplomatischer Poltergeist von Gegnern kritisiert.

An seiner Wiederwahl gibt es schon vor der am Sonntag steigenden zweiten Runde der kroatischen Präsidentschaftswahl keine Zweifel. Mit 49,11 Prozent der Stimmen hatte der von den oppositionellen Sozialdemokraten SDP unterstützte Amtsinhaber Zoran Milanovic die Konkurrenz bereits im ersten Wahlgang Ende Dezember klar distanziert. Und auch in der Stichwahl hat sein von der konservativen Regierungspartei HDZ unterstützte Herausforderer Dragan Primorac nicht den Hauch einer Chance: Der beliebte „Zoki“ ist und bleibt der populärste Populist im Adriastaat.

An dem politischen Raubein scheiden sich die Geister. Der Hoffnungsträger von Kroatiens kriselnden Sozialdemokraten versteht es mit seinen schroffen Ausfällen gegen die regierende HDZ von Premier Andrej Plenkovic oder einstige Kriegsgegner im linken und rechten Lager zu punkten – genauso wie der Ex-Diplomat mit seinen undiplomatischen Auftritten nicht nur links und rechts, sondern auch auf dem internationalen Parkett kräftig aneckt.

Ob Milanovic die regierende HDZ als ebenso korruptes wie „kriminelles Gangsterkartell“ schmäht oder deren Chef Plenkovic als „Brüsseler Pudel“ verhöhnt, der nur darauf schiele, auf welchen EU-Spitzenposten er „parken“ könne: Der Beifall von Oppositionsanhängern von links bis rechts ist ihm gewiss, wenn der selbsternannte „Regierungskontrolleur“ seinen Lieblingsgegner Plenkovic erneut mit „unangenehmen Wahrheiten“ beharkt.

Zustimmung im rechtsnationalen und Kopfschütteln im linksliberalen Lager lösen hingegen seine undiplomatischen Stammtischausfälle gegen die Nachbarn und frühere Kriegsgegner aus. Die Serben wollten „die Herrscher des Balkans“ sein, aber seien „nur ein Haufen Elend“, ätzte er bereits 2016 bei einem Treffen mit Kriegsveteranen. Empörte Rassismus-Vorwürfe aus Sarajevo handelte er sich 2020 ein, als er verkündete, dass der Nachbarstaat zur Verwirklichung des „fernen Traums“ eines bürgerlichen Bosnien „erst Seife und dann das Parfum“ benötige.

Verbreitet russische Propaganda-Narrative

Stirnrunzeln auch in Brüssel lösen nicht nur seine freundschaftlichen Kontakte mit Bosniens russophilen Serbenführer Milorad Dodik, sondern auch seine Attacken gegen Kiew vor allem zu Beginn des Ukraine-Kriegs aus. Seine Erklärungen, dass die „korrupte“ Ukraine keineswegs reif für einen NATO-Beitritt sei und man Verständnis für Moskaus Sicherheitsbedürfnisse haben müsse, bescherten ihm genauso die Kritik, russische Propaganda-Narrative zu verbreiten, wie sein Vorwurf an Plenkovic, wie ein „ukrainischer Agent“ zu agieren, oder seine heftige Kritik an kroatischen Rüstungshilfen für Kiew.

Die Rolle des „Enfant terrible“ auf dem Zagreber Politparkett schien dem studierten Juristen keineswegs in die Karrierewiege gelegt. 1993 trat Milanovic in den diplomatischen Dienst ein. Erst 1999 trat er der sozialdemokratischen SDP bei, um deren Vorsitz er sich im Juni 2007 als absoluter Außenseiter, aber erfolgreich bewarb.

Bei den Wahlen 2007 erzielte die SDP unter seiner Führung das beste Ergebnis ihrer Geschichte, bei den Wahlen 2011 gelang ihr der ersehnte Machtwechsel: Als deren Spitzenkandidat deklassierte Milanovic die durch die Verhaftung ihres früheren Premiers Ivo Sanader gebeutelte HDZ und übernahm Ende 2011 die Regierungsgeschäfte.

Weder ein Orban noch ein Trump

Zwar fiel in seine Amtszeit Kroatiens EU-Beitritt 2013. Doch nicht nur die tiefe Wirtschafts- und später auch die Turbulenzen der 2015 beginnenden Flüchtlingskrise, sondern auch endlose Veteranenproteste und sozialer Unmut schwächten seine linksliberale „Kuriku“-Koalition. Kräftigen Stimmenverlusten der SDP bei der Wahl 2015 folgte ein zäher Koalitionspoker, an dessen Ende die HDZ gemeinsam mit der rechtsklerikalen „Most“ wieder die Macht übernahm.

Die wacklige Rechtskoalition zerlegte sich zwar schnell. Doch das erwartete Premier-Comeback von Milanovic bei den vorgezogenen Parlamentswahlen 2016 blieb aus: Nach seiner Wahlschlappe gegen den neuen HDZ-Chef Plenkovic erklärte er seinen Rückzug aus der Politik. Erst vor den Präsidentschaftswahlen 2019 reaktivierte die SDP ihr früheres Zugpferd. Trotz schlechter Umfragewerte für seine Partei gelang Milanovic der überraschende Sieg gegen die HDZ-Amtsinhaberin Kolinda Grabar-Kitarovic.

Eher ein Solist als ein Teamplayer scheint der egozentrische Linkspopulist mit dem Präsidentenamt ohne großen Verantwortungsbereich, aber großer Medienaufmerksamkeit eigentlich seinen idealen Posten gefunden zu haben. Von ausländischen Medien verpasste Labels wie „Kroatiens Trump“ oder gar Vergleiche mit Ungarns nationalistischem Putin-Verehrer Viktor Orban werden dem sprunghaften Souveränisten indes kaum gerecht.

Milanovic verfügt weder über die Machtfülle noch Reichtümer von Trump. Und auch mit Rechtsaußen Orban hat der Vorkämpfer für Homo-Ehe und Minderheitenrechte bis auf seine kritische Distanz zur EU und NATO sowie zur Ukraine selbst außenpolitisch nur bedingt Gemeinsamkeiten.

Unzufriedenheit leitet die Wähler

Zwar hat Milanovic im Wahlkampf erneut betont, dass er es nicht zulassen werde, dass kroatische Soldaten in der Ukraine einen „fremden Krieg führen“. Doch im Gegensatz zu Orban oder dem slowakischen Premier Robert Fico hat sich Milanovic von Wladimir Putin klar distanziert. Wie Israels Premier Benjamin Netanjahu gehöre auch der Kremlchef auf die Anklagebank des Internationalen Strafgerichtshofs, wetterte er bei einer Montenegro-Visite im Oktober: Für Moskaus blutigen Krieg fühle er „nur Verachtung“.

Offen ist, ob der unberechenbare Milanovic sein zweites Präsidentenmandat bis zum Ende aussitzen oder möglicherweise ähnlich wie vor den von der HDZ gewonnenen Parlamentswahlen im Frühjahr noch einmal den Premier-Sessel ins Visier nehmen wird. So kontrovers wie Milanovic als Präsident agiert, so widersprüchlich findet das Webportal „index.hr“ auch seine Wahl, die es als „Gipfel der kroatischen Politabsurditäten“ bezeichnet.

Einerseits habe das Wahlvolk der HDZ erst im April trotz unzähliger Korruptionsskandale zum dritten Mal in Folge zum Regierungsmandat verholfen. Andererseits erklärten in Umfragen 70 Prozent desselben Wahlvolks, dass sich das Land in die falsche Richtung entwickle: „Man wählt Milanovic als Ausdruck der Unzufriedenheit mit den Machthabern – nicht, weil er irgendeine Vision hat, sondern weil er kein Blatt vor den Mund nimmt.“

Luxmann
11. Januar 2025 - 11.25

Der mann spricht eben klartext und eckt an,was oft nicht schlecht ist.
Die feststellung dass die korrupte ukraine weder in die nato noch die EU passt ist auch kein russisches narrativ, sondern nuechterne tatsache.