Donnerstag13. November 2025

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BulgarienParlamentswahl: Reformer-Bündnis laut ersten Exitpolls knapp vor konservativer Gerb-Partei

Bulgarien / Parlamentswahl: Reformer-Bündnis laut ersten Exitpolls knapp vor konservativer Gerb-Partei
 Boyko Borissow von der Gerb-Partei will wieder Regierungschef in Bulgarien werden Foto: Nikolay Doychinov/AFP

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Bei Bulgariens vorgezogener Parlamentswahl liegen laut ersten Prognosen die konservative Gerb-Partei und das Reformerbündnis PP praktisch gleichauf. Mit einem verlässlichen Ergebnis des Kopf-an-Kopf-Rennens ist erst am Montag zu rechnen. In Sofia wird erneut ein mühsamer Koalitionspoker erwartet.

Auch Bulgariens fünfte Parlamentswahl in zwei Jahren hat dem ärmsten EU-Staat keine klare Regierungsmehrheit gebracht. Laut den ersten, am Sonntag veröffentlichten Exitpolls liegt das Reformbündnis PP-DB von Ex-Premier Kiril Petkow mit 25,3 bis 26,9 Prozent bei den meisten Umfrageinstituten knapp vor dern konservativen Gerb-Partei von Ex-Premier Bojko Borissow (24,7-26,7 Prozent). Allerdings ist erst am Montag mit einem verlässlichen Ergebnis zu rechnen.

Am Sonntagabend zeichnete sich ein etwas höherer Wählerzuspruch ab als bei der letzten Parlamentswahl im Oktober 2022, als die Wahlbeteiligung auf das Rekordtief von 39,4 Prozent gefallen war. Die Kräfteverhältnisse im künftigen Parlament scheinen sich durch den vorgezogenen Urnengang allerdings kaum geändert zu haben: Wie die Gerb kamen die erstmals auf einer gemeinsamen Liste angetretenen Bündnispartner PP und DB auf etwa denselben Stimmenanteil wie 2022.

Zuwächse von über zwei Prozent verzeichnete hingegen die ultranationalistische Wiedergeburt, die ihren Stimmenanteil laut den Exitpolls auf 12,9-14,2 Prozent verbessern konnte: Die prorussische Partei könnte damit die DPS der türkischen Minderheit (12,4-13,9 Prozent) als drittstärkste Parlamentskraft ablösen.

Die sozialistische BSP hat mit prognostizierten 9,2 bis10,4 Prozent ihren jahrelangen Niedergang offenbar zumindest gestoppt. Da der rechtsnationale „Bulgarische Aufstieg“ mit prognostizierten 2,3 bis 3,6 Prozent genauso klar an der Vierprozenthürde gescheitert ist wie die Linke (2,2 Prozent), ist die im Westen befürchtete Stärkung des prorussischen Lagers aber ausgeblieben: Insgesamt könnten die russophilen Kräfte im Parlament selbst an Mandaten verloren haben. Hoffnung auf ein Parlamentscomeback macht sich noch die populistische Protestpartei ITN, die bei 3,5 bis vier Prozent notierte.

Gespaltenes Verhältnis zu Russland

Ungewiss bleibt, ob eine der beiden pro-westlichen, aber verfeindeten Großparteien eine Regierungsmehrheit finden kann, ob beide auf Druck des Westens gar gemeinsam ein Technokratenkabinett zu bilden versuchen – oder ob bei einem Scheitern des Koalitionspokers im Herbst erneute Neuwahlen drohen: Mit kurzer Unterbrechung wird Bulgarien bereits seit zwei Jahren von durch Präsident Rumen Radew eingesetzte Interimsregierungen geführt.

Bulgariens Verhältnis zu Russland dürfte auch künftig gespalten bleiben. Einerseits fühlt sich der Balkanstaat schon seit der Befreiung von der Osmanenherrschaft durch Russland 1878 mit Moskau historisch eng verbunden. Andererseits hat der Ukrainekrieg die lange Zeit freundschaftlichen Beziehungen des NATO-Staats zu Moskau gehörig unter Druck gesetzt.

So mehren sich nicht nur die Forderungen, das Denkmal für die sowjetische Armee in Sofia zu versetzen. Die einst hohen Umfragewerte für Putin sind am Bröckeln. Mit der Ausweisung von 70 unter Spionageverdacht stehenden Diplomaten hat Sofia Moskau genauso verärgert wie mit Berichten, dass auch Bulgarien über Drittländer die Ukraine mit Waffen beliefert habe.