Nach der 29-tägigen politischen Abwesenheit von Bürgermeister Marc Lies (CSV) stand am Freitagnachmittag die erste Gemeinderatssitzung seit knapp zwei Monaten auf dem Programm. Auf dem ersten Punkt der Tagesordnung stand die „action d’ester en justice“ im Rahmen der Betrugsaffäre um einen ehemaligen Gemeindebeamten. Trotz Meinungsverschiedenheiten zwischen der Mehrheit und der Opposition segneten alle Gemeinderäte den Punkt ab. Seit der vergangenen Sitzung vom 17. Januar haben die Spannungen zwischen Bürgermeister und der Opposition wieder zugenommen. Nach einer E-Mail, in der Lies den Gemeinderat Stephen De Ron („déi gréng“) als „Kallef“ bezeichnete und ankündigte, dass er und Mathis Godefroid (LSAP) „den Dix geriecht kréien“, war die Stimmung auf dem Tiefpunkt.
Doch nicht nur die Transparenz um die Betrugsaffäre, sondern auch Unklarheiten um Lies‘ Abwesenheit waren der Opposition ein Dorn im Auge. Lies sprach die Angelegenheit zu Beginn der Sitzung an. Es war von Beginn an vorgesehen, dass Claude Lamberty während seiner Abwesenheit alle Briefe unterschreiben würde und dass der Schöffenrat seinen Tätigkeiten wie gewohnt nachgehe, sagte Lies. Dies habe er im Voraus mit allen Verantwortlichen abgesprochen. „Ich war auch während meiner Abwesenheit für die Gemeinde aktiv“, sagte er.
Lies erklärte, dass er seit Längerem an einem Burnout leide und dass er auf Rat eines Spezialisten die Entscheidung einer Auszeit getroffen habe. Bürgermeister zu sein, sei ein „24/7-Job“, so Lies. Die knapp einmonatige Pause habe ihm gutgetan, jedoch habe es nach zwölf Tagen wieder Unruhe gegeben. „Verschiedenen Leuten aus der Opposition fehlt es an Fingerspitzengefühl, Respekt und Empathie“, sagte er.
„Desinformation“ und „Mobbing“
Der Bürgermeister warf der Opposition insbesondere vor, Informationen zum Verfahren um den ehemaligen Gemeindebeamten – ein Thema, das für den nicht-öffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung vorgesehen war – an die Öffentlichkeit gebracht zu haben. Er beruft sich dabei auf einen Brief, den die Opposition an den Schöffenrat und an die Presse geschickt hat. „Was dieser Beamte gemacht hat, ist falsch und muss sanktioniert werden“, sagte Lies. Der Schöffenrat habe in dieser Angelegenheit im Interesse der Gemeinde gehandelt. Wegen der Betrugsaffäre sei der Beamte der Gemeinde über 9.000 Euro schuldig. „Dass dieses Geld zurückerstattet werden muss, stand von Anfang an fest“, so Lies.
Der Bürgermeister verstand nicht den Sinn des Briefs, den die Opposition verschickt hat. Immerhin habe sich die Opposition am 17. Januar bei der Frage, ob die Betrugsaffäre auf der Tagesordnung stehen solle, entweder enthalten oder dagegen gestimmt. „Zuerst ist die Angelegenheit nicht dringend, dann ist sie es plötzlich“, sagte er. Die Opposition würde Desinformation verbreiten und öffentlich Mobbing gegen die Gemeinde und die Verwaltung betreiben. „Eure Veröffentlichung hat unsere Administration in Verruf gebracht“, warf Lies der Opposition vor. „Die ganze Angelegenheit hätte viel einfacher und ruhiger über die Bühne gehen können.“

„Niemanden persönlich angegriffen“
Die Opposition reagierte empört auf Lies’ Aussagen. „Wenn ich nicht weiß, wofür ich stimme, dann stimme ich auch nicht mit“, sagte Carole Goerens („déi gréng“) auf die Tatsache, dass der Gemeinderat am 17. Januar nur wenige Stunden vor der Sitzung über die Angelegenheit in Kenntnis gesetzt wurde und nicht ausreichend Zeit hatte, sich in das Thema einzulesen. Marie-Lyne Keller („déi gréng“) warf die Frage auf, weshalb die Opposition beleidigt wurde, nachdem sie lediglich das getan habe, was von ihr verlangt sei. Sie warf dem Bürgermeister vor, Aussagen zu verbreiten, die nicht der Realität entsprechen. „Wir sind unseren Pflichten nachgegangen und haben niemanden persönlich angegriffen“, sagte sie.
Es ist für mich persönlich ein Trauerspiel. Wir sind dabei, unsere Gemeinde nach außen kaputtzumachen.
Mathis Godefroid (LSAP) ergänzte, dass es die Rolle der Opposition sei, unbequeme Fragen zu stellen, um Transparenz zu schaffen. Es sei wichtig, Informationen nach außen zu kommunizieren. Zudem bedeute eine Enthaltung nicht, dass man gegen etwas sei, sondern über nicht ausreichend Wissen verfüge, um über die Angelegenheit mitdiskutieren zu können. „Die Fragen, die wir aufgeworfen haben, wurden nicht beantwortet, oder die Antworten waren nicht zufriedenstellend“, sagte er. Auch Stephen De Ron meinte, dass die Opposition mehr Zeit für die Analyse der Affäre gebraucht hätte. „Statt eine offene demokratische Debatte zu führen, wird versucht, zu diskreditieren“, sagte er. Er hätte sich mehr Transparenz und weniger persönliche Attacken gewünscht.
Kurzer Eklat während der Sitzung
Als sich Lies’ Parteikollegen in die Diskussion einmischten, kippte die Stimmung zunehmend. Georges Beck (CSV) betonte mehrmals, dass die Opposition nicht proaktiv, sondern destruktiv gearbeitet habe. „Ich muss manche Leute beglückwünschen, dass dieser Raum so voll ist“, sagte er in Anspielung auf die zahlreichen anwesenden Pressevertreter. „Es ist für mich persönlich ein Trauerspiel. Wir sind dabei, unsere Gemeinde nach außen kaputtzumachen.“ Schöffin Diane Adehm (CSV) sprach die E-Mail eines Gemeindebeamten an, der sich zu der Situation geäußert hatte. „Es macht keinen Spaß mehr“, wurde der Beamte zitiert. Adehm rief die Opposition dazu auf, im Interesse der Bürger zu handeln. „Wenn wir ein Disziplinarverfahren haben, wird geforscht, ob der Schöffenrat nicht vielleicht irgendwo einen Fehler gemacht hat“, meinte sie.
Goerens und Keller platzte daraufhin der Kragen und hätten beinahe die Sitzung verlassen. „Vielleicht müssten wir die Leute hier im Raum mal fragen, ob wir an allem schuld sind“, meinte Goerens. „Warum ist die Presse hier? Wegen Dingen, die wir unternommen haben?“ Sie habe es satt, ständig als nicht vertrauenswürdige Person dargestellt zu werden.
Die DP äußerte sich in der Angelegenheit gemäßigter. „In einer Demokratie muss die Mehrheit Entscheidungen treffen, die die Opposition nicht immer gutheißt“, sagte Schöffe Claude Lamberty. „Politiker müssen sich bewusst sein, dass es wichtig ist, nicht mit Kanonen auf Spatzen zu schießen.“ Es sei wichtig, Fragen zu stellen, aber auch Entscheidungen zu treffen und dazu zu stehen. „Wir sind fest davon überzeugt, dass wir wieder nach vorne schauen können, zum Wohl der Bewohner Hesperingens“, sagte er.
Auch Marc Lies zeigte sich zum Schluss versöhnlicher und entschuldigte sich für das „Wörtchen“, das er in seiner E-Mail geschrieben hat. „Wir haben hier Pingpong gespielt und das hat niemandem gutgetan. Hier gibt es keine Gewinner, sondern nur Verlierer.“ Jeder müsste sich „un der eegener Nues huelen“, meinte er.

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das ist die neue Luxemburgische Fernsehsendung
"Hannes und der Bürgermeister" aber ziemlich etwas niveauloser
Klamauk.