RestaurierungsarbeitenPause für den „Hämmelsmarsch“: Skulptur wird in Fachwerkstatt nahe Paris transportiert

Restaurierungsarbeiten / Pause für den „Hämmelsmarsch“: Skulptur wird in Fachwerkstatt nahe Paris transportiert
Die Musiker und Schafe werden im Ausland wieder auf Hochglanz gebracht Foto: André Feller

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Die am 21. August 1982 eingeweihte Bronzeskulptur „Hämmelsmarsch“ des luxemburgischen Bildhauers Wil Lofy (1937-2021) schmückt seit drei Jahrzehnten den Platz vor dem „Roude Pëtz“. Seither hat der Zahn der Zeit kräftig an dem Kunstwerk genagt. Am Mittwoch fiel mit dem Transport der Skulptur in die Werkstatt der „Fonderie de Coubertin“ in Saint-Rémy-lès-Chevreuse der Startschuss der aufwendigen Restaurierungsarbeiten.

Rund um den „Roude Pëtz“ herrscht am Mittwoch eine außergewöhnliche Stimmung. Eine Mischung aus Totenstille und Spannung breitet sich rund um den Springbrunnen mit der Skulptur von Wil Lofy aus. Schaulustige, Journalisten, Gemeindemitarbeiter und die Facharbeiter blicken auf den „Hämmelsmarsch“. Die Geräusche eines Schlaghammers sind zu hören. Ein Mitarbeiter der französischen Werkstatt versucht, vom Inneren des Brunnens heraus die Verankerungen zwischen der Skulptur und ihrem Fundament zu lösen. Behutsam kontrollieren Arbeiter mit einem Hebeleisen durch probeweise Anheben, ob die Verankerungen gelöst sind. Erste Versuche, die Skulptur, dessen Gewicht bislang unbekannt war, mit dem Kran millimeterweise anzuheben, scheitern. Die Arbeit mit dem Schlagbohrer geht weiter, genauso wie die Testversuche mit dem Hebeleisen.

Ansichtskarte der Messagerie Paul Kraus von zirka 1995: Hier erstrahlte die Skulptur noch in ihrem ursprünglichen Glanz
Ansichtskarte der Messagerie Paul Kraus von zirka 1995: Hier erstrahlte die Skulptur noch in ihrem ursprünglichen Glanz Foto: André Feller

Nach einer gefühlten Ewigkeit ist es so weit. Alle Verankerungen sind gelöst. Die Skulptur wird behutsam in Millimeterarbeit angehoben. Sie droht zu einer Seite zu kippen. Der Kranführer setzt das Kunstwerk wieder ab. Mitarbeiter platzieren die Gurte an anderer Stelle. Beim nächsten Versuch klappt alles. Recht schnell, mit Präzision und ohne Zwischenfälle hebt der Kranführer die Skulptur auf die Ladefläche des Lasters. Die Spannung löst sich innerhalb der Menschenmenge. Jetzt ist die Skulptur fertig für den Transport in die Werkstatt nahe Paris.

„Bronzekrebs“ durch Luftverschmutzung und chlorhaltiges Wasser

Der berühmte „Rote Brunnen“ diente seit etwa 1740 bis 1867 der Garnison und den Bewohnern der ehemaligen Festung Luxemburg als Wasserquelle, geschützt von einem roten Backsteingebäude. Nachdem die Grand-rue ab 1979 in eine Fußgängerzone umgewandelt worden war, wurde an der Stelle des ehemaligen „Roude Pëtz“ ein Springbrunnen angelegt: eine achteckige Wasserfläche, die mit Steinen aus rosa Granit eingefasst ist und in deren Mitte die Skulptur von Lofy steht. Eine Gruppe von Musikern und Schafen symbolisiert den „Hämmelsmarsch“. In seinem Werk hat sich der Bildhauer selbst in der Figur des Akkordeonspielers verewigt. 

Seit ihrer Aufstellung vor 40 Jahren hat die Skulptur im Laufe der Zeit gelitten. Die damalige dunkelbraune und goldene Patina ist völlig verwittert. Eine Schichte von Grünspan überzieht große Teile des Kunstwerks. Dies zeugt von der Oxidation des Kupferanteils der Bronzelegierung. Eine Kalkkruste, die auf den Wasserabfluss durch die Instrumente der dargestellten Musiker zurückzuführen ist, lässt feine Details verschwinden. Gisèle Reuter, Restauratorin von „Les 2 musées de la Ville de Luxembourg“, spricht vom sogenannten „Bronzekrebs“. Dabei handele es sich um eine Korrosionserscheinung, die in der Lage sei, die Grundsubstanz zu zerstören. Ursachen seien chemische Reaktionen, ausgelöst durch die Luftverschmutzung sowie durch das chlor- und kalkhaltige Wasser im Brunnen.

Eine Restaurierung ist somit unumgänglich, um das Kunstwerk für kommende Generationen zu erhalten. „Es führt kein Weg an einer aufwendigen Restaurierung in der Fonderie de Coubertin vorbei“, sagt Reuter gegenüber dem Tageblatt. Die Fachwerkstatt in der Nähe von Paris verfügt über viel Erfahrung in der Restaurierung patinierter Bronzeskulpturen. Zunächst wird Lofys Kunstwerk anhand von chemischen Verfahren zum Lösen der Kruste sowie einer speziellen Form des Sandstrahlens gereinigt. Im Anschluss werden kleine Reparaturen durchgeführt, beispielsweise an Schweißstellen und Rissen. Erst in der letzten Phase wird eine neue Heißpatina auf die Bronze aufgetragen. Somit soll die ursprüngliche Patina von 1982 wiederhergestellt und die Oberfläche des Kunstwerks mit einem neuen Schutzfilm bedeckt werden. Die Arbeiten werden voraussichtlich zwei bis drei Monate dauern, präzisiert Reuter.

Eigentlich waren die Restaurierungsarbeiten seit mehreren Jahren geplant. Äußere Umstände wie die Pandemie hätten zu einer Terminverschiebung geführt. Um das Werk vor einer weiteren Schädigung zu bewahren, habe man den Brunnen in den letzten beiden Jahren nicht mehr in Betrieb genommen. Für die Zukunft überlege man sich, wie man das Wasser hygienisch rein halten könne, ohne jedoch das aggressive Chlor zu benutzen, so Reuter.