Dienstag4. November 2025

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KommentarPortugal steht vor Neuwahlen 

Kommentar / Portugal steht vor Neuwahlen 
Premierminister Luis Montenegro (r.) nahm am 13. März an der Sitzung des portugiesischen Staatsrats teil, nachdem dieser von Präsident Marcelo Rebelo de Sousa (l.) einberufen wurde, um die politische Krise nach Montenegros Rücktritt zu analysieren  Foto: AFP/Patricia de Melo Moreira

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Nicht jeder Sieg bringt Glück. Das kann der portugiesische Premierminister Luis Montenegro bestätigen. Nachdem er vor knapp einem Jahr mit seiner konservativen Sozialdemokratischen Partei (PSD) als Gewinner aus den Parlamentswahlen hervorgegangen war, bildete er eine Minderheitsregierung. Diese ist nun schon wieder Geschichte: Am Dienstag stellte der Regierungschef die Vertrauensfrage und verlor die Abstimmung krachend mit 88 zu 142 Stimmen. Sowohl die zweitstärkste Partei, die Sozialisten (PS), als auch die mittlerweile dritte politische Kraft im Land, die rechtsextreme Chega! und die restlichen kleineren Gruppierungen verweigerten ihm das Vertrauen. Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa hat für den 18. Mai Neuwahlen angesetzt.

Das Scheitern der Regierung hatte sich bereits in den vergangenen Wochen angekündigt. Montenegro hatte zwar innerhalb von 24 Tagen zwei Misstrauensvoten überstanden, eines von Chega! und eines der Kommunisten (PCP). Beide warfen Montenegro unter anderem Korruption vor. Der Premierminister beteuerte mehrfach seine Unschuld und klammerte sich an die Macht. Die Sozialisten stützten ihn. Bittere Ironie: Montenegros Vorgänger António Costa, Sozialist und jetziger Präsident des Europäischen Rates, war selbst der Korruption bezichtigt – fälschlicherweise, wie sich herausstellte – und darüber gestürzt worden.

Nun könnte die in den vergangenen Jahren aufgestiegene Chega! profitieren und weiter zulegen, ausgerechnet 51 Jahre nach der Nelkenrevolution, die einst das Ende der portugiesischen Diktatur besiegelte, und gut 50 Jahre nach den ersten demokratischen Wahlen vom 25. April 1975. Seither hat Portugal eine lange Erfolgsgeschichte geschrieben. Das einstmals verarmte und rückständige Land wurde modernisiert und prosperierte – und hat sich bestens in die Europäische Gemeinschaft integriert. Dass die Chega! eine EU-skeptische Partei ist, von deren Mitgliedern viele das Salazar-Regime verklären, verheißt nichts Gutes. Von Historikern wird der von António de Oliveira Salazar gegründete Estado Novo nicht als reiner Faschismus bezeichnet, von der Mehrheit der Zuschauer des Staatsfernsehens RTP wurde der 1970 verstorbene Diktator noch im Jahr 2007 zum „größten Portugiesen“ gewählt. An seinem Grabstein ist eine Platte aus schwarzem Granit angebracht, auf der steht, dass Salazar der beste Staatsmann und ehrlichste portugiesische Herrscher gewesen sei, aber auch: „O errar é próprio dos homens.“ Was so viel heißt wie „Irren ist menschlich“.