„Grenzüberschreitende Mobilität: Neuer Elan bei der belgisch-luxemburgischen Zusammenarbeit.“ Mit diesen motivierten Worten hat die Presseabteilung des Luxemburger Mobilitätsministeriums am vergangenen Donnerstag über einen Besuch von Chefin Yuriko Backes (DP) in Brüssel berichtet. Und tatsächlich: Backes hat mit ihrem belgischen Amtskollegen Jean-Luc Crucke ein bahnbrechendes Projekt besprochen: „Das Treffen bot auch die Gelegenheit, das in Planung befindliche Projekt einer dreispurigen Erweiterung der Autobahn A6 zu erörtern“, hieß es in einer Pressemitteilung. In jede Fahrtrichtung soll auf Luxemburger Seite eine Spur hinzukommen, exklusiv „für öffentliche Verkehrsmittel und Fahrgemeinschaften.“ Durch diese Umgestaltungen solle das „derzeitige Mobilitätsangebot“ um eine „weitere sanfte Alternative“ erweitert werden.

Ja, die Regierung hat sich den Ausbau der „Areler Autobunn“ sogar irgendwie in den Koalitionsvertrag geschrieben: „Die am stärksten befahrenen Autobahnen werden im Hinblick auf eine Erweiterung auf drei Fahrspuren pro Fahrtrichtung untersucht, darunter eine spezielle Fahrspur für den öffentlichen Verkehr bzw. für Fahrgemeinschaften“, heißt es im schwarz-blauen Abkommen aus dem Jahr 2023. Und im vergangenen Oktober verkündete Finanzminister Gilles Roth (CSV) in der Chamber, dass ganze 245 Millionen Euro für den Ausbau von Teilstücken der A3 (Düdelinger Autobahn) und der A6 im Budget eingeplant seien.
Straße mit Geschichte
Allerdings: Neu ist die Idee nun wirklich nicht. Nein, sie spielt, ganz im Gegenteil, in etwa in einer Liga mit dem legendär langen Bau der Liaison Micheville. Mit der komplizierten Schnellstraße vor, hinter und unter Belval ist der A6-Ausbau irgendwie sogar schicksalhaft verknüpft. Im Tageblatt-Weihnachtsinterview anno 2004 verkündete der damalige Bautenminister Claude Wiseler beispielsweise, dass der Ausbau von A3 und A6 auf zwei Mal drei Spuren folge, sobald das Projekt „Esch/Alzette-Micheville durchgezogen“ sei. Ob den CSV-Politiker damals schon Visionen ereilten, dass sich der Bau der „Liaison“ fast zwei weitere Jahrzehnte hinziehen würde? Am 29. Mai 2023 war die Liaison Micheville jedenfalls endlich „durchgezogen“ und die Straße wurde tatsächlich eröffnet. Folgt jetzt die A6? Löst das Kabinett Juncker/Asselborn I (2004-2006) also quasi „post mortem“ sein Versprechen ein?

In den 1970er-Jahren wurde mit dem Bau der Ur-A6 begonnen, jener vierspurigen Autobahn nach Arlon und Belgien, die wir heute kennen. Sie sollte laut „Travaux publics“ die N6 entlasten, die auch heute noch von der Stadt über Mamer, Capellen und Steinfort nach Arlon führt. Der erste Abschnitt der Autobahn konnte ab 1978 befahren werden, vollständig fertig war das Bauwerk 1982.
Der Verkehr hat sich seit den wilden 80ern allerdings etwas verändert. 1985 bummelten etwas mehr als 10.000 Fahrzeuge täglich an der Zählstelle der Straßenbauverwaltung an der Grenze vorbei. Im Jahr 2000 waren es schon fast 40.000. Und 2024 dann durchschnittlich 52.272 – an jedem Werktag. Insgesamt arbeiten laut Statec rund 52.000 Menschen mit Wohnsitz in Belgien in Luxemburg.
52.272
Fahrzeuge wurden 2024 täglich auf der A6 an der belgischen Grenze gezählt. 1985 waren es 10.000.
Ein erstes Ende erlitten Claude Wiselers Ausbauvorhaben allerdings schon im Jahr 2006. Sein Chef Jean-Claude Juncker strich das Projekt, das damals immerhin noch von Bettemburg bis Mamer reichte – aus Geldmangel. Spätestens Ende 2007 landete der A6-Ausbau dann erneut auf der „Prioritätenliste“ der Exekutive – und sogar im „sektoriellen Plan“, der eine Fertigstellung des Ausbaus für 2015 vorsah. Und 2010 machte ein Grünen-Abgeordneter namens François Bausch einen verrückten Vorschlag: Die geplante dritte Fahrspur auf der A6 könnte ja für den öffentlichen Transport und Fahrgemeinschaften reserviert werden. Bautenminster Wiseler zeigte sich offen für die Idee.

2010: Neue Brücke über zukünftig breitere Straße
Ebenfalls im Jahr 2010 wurde auch eine neue Eisenbahnbrücke über die A6 gehievt, die so ausgelegt war, dass sie den „eventuellen zukünftigen Ausbau der viel befahrenen A6 auf drei Spuren“ nicht verkomplizieren sollte. 2011 erklärte Claude Wiseler dann offiziell, dass auf A3 und A6 „ein Ausbau auf drei Fahrspuren angedacht ist“, sodass man dort Möglichkeiten „wie etwa eine Fahrspur für Busse und Fahrgemeinschaften“ realisieren könne (das Tageblatt berichtete).

Im Sommer 2014 – mittlerweile war eben jener François Bausch (siehe oben im Text) Herrscher über Luxemburgs Schienen und Straßen – tauchte der A6-Ausbau erneut in den sektoriellen Plänen auf. Allerdings war der Komplettausbau wieder komplett vom Tisch. Nur noch vom Cessinger Kreuz bis zur Ausfahrt Helfenterbrück würde eine zusätzliche Spur Sinn ergeben.
„Erste Analysen“ 2019
2015 erklärte Bausch dann, dass der Ausbau ab Helfenterbrück in Planung sei. Und 2019 berichtete das Tageblatt, dass für die Nutzung der bereits bestehenden Standspur an der A6 zwischen belgischer Grenze und der Aire de Capellen „erste Analysen“ liefen. 2020 berichtete das Tageblatt, dass die Regierung Bettel „große Investitionsvorhaben“ in der Chamber präsentierte. Darunter natürlich auch der Ausbau der A6.
Warum hat es so lange gedauert? Eine Antwort darauf lieferte Claude Wiseler schon im Jahr 2011. Da sagte der Bauminister, dass der Ausbau der Luxemburger Autobahn nur Sinn ergäbe, wenn er auch auf der anderen Seite der Grenze stattfinde. Natürlich. Und umgekehrt? In Belgien gibt es in Richtung Luxemburg bereits seit 2019 eine Extra-Spur.
Ob Yuriko Backes diejenige sein wird, die belgischen Grenzgängern und Brüssel-Reisenden endlich verkehrstechnische Erleichterung verschafft? Beim Treffen mit ihrem Counterpart Crucke in Brüssel sprach sie jedenfalls auch über bessere Bahnverbindungen und grenzüberschreitende Radwege. Und über ein Pendler-Projekt, dass ebenfalls so einige Jährchen auf dem Buckel hat. Die Schaffung eines P+R-Parkplatzes in Viville bei Arlon. „Ein mehr als 20 Jahre altes Dossier, das vom Großherzogtum Luxemburg unterstützt wird und das Jean-Luc Crucke wieder aufleben lassen möchte“, schreibt das Transportministerium, und man fragt sich, ob dabei etwa tatsächlich etwas Kritik an der Langwierigkeit der belgischen Bürokratie durchscheinen soll. „Denn diese Einrichtung würde es vielen Pendlern ermöglichen, ein bequemeres und ihrer Alltagsrealität entsprechendes Angebot an kombinierter Mobilität zu nutzen.“
Extraspuur fir Fahrgemeinschaften ass eng Rendfei'eschkeet !
1. Obfangparkingen bei den Gaaren an dei' dann den Zuch kennen huelen, OK.
Bus Zubrenger bis bei d'Gaaren.
2. Autobunn Arel-Longwy bau'en fir Verdeelung vun den Transit Camion'en.
3. 2 Mol 3 gleichberechtegt Spuren vir d'A6. Fahrgemeinschaften huelen dach nemmen dem Zuch d'Passagei'er rem eweg an saturei'eren och erem d'A6 !
4. Wann een geseit wei' ob dem eischten Steck A3 gepiddelt gett, et geht net virun, brauchen se nach 10 Johr bis ob d'Grenz. Wann se an 10 Johr dann mat der A6 unfaenken ass dei' an 2 Generatio'unen faerdeg, an dann gett et keng Wirtschaft(Arbechtsplatzen) mei' zu Letzeburg!