Am Mittwochabend hat Duda das neue Budgetgesetz zwar unterschrieben und damit der neuen Regierung eine kurzfristige Planungssicherheit gewährt. Gleichzeitig übersandte der für den Gesetzgebungsprozess wichtige Staatspräsident den Staatshaushalt 2024 aber zur Prüfung an das Verfassungsgericht. Dieses ist seit 2016 völlig von Anhängern des neuen Oppositionsführers Jaroslaw Kaczynski dominiert und wird voraussichtlich so entscheiden, wie es sich der PiS-Chef wünscht. Dafür hat es eine Frist von zwei Monaten.
Lehnt das Verfassungsgericht den Staatshaushalt oder Teile davon ab, sind wohl vorzeitige Neuwahlen nötig. Diese Option bringt PiS-Chef Kaczynski seit einer Woche ins Gespräch. Der Wahlverlierer bringt dafür wahlweise auf diffuse Verschwörungstheorien eines angeblichen Wahlbetrugs aufs Tapet. Oder er begründet seine Forderung mit dem Streit um zwei vom Sejm ausgeschlossene PiS-Abgeordnete. Kaczynskis ehemaliger Innenminister Mariusz Kamiński und dessen Stellvertreter Maciej Wąsik hatte kurz vor Weihnachten nach einer rechtskräftigen Verurteilung wegen Amtsmissbrauchs ihr Mandat verloren und waren im Januar bis zu einer Begnadigung durch Duda in Haft gewesen. PiS fordert, die beiden wieder an den Sejm-Sitzungen teilnehmen zu lassen.
Duda kapriziert sich bei seiner Anrufung des Verfassungsgerichts nun auf den Streit um Kaminski und Wasik. Das Budget sei von einem „unvollkommenen Sejm“ mit nur 458 statt 460 Abgeordneten verabschiedet worden, was das Gesetz verfassungswidrig mache, argumentiert der Staatspräsident. Dies betreffe auch alle zukünftigen Gesetze, bis Kaminski und Wasik ihre Mandate zurückbekämen, schreibt der Staatspräsident und kündigt an, auch sie sofort ans Verfassungsgericht zur Prüfung zu übersenden. Damit torpediert Duda die Parlamentsarbeit schlechthin. Statt mit seinem Veto droht der aus den Reihen der PiS stammende, von Amtswegen aber parteilose Staatspräsident nun mit dem Kaczynski-hörigen Verfassungsgericht. Dessen Urteile können im Unterschied zu seinem Veto nicht überstimmt werden.
„Dudas Vorgehen ist lächerlich“, kommentierte Tomasz Simoniak von Tusks Bürgerplattform (PO). Die Mitte-links-Koalition will sich in den nächsten Tagen ohnehin an eine Reform des Verfassungsgerichts machen und dieses wieder zur Richter-Pluralität verpflichten. Wie dies erreicht werden soll, ist jedoch unklar.
PiS verliert in Umfragen
Wenn Staatspräsident Duda die Regierung weiter „behindern“ und PiS „Neuwahlen für den Sejm und Senat will“, dann würde es eben dazu kommen, drohte Tusk am Mittwoch. „Ich verstehe das Vorgehen des Präsidenten nicht, denn er bringt auch sich selbst damit ins Risiko, vor allem aber seine Heimat“, sagte Tusk. Der neue Regierungschef spielte dabei auch auf die neuesten Umfragen an.
Laut dem staatlichen Umfrageinstitut CBOS hätten Mitte Januar nur noch 24 Prozent der Polen erneut für PiS gestimmt. Tusks PO hätte sich demnach mit 29 Prozent an die erste Stelle geschoben. Mit dem „Dritten Weg“ (14 Prozent) und der „Neuen Linken“ (9 Prozent) könnte Tusks Regierungskoalition wohl knapp jene 270 Abgeordneten im neuen Sejm haben, die nötig sind, um Dudas Vetos zu überstimmen. Oppositionsführer Kaczynski spricht trotz diesen schlechten Aussichten für PiS immer wieder von Neuwahlen. In diesen Chor stimmt nun beflügelt von den neuesten Umfragen auch Tusk ein, wobei der neue Regierungschef auf Abschreckung zu schielen scheint. Tusks Koalition sollte eher den von PiS verhunzten Staat reformieren, aber wenn es nicht anders ginge, seien eben Neuwahlen nötig, heißt es in der Mitte-links-Koalition.
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